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Eine gegen alle. Nur sie könne Italien wieder aufrichten, behauptet Meloni.

© AFP

Die Postfaschisten sind zuversichtlich: Giorgia Meloni eröffnet den Wahlkampf in Italien

In Italien droht eine Regierung der extremen Rechten, weil die Linke zersplittert ist und kein Wahlbündnis zuwege bringt. Das aber ist bei diesem Wahlsystem entscheidend.

Sie weiß, dass ihr großes Ziel in Reichweite ist, und sie zeigt es auch: „Ich denke, dass ich fähig bin, eine Regierung zu führen, die für Italien vernünftige Dinge beschließen wird und viel ändern kann“, rief Giorgia Meloni den rund zweitausend Anhängern zu, die sich am Dienstag auf der Piazza Roma von Ancona versammelt hatten.

Sie spielte wieder einmal ihre Lieblingsrolle: Eine gegen alle, die Fratelli d’Italia gegen den Rest der Welt. „Wir verraten die Bürgerinnen und Bürger nicht, wir haben keine Herren über uns, wir sind nicht erpressbar und lassen uns von niemandem kaufen“, tönte Meloni. Nach den eineinhalb Jahren unter Mario Draghi sei es um Italien schlecht bestellt, sagte die 45-jährige Römerin, die in wenigen Wochen als erste Frau in den Palazzo Chigi, den Sitz des italienischen Ministerpräsidenten, einziehen könnte. Sie, Giorgia Meloni, könne das Land wieder aufrichten.

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Melonis Rede in Ancona war zugleich ihr erster Wahlkampfauftritt, seit die Parteien in dieser Woche ihre Kandidatenlisten eingereicht haben und der Wahlkampf damit offiziell eingeläutet wurde. Die Frontfrau der Fratelli d’Italia hat guten Grund für ihre Siegesgewissheit. Ihre postfaschistische Partei führt in allen Umfragen mit rund 25 Prozent vor dem zweitplatzierten sozialdemokratischen Partito Democratico, die auf 20 bis 22 Prozent kommt. 25 Prozent reichen zwar noch lange nicht für eine Regierungsmehrheit – aber Meloni kann im Unterschied zu der Spitzenkandidat Enrico Letta auf ein schlagkräftiges Wahlbündnis zählen: Dem von ihr angeführten Rechtsblock gehören auch Matteo Salvinis rechtspopulistische Lega (in den Umfragen bei 12 bis 13 Prozent) sowie Silvio Berlusconis Forza Italia (sieben bis zehn Prozent) an.

Den Rest wird wohl das Wahlrecht erledigen. Es handelt sich um ein gemischtes System, bei dem zwei Drittel der Parlamentssitze nach dem Proporzprinzip verteilt und ein Drittel der Sitze in Einer-Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben werden.

Weil der Rechtsblock aus Fratelli d’Italia, Lega und Forza Italia sehr viel stärker ist als die verzettelte Linke und die Mitte, wird die Rechte nach einhelliger Meinung der Demoskopen 80 bis 90 Prozent aller Einer-Wahlkreise gewinnen. Damit wäre den Rechtsparteien die Mehrheit der Parlamentssitze auch dann sicher, wenn sie in den Proporzwahlkreisen zusammen nicht auf 50 Prozent kommen sollten.

Gedenken an Mussolini

Noch ist es aber nicht so weit. Giorgia Meloni und die anderen Parteiführer werden nun erst noch einen Monat lang durchs Land touren, um für sich zu werben. Meloni will allen Hauptorten einen Besuch abstatten, und dass sie sich Ancona als ersten ausgesucht hat, ist kein Zufall: Ancona ist die Hauptstadt der Region Marken an der Adria, einer einstigen Hochburg der Linken, die seit 2020 von Francesco Acquaroli, einem Parteifreund von Meloni, geführt wird.

„Hier haben wir gewonnen, hier regieren wir. Und hier haben wir bewiesen, dass unsere Partei über ein Führungspersonal verfügt, das Lösungen anbieten und Antworten geben kann, die die Linke während Jahrzehnten nicht hatte geben können“, betonte Meloni in Ancona.

Die Marken sind freilich auch gleichzeitig eine Region, in der sich erahnen lässt, was auf ganz Italien zukommen könnte, sollten sich die Wahlprognosen bewahrheiten. Regionalpräsident Acquaroli hat hier kurz nach seinem Amtsantritt die Abgabe von Abtreibungspillen in den regionalen Beratungsstellen und Spitälern verboten – eine Abtreibung vorzunehmen, ist in den Marken generell fast unmöglich geworden.

Die Regionalregierung weigerte sich auch, das Patronat für einen GayPride-Umzug zu übernehmen. Zudem machen regionale Amtsträger immer wieder Schlagzeilen mit Sympathiebekundungen für den früheren faschistischen Diktator Benito Mussolini – auch Acquaroli selber: 2019 hatte er an einem Abendessen teilgenommen, das zum Gedenken an Mussolinis „Marsch auf Rom“ und dessen Machtübernahme im Jahr 1922 durchgeführt wurde.

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