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© dpa

SPD-Vorstand Scheer: "Er hat mit der SPD nicht mehr viel im Sinn"

Interview mit SPD-Vorstand Hermann Scheer über den Ex-Minister Wolgang Clement.

Herr Scheer, soll Wolfgang Clement aus der SPD ausgeschlossen werden?

Ich nehme zum Verfahren keine Stellung, da ich selbst Zielscheibe jener Äußerungen Clements war, die zu dem Parteiordnungsverfahren geführt haben. Seinen Aufruf, bei der Hessen-Wahl nicht die SPD zu wählen, begründete er mit dem Energiekonzept, das ich verfasst und mit Andrea Ypsilanti im Wahlkampf vertreten habe.

In dem Konzept verlangen Sie nicht nur den Verzicht auf die Kernkraft, sie lehnen auch den Bau großer Kohlekraftwerke ab. Nun ist Clement der Überzeugung, dass Hessen damit seine industrielle Substanz verlieren würde. Darf, wer einen derartigen Schaden für das Land befürchtet, aus Rücksicht auf die Partei schweigen?

Wenn es Clement allein um die Sache gegangen wäre, hätte er eine inhaltliche Auseinandersetzung führen müssen. Das hat er aber nie getan, sondern Einladungen verschiedener Zeitungen zu einem Streitgespräch mit mir abgelehnt. In der Sache sind seine Vorwürfe absolut unhaltbar. Aber darum geht es bei dem Parteiordnungsverfahren gar nicht, sondern um seine Warnung, die hessische SPD zu wählen. Darin sieht die Schiedskommission der NRW-SPD einen gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz der Solidarität, mit dem Clement der SPD schweren Schaden zugefügt hat.

Geht es nicht auch darum, mit Clement die Symbolfigur der Agenda-Politik loszuwerden?

Ich bedaure sehr, dass durch die Debatte in meiner Partei ein solcher Eindruck entstehen konnte. Dass Clement in vielen Sachfragen andere Positionen vertritt als die Partei, ist nicht das Problem. Es geht um den Aufruf, die SPD nicht zu wählen. Da muss sauber getrennt werden.

Einer der Initiatoren des Ordnungsverfahrens sagt, Clement habe die SPD mit seiner Reformpolitik zehntausende Mitglieder und Millionen Wähler gekostet.

Dann hat auch dieser Antragsteller die nötige Trennschärfe vermissen lassen, worum es tatsächlich geht.

Die SPD würde doch nicht so emotional über den Fall Clement diskutieren, wenn Sie Ihren Frieden mit den Reformen der Regierung Schröder gemacht hätte.

Wer den Fall Clement diskutiert, ohne zwischen sachlicher Auseinandersetzung und seinem Aufruf zu unterscheiden, belastet die Partei. Das gilt für alle Beteiligten. Ich kann flügelübergreifend nur allen anraten, diese Unterscheidung nicht zu verwischen. Es geht um viel: Wenn es selbstverständlich werden sollte, dass man dazu aufrufen kann, die eigene Partei nicht zu wählen, dann wird das Selbstverständnis jeder politischen Partei in Frage gestellt.

Ex-SPD-Chef Franz Müntefering wünscht sich, dass Clement bleibt. Können Sie sich diesem Wunsch anschließen?

Wolfgang Clement hat in den vergangenen Monaten gezeigt, dass er mit der SPD nicht mehr viel im Sinn hat. Das Ehrlichste wäre, dass er die Konsequenzen zieht und sein Parteibuch zurückgibt. Genau das hat Johannes Kahrs, der Sprecher des rechten Flügels, Clement nach dessen Aufruf damals auch empfohlen.

Die Fragen stellte Stephan Haselberger.

Hermann Scheer ist seit 1993 Mitglied des SPD-Bundesvorstandes. Der 64-Jährige gehörte zum Wahlkampfteam der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti.

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