zum Hauptinhalt
Der Iran startet Drohnen während einer zweitägigen Drohnenübung an einem ungenannten Ort.

© Foto: AFP/HO/IRANISCHES ARMEEBÜRO

Iran liefert Drohnen an Russland: Allianz der Paria-Staaten

Die neue militärische Zusammenarbeit zementiert ein neues Bündnis. Bald könnten Raketenlieferungen folgen.

Offiziell will die iranische Regierung nichts mit den Kamikaze-Drohnen zu tun haben, die seit Tagen ukrainische Städte angreifen. Die Islamische Republik liefere keine Waffen an Russland oder die Ukraine, teilte das Teheraner Außenamt mit. Inoffiziell feiern iranische Hardliner in Online-Netzwerken jedoch den Einsatz iranischer Drohnen. Überreste der Waffen in der Ukraine deuten ebenfalls auf iranische Lieferungen hin.

Nach Medienberichten will der Iran bald auch Raketen nach Russland exportieren. Experten sehen im Einsatz iranischer Kampfdrohnen außerhalb des Nahen Ostens eine Radikalisierung Teherans. Der Iran besitzt das größte Raketenarsenal im Nahen Osten mit Tausenden Geschossen, die Saudi-Arabien, Israel und sogar Südosteuropa erreichen können.

Bereits im Jemen-Krieg und in Syrien wurden die Drohnen eingesetzt

Gegner Teherans in der Region kennen die Gefahr. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen attackierten in den vergangenen Jahren mit iranischen Drohnen saudische Ölanlagen und Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Auch US-Truppen in Syrien wurden mit iranischen Drohnen angegriffen.

Nun schlugen Drohnen, die stark dem iranischen Typ Schahed-136 ähnelten, in ukrainischen Städten ein. Zwar bestreitet auch der Kreml den Einsatz iranischer Drohnen. Aufnahmen der Drohnen aus der Ukraine und Wrackteile erhärten jedoch den Verdacht, dass Moskau nicht die Wahrheit sagt: Die Schahed-136 stürzt sich mit einer Sprengstoffladung ins Ziel, sodass Trümmer übrig bleiben, die untersucht werden können.

20.000
So viele Dollar kostet eine iranische Drohne - das ist relativ billig

Nach Angaben der US-Regierung waren die ersten iranischen Drohnen im August in Russland eingetroffen. Kurz darauf entzog die Ukraine dem iranischen Botschafter in Kiew aus Protest die Akkreditierung. Die Waffen aus der Islamischen Republik sind wirksam und mit 20.000 Dollar pro Stück relativ billig.

Nachschub ist offenbar kein Problem, denn iranische Waffenbauer sind es gewohnt, westliche Sanktionen zu umgehen. Russische Hersteller kämpfen dagegen wegen europäischer und amerikanischer Sanktionen mit Schwierigkeiten, weil elektronische Bauteile fehlen.

Angeblich bald auch Raketen für Russland

Wie weit die iranische Waffenhilfe für Russland geht, ist ungewiss. Das ukrainische Militär teilte nach Medienberichten mit, Soldaten der iranischen Revolutionsgarde seien auf der russischen Seite der Front im Osten und Süden der Ukraine als Ausbilder oder Drohnen-Piloten stationiert. Nach einem Bericht der „Washington Post“ steht die Lieferung iranischer Raketen mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern an Russland bevor. Die Nachrichtenagentur Fars, ein Sprachrohr der Revolutionsgarde, meldete, der Iran werde sein Raketen- und Drohnenprogramm weiter ausbauen, falls das nötig werde.

Teheran war bereits in den vergangenen Monaten näher an Moskau herangerückt, um neue Handelspartner außerhalb des Wirkungsgebietes westlicher Iran-Sanktionen zu finden. Vor kurzem wurde der Beitritt des Iran zur Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit besiegelt, einem Zusammenschluss asiatischer Staaten unter Führung von Russland und China.

Dass sich der Iran nicht öffentlich zu den Lieferungen bekennt, zeigt, dass sich die Führung in Teheran der Risiken ihrer Politik bewusst ist. Die Islamische Republik hat sich mit dem militärischen Engagement für Russland noch weiter isoliert und das Misstrauen von Gegnern wie Israel und Saudi-Arabien zementiert. Ein Ende der Sanktionen und eine wirtschaftliche Erholung rücken in weite Ferne, denn die USA und Europa bereiten wegen der Drohnen zusätzliche Sanktionen vor.

Für Präsident Ebrahim Raisi, der wegen der jüngsten Protestwelle unter Druck steht, sind das schlechte Nachrichten. Raisi strebte bisher ein neues Atomabkommen mit dem Westen und einen Sanktionsabbau an, um die iranische Wirtschaft aus der Krise zu führen. Daraus dürfte nun nichts werden. USA und Europa, die trotz aller Probleme am Ziel eines neuen Vertrages festgehalten hatten, wollen vorerst nicht mehr darüber sprechen.

Der Einsatz der Drohnen außerhalb des Nahen Ostens „bedeutet eine Eskalation der iranischen Politik, die Bemühungen gerade westlicher Staaten, die Atomfrage von anderen Konfliktthemen mit Iran zu trennen, vor den Augen der Weltöffentlichkeit ad absurdum führt“, sagt Magdalena Kirchner, Direktorin für Jemen und Jordanien bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. „Ein aus innenpolitischer Verzweiflung außenpolitisch radikalisiertes Regime“ im Iran könnte Konflikte im Nahen Osten eskalieren lassen, sagte Kirchner dem Tagesspiegel. Schon jetzt werde in Jordanien und der Türkei befürchtet, dass der Iran oder iranische Stellvertreter einen möglichen russischen Rückzug aus Syrien nutzen könnten, um den eigenen Einfluss auszuweiten. Deeskalationsbemühungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien stehen nach Kirchners Einschätzung „vor einer ungewissen Zukunft“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false