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Robert Habeck hat schon früh Waffen für die Ukraine gefordert - aber nicht für Saudi-Arabien.

© dpa / Klaus Remme

Ärger für Habeck und Baerbock: Zahlreiche Grünen-Abgeordnete gegen Waffenexporte an Saudi-Arabien

Wegen des Kriegs im Jemen sollten keine Waffen mehr nach Saudi-Arabien geliefert werden. Doch die Ampel hat eine Ausnahme gemacht - nun gibt es Ärger bei den Grünen.

Die Ampel-Regierung wollte alles ganz anders machen als die Große Koalition. Vor allem bei den Waffenlieferungen sollte Deutschland nach viel strengeren Regeln agiere. Das hatten sich SPD, Grüne und FDP gerade mit Blick auf Saudi-Arabien vorgenommen: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“, heißt es im Koalitionsvertrag. Seit 2015 bombardiert ein Militärbündnis unter der Führung Saudi-Arabiens das vom Bürgerkrieg gespaltene Land am Golf von Aden. Die Vereinten Nationen berichten von 380.000 Toten, vier Millionen Flüchtlingen und etwa 19 Millionen Menschen, die Hunger leiden.

Doch mindestens indirekt beteiligt sich die Ampel an dem Krieg, indem sie weiter Waffen an das Königshaus in Riad liefert. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, genehmigte das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) den Export von Ausrüstung und Munition für die Kampfjets Eurofighter und Tornado im Wert von rund 36 Millionen Euro. Im Rahmen eines europäischen Kooperationsprojekts mit Frankreich, Spanien und Großbritannien sollen außerdem Ersatzteile für den Airbus A330 MRTT im Wert von 2,8 Millionen Euro geliefert werden. Doch eine Woche vor dem Parteitag der Grünen regt sich lauter Protest.

Diktaturen, die kritische Journalisten zerstückeln, dürfen keine Empfänger deutscher oder europäischer Waffen sein.

Jamila Schäfer, Grünen-Politikerin

„Das ist ein klarer Bruch mit dem Koalitionsvertrag. Wir haben hart dafür gekämpft, dass es die Jemen-Klausel gibt“, sagt Jamila Schäfer, Außenexpertin der Grünen im Bundestag. Gemeinsam mit ihren Fraktionskollegen Max Lucks und Sara Nanni hat sie einen Antrag für den Grünen-Parteitag in Bonn eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, „zu einer vollständigen Umsetzung des Waffenembargos gegen Saudi-Arabien zurückzukehren“. Über den Antrag berichtete zuerst der „Spiegel“. „Diktaturen, die kritische Journalisten zerstückeln, dürfen keine Empfänger deutscher oder europäischer Waffen sein“, sagt Schäfer dem Tagesspiegel.

Bemerkenswert ist, wie viele Abgeordnete der Grünen-Fraktion flügelübergreifend den Antrag unterstützen. Neben Parteilinken, wie der Berlinerin Canan Bayram, Außenpolitiker Julian Pahlke und dem Ex-Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter stehen auch zahlreiche Realos wie der gesundheitspolitische Sprecher Janosch Dahmen, die finanzpolitische Sprecherin Katharina Beck oder der Digitalpolitiker Tobias Bacherle hinter dem Antrag.

Außenministerin Baerbock rechtfertigt die umstrittenen Waffenlieferungen.

© dpa/Michael Kappeler

Der Antrag hat für große Aufregung in der Partei gesorgt. Am Donnerstag mussten sich Außenministerin Annalena Baerbock und Sven Giegold, für Rüstungsexporte verantwortlicher Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, in einer Fraktions-Schaltkonferenz erklären. Baerbock, so ist zu hören, soll auf den Druck von Spanien und Frankreich hingewiesen haben. Eine Blockade könne man sich in der aktuellen Krise nicht leisten. Überzeugt hat das ihre eigenen Leute offenbar nicht. Wohl auch weil sich in der Atomdebatte und der Entscheidung zur Abbaggerung des Braunkohledorfs Lützerath einiger Frust aufgestaut hat, ist der Ärger jetzt umso größer.

Gibt es einen Zusammenhang mit dem Besuch des Kanzlers?

Selbst von den Grünen aus dem Europaparlament kommt scharfe Kritik. Rasmus Andresen, Fraktionsvorsitzender im EU-Parlament, hat kein Verständnis für die Lieferungen. „Auch wenn dies im Rahmen einer europäischen Zusammenarbeit geschieht, bin ich der Meinung, dass die Bundesrepublik keine Waffenteile liefern sollte“, sagt Andresen, der den Antrag ebenfalls unterschrieben hat. Die Grünen sollten ihren Kurs halten.

Es darf nicht außenpolitische Praxis werden, Staatsbesuche des Kanzlers mit Waffengeschäften zu verbinden.

Timon Dzienus, Sprecher der Grünen Jugend

Der Deal ist auch deshalb pikant, weil er zeitlich eng mit dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Riad zusammenhängt. Dort hatte der Kanzler vor allem für Energielieferungen geworben. Ein Tauschgeschäft? Schon der Verdacht sorgt für Ärger. „Es darf nicht außenpolitische Praxis werden, Staatsbesuche des Kanzlers mit Waffengeschäften zu verbinden“, sagt Timon Dzienus. Der Sprecher der Grünen Jugend hält den Antrag für einen guten Schritt, um die Entscheidung der Bundesregierung zu korrigieren.

Eine Rücknahme der Entscheidung der Bundesregierung scheint ausgeschlossen. Die Initiatoren des Antrags fordern, dass sich ein solcher Schritt nicht wiederholt. Sollten Parteispitze und Grünen-Minister dafür Zustimmung signalisieren, könnte der Antrag auch noch vor dem Parteitag abgeräumt werden. Künftig sollen Ausnahmen nicht mehr möglich sein, fordert auch Dzienus: „Das Ziel muss aber sein, dass das Rüstungsexportkontrollgesetz verschärft wird und wir keine Waffen an Autokraten liefern.“

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