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Ein Signal der Annäherung: Australiens Außenministerin Penny Wong traf am Mittwoch ihren chinesischen Amtskollegen Wang Yi.

© Reuters/Sarah Friend/Australia Department Of Foreign Affairs And Trade

Tauwetterpolitik im pazifischen Raum: Unter Premier Albanese nähert sich Australien China an

Seit Jahren nur Schweigen und Sanktionen: Das Verhältnis der Nachbarn ist schlecht. Das soll sich ändern. Australiens westliche Partner werden das beobachten.

Seit Jahren herrscht Eiszeit zwischen den beiden Nachbarländern im pazifischen Raum. Australische und chinesische Politiker beschimpfen sich gegenseitig, reden sogar vom Krieg. Am Mittwoch nun war Australiens Außenministerin Penny Wong in China und traf ihren chinesischen Kollegen Wang Yi (Bild) – zum 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen beider Länder. Sie soll das Eis zum Schmelzen bringen und muss trotzdem Stärke zeigen gegen die chinesischen Machtansprüche in der Pazifikregion.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es zwischen Australien und China immer wieder Konflikte, die Peking auch mit anderen liberalen, westlichen Demokratien hatte: Menschenrechte, die Behandlung der Minderheit der Uiguren oder die Souveränität Taiwans. Doch diese Streitpunkte ließen sich lange Zeit trennen von den gewinnbringenden Handelsbeziehungen.

Seit den 80er-Jahren hatten sich ganze Wirtschaftsbereiche Australiens auf China konzentriert. Die Wolkenkratzer in Schanghai erwuchsen aus australischem Stahl, die neue Mittelschicht in Peking trank Wein aus dem Barossa Valley bei Melbourne oder genoss Hummer aus dem Meer vor Perth.

Wo liegen die Probleme?

Doch dann geriet eine Abwärtsspirale in Gang: 2017 wurden chinesische Spionage- und Bestechungsversuche bei australischen Politikern aufgedeckt. 2018 blockierte die Regierung in Canberra die Beteiligung des chinesischen Mobilfunkkonzerns Huawei am 5-G-Netz. 2019 kam es zu einer großen Cyberattacke auf australische Institutionen, hinter der chinesische Hacker stehen sollen.

Und dann kam noch Corona. Als erstes Land überhaupt forderte Australien 2020 bei der Weltgesundheitsorganisation eine offizielle Untersuchung über den Ursprung des Covid-19-Virus. Für Peking ein Affront. Und ein Grund, Wirtschaftssanktionen gegen Australien zu beschließen.

Es folgten fast zwei Jahre des Schweigens. Jedenfalls sprach man auf politischer Ebene nicht mehr miteinander, sondern nur noch übereinander.

Der Ton hat sich geändert

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums warf Australien eine „Mentalität wie zur Zeit des Kalten Kriegs“ und „ideologische Vorurteile“ vor. Und noch zu Beginn diesen Jahres empfahl der damalige australische Verteidigungsminister Peter Dutton, sich auf einen Krieg mit China vorzubereiten. „Das ist die Realität.“

Im Mai wurde Anthony Albanese zum neuen australischen Regierungschef gewählt. Als erster Sozialdemokrat nach neun Jahren konservativer Dominanz. Albanese machte Penny Wong zur Außenministerin. Eine Frau mit chinesischen Wurzeln – nicht wenige politische Beobachter hielten das auch für ein Signal in Richtung Peking.

In jedem Fall zeigt die neue Regierung in Canberra einen veränderten Ton gegenüber Peking. Und es gibt Signale der Annäherung. Zuletzt beim G20-Gipfel, bei dem Albanese den chinesischen Präsidenten Xi Jinping zum persönlichen Gespräch traf.

Das Eis schmilzt. Aber langsam.

Penny Wong, australische Außenministerin

Der Besuch Wongs in Peking wird in Australien als historisch wahrgenommen. Auf die Frage, ob die Eiszeit zwischen den Ländern vorbei sei, sagte Wong: „Das Eis schmilzt. Aber langsam.“ Wichtig sei, miteinander zu sprechen.

Und Xi Jinping ließ mitteilen, dass sich China eine Verbesserung der Beziehung wünscht. „Auf Basis von gegenseitigem Respekt und Gewinn für beide Seiten.“ Er ließ auch andeuten, dass einige Sanktionen gegen Australien beendet werden könnten.

Premier Anthony Albanese machte Penny Wong zur Außenministerin – eine Frau mit chinesischen Wurzeln.

© Reuters/Antara Foto/Fikri Yusuf

Australien ist so etwas wie das liberal-demokratische Bollwerk im Südpazifik. Gleichzeitig versucht China den eigenen Einfluss in dieser Region massiv auszubauen, sei es durch die Errichtung von Militärbasen oder durch Handelsabkommen mit Inselstaaten. Im Westen beobachtet man diese Bemühungen mit Skepsis – vor allem beim größten Rivalen Chinas, den USA.

Um die gegenseitige Loyalität nach innen und außen noch deutlicher zu machen, gründeten die USA, Australien und Großbritannien im vergangenen Jahr ein neues Militärbündnis. Und sicherlich schaut nicht nur US-Präsident Joe Biden ganz genau hin, wenn Australien auslotet, wie künftige Beziehungen zu China aussehen können. Der Bloomberg-Journalist Ben Westcott glaubt, dass „Australien eine Blaupause dafür sein wird, wie der Rest der Welt künftig mit China umgeht“.

Der frühere australische Ministerpräsident Kevin Rudd sieht es ähnlich. „Die nächsten fünf Jahre werden entscheiden, wie sich die Sicherheitslage im Indo-Pazifik entwickelt“, schreibt er in einem Gastbeitrag für den „Guardian“. „Wenn wir es nicht schaffen, uns vorsichtig durch diese Jahre zu navigieren, könnten wir uns in einem bewaffneten Konflikt wiederfinden, der Ausmaße hat, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gesehen haben.“

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