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Der Wind, der Wind wird's auch nicht richten. Windenergieanlage hinter Hochspannungsmasten im brandenburgischen Peitz.

© dpa

Im Energiekrisenstrudel: Markt allein ist nicht genug

Die Ampel wäre gut beraten, Strompreis und Gaspreis zu entkoppeln. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jakob Schlandt

Schwindelerregende Preise, die nach und nach auch bei den Stromkunden ankommen: Die Handelsmärkte für Elektrizität werden durch die enorm hohen Gaspreise mit in Putins Energiekrisenstrudel gerissen. Der Keilriemen, der die beiden Märkte verbindet, sind die Gaskraftwerke. Sie laufen trotz hoher Kosten, weil sonst der Bedarf nicht gedeckt werden kann – und setzen den Preis.

Der Getreidegroßhandel funktioniert nach diesem Prinzip, der Ölmarkt sowieso. Das Problem derzeit ist bloß, dass die Kosten der verschiedenen Stromquellen nicht wie gewohnt recht nah beieinanderliegen. Obwohl Gasturbinen nur etwa ein Zehntel des Bedarfs decken, ziehen sie die Strompreise durch die Decke und bescheren Kohlekraftwerken und vielen Solar- und Windkraftanlagen gewaltige Profite als Krisengewinnler.

Ist das fair? Nein, natürlich nicht. Grund ist eine krasse, problematische Ausnahmesituation. Deshalb in den Energiemarkt und das Handelssystem, die "Merit Order", einzugreifen, ist riskant. In normalen Zeiten funktioniert der Markt gut und wir werden ihn noch brauchen. Zum Beispiel setzt er die richtigen Investitionsanreize, auch für den Bau von erneuerbaren Energien. Und er belohnt Flexibilität beim Verbrauch.

Doch es sind nicht die Zeiten für den ruhigen Blick zum Horizont. Wenn nun auch noch der Strommarkt ungehindert mit in den Gaskrisenstrudel gerissen wird, drohen Verwerfungen. Bei den ohnehin durch die Heizkosten geplagten Verbrauchern, bei der Industrie, aber auch im Energiehandel selbst. Sogar die FDP, die verlässlichste Stimme der Koalition, wenn es darum geht, Marktkräften freie Bahn zu lassen, ist inzwischen bereit für Eingriffe.

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Einfach wird das allerdings nicht. Ideen kursieren, Modelle werden ausgearbeitet. Eine Möglichkeit wäre, Höchstpreise im Strommarkt zu deckeln und einem Teil der Kraftwerke nur noch die Kosten zu ersetzen.

Aber durchdacht oder gar rechtlich geprüft ist noch nichts.

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Innerhalb kurzer Zeit muss trotzdem eine Lösung her, die im europäischen Zusammenspiel akzeptiert wird. Die keine falschen Anreize setzt. Zum Beispiel jenen, mitten in einer Gaskrise mehr Gas zu verbrauchen als unbedingt notwendig. Kombiniert werden kann das mit einer Übergewinnsteuer, die zufällig und ohne Leistung erzielte extreme Renditen abschöpft und sozialen Ausgleich finanziert.

Gelingt es der Ampel-Regierung, die Führungsrolle zu übernehmen in der EU und den Strompreis zumindest etwas vom Gaspreis abzukoppeln, ohne großen Schaden anzurichten? Dann wäre nicht nur ein gravierendes Problem entschärft. Man könnte dann sogar von einem Comeback beim Krisenmanagement sprechen.

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