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„Das Wichtigste für uns ist, unser Meeresgebiet zu schützen.“ Dennis Tipakalippa (r.), Bewohner der Tiwi-Inseln, und Regionalratsvorsitzender Pirrawayingi Puruntatameri im August auf Melville Island.

© IMAGO/AAP

Erfolg für Australiens Indigene: Der lange Weg ins Parlament

Über Jahre wurden die Rechte der australischen Urvölker missachtet. Nun sollen die Indigenen eine Stimme in Canberra erhalten.

Das Unrecht gegen Aborigines und Torres-Strait-Insulaner in Australien summiert sich. Bis 1967 wurden die Indigenen nicht einmal als offizielle Bürger Australiens gezählt. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden indigene Kinder aus ihren Familien gerissen und in Waisenhäusern und Pflegefamilien untergebracht, um sie zu „assimilieren“. 

Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Obwohl indigene Menschen auch heute noch in vielen Bereichen benachteiligt sind, verbuchen die australischen Urvölker mehr und mehr Erfolge. So sollen sie per Referendum eine „indigene Stimme“ im Parlament erhalten, die ihnen ein Mitspracherecht bei Themen gibt, die sie betreffen. Auch anderes Unrecht soll zumindest teilweise wiedergutgemacht werden.

Ein Beispiel ging 2020 um die Welt: Damals zerstörte die britisch-australische Bergbaufirma Rio Tinto die Höhlen der Juukan-Schlucht in Westaustralien – eine 46.000 Jahre alte Kulturstätte der Aborigines. Eine Untersuchung zwang die Firma letztendlich, das indigene Volk zu entschädigen und die Höhlen wiederaufzubauen. 

Inselbewohner zeigten Kampfgeist 

Vor allem in den vergangenen Wochen konnten indigene Völker Erfolge feiern. So schoben die Bewohner der Tiwi-Inseln, die nördlich von Darwin in der Timorsee liegen, dem mächtigen Rohstoffkonzern Santos einen Riegel vor. Dieser wollte unweit der Inseln im Meer nach Gas bohren.

Die Genehmigung lag bereits vor. Doch das Unternehmen hatte nicht mit dem Kampfgeist der Inselbewohner gerechnet. Sie gingen vor Gericht – und der australische Bundesgerichtshof gab ihnen im September recht: Santos muss sein Gasprojekt auf Eis legen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Konzern die indigene Bevölkerung beim Genehmigungsverfahren übergangen hatte.  

Der Inselbewohner Dennis Tipakalippa, der die Klage im Juni eingereicht hatte, sagte daraufhin, das Urteil habe ihn zum glücklichsten Mann der Welt gemacht: „Das Wichtigste für uns ist, unser Meeresgebiet zu schützen.“ Er hoffe, dass Santos wie auch alle anderen Bergbauunternehmen sich künftig daran erinnern werden, wie „mächtig“ indigene Völker sein können. „Wir werden für unser Land und unsere Meere und für unsere zukünftigen Generationen kämpfen, egal wie hart und wie lange.“

Laut der auf Umweltrecht spezialisierten Anwältin Alina Leikin setzt das Urteil „einen neuen Standard“. Es zeige, dass Unternehmen künftig gründlichere Absprachen mit indigenen Eigentümern halten müssen, bevor sie Bohrgenehmigungen erhalten können.  

Leben „physisch wie kulturell gefährdet“ 

Zu einem weiteren wichtigen Befund kam kurz darauf der UN-Menschenrechtsausschuss: Australien verletze die Rechte der indigenen Bewohner der Torres-Strait-Inseln, indem es die Menschen dort nicht angemessen vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels schütze.

Damit gab der Ausschuss einer Beschwerde von acht Ureinwohnern und Ureinwohnerinnen sowie ihren Kindern statt, die auf vier kleinen, tief liegenden Inseln in der Region zwischen dem australischen Festland und Papua-Neuguinea leben. Der Vorwurf an die australische Regierung lautete, sie habe weder die Ufermauern auf den Inseln modernisiert noch ausreichend Treibhausgasemissionen reduziert.

Bereits 2008 schilderte eine Fallstudie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Torres-Strait-Inseln. Seitdem verschlimmerte sich die Situation dramatisch.

© Foto: imago images/Auscape/UIG

Die Menschen auf den Torres-Strait-Inseln erleben seit Jahren, wie der steigende Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse und Küstenerosion ihre Heimat und Lebensweise bedrohen. Schon 2008 schilderte eine Fallstudie die Auswirkungen auf nistende Schildkröten, die Vogelwelt und das Seegras in der Region. Über das indigene Volk hieß es darin: „Sie fühlen, dass ihr Leben physisch wie kulturell gefährdet ist.“

Mittlerweile ist die Situation noch dramatischer: Auf einer der Inseln, Masig Island, ist der Süßwasserbrunnen durch eingedrungenes Meerwasser salzig geworden, die Korallen vor der Insel sind abgestorben. Der UN-Ausschuss fordert nun, dass die australische Regierung die Inselbewohner entschädigt.

Ein symbolisches Zeichen setzen derzeit auch einige prominente Namensänderungen. Der größten Sandinsel der Welt will Australien ihren indigenen Namen zurückgeben. Fraser Island, 300 Kilometer nördlich von Brisbane gelegen und ein Wahrzeichen Australiens, soll den ursprünglichen Namen K’gari tragen. Das Wort, das sich von einer traditionellen Schöpfungsgeschichte ableitet, stammt aus der lokalen indigenen Sprache, wird „Gurri“ ausgesprochen und bedeutet „Paradies“.  

Kürzlich wurde zudem ein Nationalpark im Bundesstaat New South Wales umbenannt. Der frühere Ben Boyd-Nationalpark heißt auf Wunsch der lokalen Aboriginal-Bevölkerung nun Beowa-Nationalpark. In diesem Fall ging es auch darum, den Namen eines berüchtigten Sklavenhändlers zu entfernen.  

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