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Finanzminister Christian Lindner in Davos.

© AFP/FABRICE COFFRINI

„Deutschland ist nicht der kranke Mann“: Lindner wehrt sich gegen diese Darstellung der Bundesrepublik

Angesichts der Wirtschaftslage war Deutschland zuletzt wieder einmal als „kranker Mann Europas“ bezeichnet worden. Finanzminister Lindner findet diese Darstellung unzutreffend.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich gegen die Darstellung Deutschlands als „kranker Mann Europas“ gewehrt. „Deutschland ist nicht der kranke Mann, Deutschland ist ein müder Mann nach einer kurzen Nacht“, sagte Lindner am Freitag bei einer Podiumsdiskussion auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizerischen Davos. Die schlechten Konjunkturaussichten seien nun ein „Weckruf“: „Und jetzt haben wir eine gute Tasse Kaffee, das heißt, Strukturreformen, und dann werden wir wirtschaftlich weiter erfolgreich sein.“

Lindner verwies auf die Herausforderungen nach dem Gaslieferstopp aus Russland. „Wir mussten die deutsche Energieinfrastruktur und -versorgung in den vergangenen 18 Monaten neu erfinden“, sagte der Minister in der Diskussionsrunde auf Englisch. Deshalb gebe es nun nicht die beste Wachstumsperspektive, „aber unsere Wirtschaft hat Widerstandsfähigkeit gezeigt“. Nun müsse Deutschland seine „Hausaufgaben“ machen - im Übrigen wie andere „mit ähnlichen Herausforderungen auch“, fügte der Finanzminister an.

Die deutsche Wirtschaft hatte sich im vergangenen Jahr auch im EU-Vergleich schlecht entwickelt. Nach jüngsten Prognosen der Europäischen Kommission sind im EU-Schnitt 0,6 Prozent Wachstum für 2023 zu erwarten. Länder wie Frankreich und Spanien verzeichneten einen stärkeren Anstieg der Wirtschaftsleistung, während sie in Deutschland um 0,3 Prozent abnahm.

Vor allem in englischsprachigen Medien war Deutschland deshalb zuletzt wiederholt als „kranker Mann Europas“ bezeichnet worden. Dieser Ausdruck stammt aus den späten 1990er Jahren. Nach der Wiedervereinigung litt die Bundesrepublik unter schwachem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit.

Außerdem rief Lindner Europa dazu auf, sich mit einer Stärkung der eigenen „Wettbewerbsfähigkeit“ auf eine mögliche zweite Amtszeit von Ex-US-Präsident Donald Trump vorzubereiten. „Ich denke, wir reden in Europa zu viel über Donald Trump“, sagte Lindner. Die beste Vorbereitung auf eine mögliche Wiederwahl Trumps sei, „unsere Hausaufgaben zu machen“. Dazu gehöre neben einer starken Wirtschaft auch die Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen.

„Ein attraktiver Partner auf Augenhöhe zu sein, wenn es um die Wirtschaftslage und um eine gerechte Lastenverteilung in der Nato geht, ist das Beste, was wir für eine gute Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten tun können“, sagte Lindner in einer Diskussionsrunde auf Englisch. Dann sei es sogar „egal“, wer in Washington regiere.

„Wenn wir attraktiv sind, wenn wir nicht andere fragen müssen, weil wir selbst über Fähigkeiten verfügen, ist das der beste Weg zur Zusammenarbeit“, sagte Lindner. Das gelte für jeden möglichen Ausgang der US-Präsidentschaftswahl im November.

Trump hatte am Montag die erste Vorwahl der Republikaner im Bundesstaat Iowa klar gewonnen. Er kam auf 51 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl im November wird eine Neuauflage des Duells von 2020 gegen Präsident Joe Biden daher immer wahrscheinlicher.

Lindner sagte in Davos auch, es mache ihm „Sorgen“, dass viele Politiker in der EU nach dem Vorbild der US-Regierung „fast alles subventionieren“ wollten. „Wir müssen einen Subventionswettlauf vermeiden“, sagte Lindner. „Wir können uns das nicht leisten.“ (AFP)

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