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Politik: Jalloh-Prozess: Angeklagter sagt aus „Ich wollte ihn nicht in der Zelle leiden lassen“

Überraschung im Prozess zum Feuertod des Afrikaners Oury Jalloh bei der Dessauer Polizei: der angeklagte Beamte Andreas S. (50), der sich ursprünglich nicht zur Sache einlassen wollte, hat am Freitag im Landgericht Magdeburg doch ausgesagt.

Von Frank Jansen

Überraschung im Prozess zum Feuertod des Afrikaners Oury Jalloh bei der Dessauer Polizei: der angeklagte Beamte Andreas S. (50), der sich ursprünglich nicht zur Sache einlassen wollte, hat am Freitag im Landgericht Magdeburg doch ausgesagt. Er habe „zu keinem Zeitpunkt willentlich oder wissentlich Herrn Jalloh in der Zelle leiden lassen wollen“, las der Polizeihauptkommissar aus einer Erklärung ab, die er bereits vor Beginn des Prozesses mit seinen Verteidigern formuliert hatte. Der Tod des Afrikaners „ging mir sehr nah“, sagte er der 1. Großen Strafkammer. Jalloh war, wie berichtet, am 7. Januar 2005 in einer Zelle der Dessauer Polizei verbrannt. Wie das Feuer ausbrechen konnte – der Asylbewerber war an Händen und Füssen gefesselt – und warum Jalloh nicht gerettet wurde, ist unklar.

Die Staatsanwaltschaft wirft S. Körperverletzung mit Todesfolge vor, verübt durch unterlassene Hilfe nach Ausbruch des Brandes. Der Beamte war an jenem Tag im Revier Dessau als Dienstgruppenleiter für die Gewahrsamszellen zuständig. Andreas S. soll zwei Signale eines Rauchmelders abgeschaltet und zu spät zur Zelle im Kellergeschoss gegangen sein. In einem ersten Prozess hatte das Landgericht Dessau S. und einen mitangeklagten Polizisten freigesprochen. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil zu S. auf und beauftragte das Landgericht Magdeburg, eine zweite Hauptverhandlung zu führen.

Als das erste Signal des Rauchmelders ertönte, habe er „mit der Absicht, die Zelle aufzusuchen“, die Schlüssel geholt und den schrillen Ton abgeschaltet, trug S. vor. Der Beamte betonte, er habe zu keiner Zeit an einen Brand in der Zelle gedacht. Er könne nicht ausschließen, dass er beim kurz folgenden zweiten Signal wieder „die Taste gedrückt habe“. Da er den Gewahrsamsbereich nicht alleine habe betreten dürfen, sei er zu einem Kollegen gegangen. „Ob der sofort aufhörte zu telefonieren, kann ich nicht sagen.“ Als S. die Zelle aufschloss, „schlug mir schwarzer Qualm entgegen“, sagte er. „Rufe oder Schreie von Herrn Jalloh habe ich nicht gehört, ich habe auch kein Feuer gesehen.“ Er habe nach einem Feuerlöscher gerufen. Sein Versuch, in die Zelle zu gehen, sei am Rauch gescheitert.

Andreas S. las allerdings nicht alles vor, was in seiner Erklärung stand. So ließ er weg, dass eine Kollegin, mit der er am 7. Januar 2005 Dienst tat, Oury Jalloh als „den Vogel“ abqualifizierte. Andreas S. betonte jedoch, er habe keine fremdenfeindliche oder rassistische Einstellung. Die Verhandlung musste dann abgebrochen werden, weil die übersteuerte Mikrofonanlage im Saal nicht zu bändigen war. Am 1. Februar wird der Prozess fortgesetzt.

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