zum Hauptinhalt
Im Bundestag wurde heute hitzig über Strafverschärfungen diskutiert.

© dpa / Michael Kappeler

„Sie sollten sich in Grund und Boden schämen“: Hitzige Debatte zu härteren Strafen für Klimaaktivisten im Bundestag

Die Union fordert fordert Gesetzesänderungen. Die Ampelkoalition wirft ihr Populismus und Doppelmoral vor.

Nachdem der Ton in der Debatte um die Aktionen der „Letzten Generation“ in den vergangenen Wochen immer schärfer geworden war, ist am Donnerstag auch im Bundestag hitzig über das Thema diskutiert worden. Anlass war der Antrag „Straßenblockierer und Museumsrandalierer härter bestrafen – Menschen und Kulturgüter vor radikalem Protest schützen“, den die Union eingebracht hatte.

In diesem fordert sie, dass Aktivist:innen, die etwa Straßen blockierten oder die Durchfahrt von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten behinderten, künftig mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren bestraft werden. Auch für die Beschädigung oder Zerstörung von Kulturgütern fordert die Union eine Mindestfreiheitsstrafe anstelle von Geldstrafen.

Die Ampel-Koalition hatte die Aktionen zwar geschlossen verurteilt, sich aber ebenso geschlossen gegen härtere Strafen ausgesprochen.

Ampel-Koalition spricht sich geschlossen gegen Strafverschärfungen aus

Hintergrund der Debatte war unter anderem der Tod einer Radfahrerin, die in der vergangenen Woche von einem Lastwagen in Berlin erfasst und überrollt worden war. Ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte, die Verletzte unter dem Lastwagen zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der Stadtautobahn. Dieser soll durch eine Aktion der Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“ ausgelöst worden sein.

Zuletzt hatten unter anderem CSU-Politiker wie Alexander Dobrindt Vergleiche zu den Verbrechen der RAF gezogen, der hessische Justizminister Roman Posack hatte nicht nur härtere Strafen, sondern auch eine Verfolgung wegen Terrorismus gefordert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Mit Sitzblockaden die es einst in Gorleben oder Wackersdorf gegeben habe, seien die Aktionen der Bewegung nicht vergleichbar, befand die Unions-Politikerin Andrea Lindholz zu Beginn der Debatte und nahm auch auf den Unfall Bezug.

Ein Polizist entfernt die auf der Straße festgeklebte Hand einer Aktivistin.

© Foto: Reuters/Fabrizio Bensch

Eine patientenschonende Rettung sei möglich gewesen, dass diese verhindert wurde, sei jedoch billigend in Kauf genommen worden. „Das ist kein politischer Aktivismus mehr, das sind Straftaten.“ Für ihre Feststellung, dass das Radikalisierung sei, erntete sie zahlreiche Zwischenrufe: „Drunter geht’s ja wohl nicht“, war unter anderem zu vernehmen.

Der Drang nach Aufmerksamkeit habe nichts mit Klimaschutz zu tun, sagte Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. „Die Begehung von Straftaten ist kein legitimes Mittel und rechtfertigt sich auch nicht durch das Fernziel Klimaschutz.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der bislang geltende Strafrahmen sei in jedem Falle ausreichend, zumal es erwiesen sei, dass härtere Strafen grundsätzlich nicht abschreckten. Sie verwies dabei auch auf ihre eigene Expertise als Strafrichterin.

Eichwede schoss auch scharf gegen die Union. Die Forderung der Partei sei eine unerklärliche Respektlosigkeit die mit einem Misstrauen in die deutsche Justiz und die Fähigkeit der Richterinnen und Richter einhergehe. „Ausgerechnet von ihnen hätte ich das nicht erwartet.“

Die Begehung von Straftaten ist kein legitimes Mittel und rechtfertigt sich auch nicht durch das Fernziel Klimaschutz.

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.

Die Grünen-Politikerin Irene Mihalic bezeichnete den Protest der „Letzten Generation“ als inakzeptabel und Sand im Getriebe für alle, die sich wirklich für den Klimaschutz einsetzten. Gleichwohl gehe das Gebaren der Union mindestens genauso am Thema vorbei. „Sie stellen das Hervorrufen von Staus in eine Reihe mit vorsätzlichen Morden“, wandte sie sich direkt an den früheren Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Sie sollten sich in Grund und Boden schämen, das ist eine unverschämte Verunglimpfung der Opfer und der Hinterbliebenen.“ Sie warf der Union doppelte Standards vor, bezeichnete sie als „Wie es mir gerade passt“-Partei. „Kümmern Sie sich doch um vernünftige Klima- und Verkehrspolitik, damit könnten sie der Gesellschaft etwas zurückgeben, was sie sechzehn Jahre verpasst haben.“

Konstantin Kuhle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion bedauerte, dass inzwischen weniger über den Klimaschutz als solchen als viel mehr über die Protestaktion der „Letzten Generation“ gesprochen werde.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Sie „rissen mit dem Hintern ein“, was Luisa Neubauer und Greta Thunberg mühsam aufgebaut hätten. Die Methoden der Bewegung seien totalitär, autoritär, von Herablassung geprägt und kontraproduktiv. „Ihr vergrault damit die Leute, die ihr eigentlich auf eure Seite kriegen müsstet.“

Dennoch sei es falsch, deswegen eine Schärfung des Strafrechts, das schärfste Schwert und die absolute Ultima ratio, heranzuziehen.

„Die Union hat da ein Leiden, anzunehmen, dass sich Probleme automatisch mit einem schärferen Gesetz lösen ließen. Wie diese Taten geahndet werden sollten, das entscheiden Richterinnen und Richter und nicht wir.“

Wie diese Taten geahndet werden sollten, das entscheiden Richterinnen und Richter und nicht wir.

Konstantin Kuhle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion.

Für Unmut und Unruhe im Saal sorgte die Aussage des AfD-Politikers Stefan Brandner, dass die Wurzel der heutigen Grünen in der RAF liege. „Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, bis nicht mehr nur geklebt, sondern abgefackelt und getötet wird. Das ist Klimaterrorismus in Reinform.“

Der „Letzten Generation“ lägen mafiöse Strukturen zugrunde, die von der vorhergehenden Regierung unterstützt worden seien. „Die sind alle unter Merkel und ihren Claqueuren sozialisiert worden.“

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte die Forderung von Klimaaktivist:innen nach Gesprächen mit der Bundesregierung am Donnerstag zurückgewiesen. „Die ‘Letzte Generation’ demonstriert, das ist ihr gutes Recht“, sagte er im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB).

Bundesjustizminister lehnt Gespräche mit Aktivist:innen ab

Gleichzeitig verletze die Bewegung aber Rechte Dritter und das Strafrecht. Das sei „keine Grundlage für ein Gespräch“, betonte Buschmann. Die Bundesregierung könne Rechtsverstöße nicht im Nachhinein legitimieren, indem sie auf derartige Gesprächseinladungen eingehe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false