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Friedrich Merz beim 35. Bundesparteitag der CDU in der Deutschen Messe. Hannover, 09.09.2022

© Geisler-Fotopress / Ulrich Stamm/Geisler-Fotopress

Erste Bewährungsprobe für Friedrich Merz: Die Erneuerung der CDU ist noch lange nicht beendet

Wofür steht die CDU? Die Partei suchte in Hannover ihren Kurs. Doch an neuen Inhalten mangelt es noch immer.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Vor dem CDU-Parteitag machten sich nicht wenige Christdemokraten Sorgen: Was für ein Signal sendet es denn in Zeiten von Krieg und Krise, wenn sich die Partei vor allem mit sich selbst beschäftigt?

Doch die Selbstbeschäftigung ist nötig. Die CDU hat die Bundestagswahl auch deshalb verloren, weil sie nach 16 Jahren Merkel-Regierung nicht mehr mit Sicherheit sagen konnte, wofür sie steht.

Die CDU hat in den vergangenen zwei Tagen um die Frage gerungen, auf welchen Werten ihre Politik basieren soll. Das christliche Menschenbild bedeutet aus ihrer Sicht, dass die Menschen gleichwertig sind, aber dennoch verschieden. Der Staat soll Chancengleichheit herstellen, aber nicht für gleiche Ergebnisse sorgen. Leistung soll sich lohnen.

Die CDU zeigt bei der Quote Flexibilität

Eine Frauenquote, wie sie die CDU für ihre eigene Partei beschlossen hat, passt auf den ersten Blick nicht in dieses Konzept. Deshalb gab es auch heftigen Widerstand. Doch am Ende setzte sich die Quote als Instrument auf dem Parteitag trotzdem durch. Die CDU hat keine bessere Lösung, um ihr Frauenproblem endlich zu lösen. Der Beschluss ist eine Zäsur für die CDU. Es spricht für die Partei, dass sie hier Flexibilität bewiesen hat.

Doch auch wenn die Christdemokraten sich auf ihre Grundwerte verständigt haben: Für welche Inhalte die Partei künftig stehen soll, hat sie damit nicht geklärt. Merkwürdig unbestimmt war hier die Rede von Friedrich Merz. Der CDU-Chef stellte sich zwar klar an die Seite der Ukraine, ansonsten fiel sein Beitrag aber vor allem durch zwei Dinge auf.

Erstens: sein Ampel-Bashing, das ins Unseriöse abdriftete. Zum Beweis der angeblichen Inkompetenz von Robert Habeck las Merz genüsslich aus einem Kinderbuch vor, das Habeck vor Jahren geschrieben hat. Das ist eines Oppositionsführers unwürdig. Dass Merz zu solchen Kniffen greifen muss, um den Parteitag zu begeistern, lässt tief blicken.

Merz wandelt auf einem schmalen Grat

Zweitens: Merz’ Attacke gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Als Merz die „stolze Zahl“ von 58 anwesenden Rundfunkredakteuren begrüßte und ankündigte, man werde sich mit ihnen noch „besonders liebevoll“ beschäftigen, konnte man das als Drohung verstehen.

Der CDU-Chef sprach den Rundfunkanstalten das Recht zum Gendern ab. Sie seien keine „Volkserziehungsanstalten“. Merz wandelt damit auf einem schmalen Grat. Natürlich braucht es eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Aber wenn ein CDU-Chef mit Polemik Misstrauen gegen die Sender schürt, wird es gefährlich.

All das passt nicht zu Merz’ Anspruch „staatstragend, aber nicht regierungstragend“ zu sein. Im Bundestag gelingt ihm das gut. Als Oppositionsführer ist er auf Augenhöhe mit Kanzler Scholz und fordert ihn. Das ist gut für die Demokratie. Es steht Merz auch gut zu Gesicht, wenn er der Bundesregierung die Zusammenarbeit anbietet.

Doch als Parteichef fällt es Merz offenbar noch schwer, den richtigen Ton zu treffen. Er sollte in der Lage sein, seine Partei mit konkreten Inhalten zu inspirieren und nicht mit Stammtisch-Parolen. Die CDU muss unterscheidbar sein, ohne polemisch zu werden oder unter Populismus-Verdacht zu geraten.

Auch wenn sich die Partei am Ende noch auf ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen einigte, zeigte dieser Parteitag: Ihr Weg zur Erneuerung ist noch lange nicht zu Ende.

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