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ARCHIV - 01.07.2023, Berlin: Eine Frau hält ihre Hände vor das Gesicht (Gestellte Szene). (zu dpa «Themis: Zahl von Beratungen gegen sexuelle Gewalt auf Rekordniveau») Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Fabian Sommer

Mehr Täterprävention!: Die Statistik hilft keiner Frau weiter

Jede dritte Frau wird Opfer von Gewalt, doch die Statistiken bleiben gleich – eine alarmierende Entwicklung. Warum versagen die Maßnahmen?

Zahlen rütteln nicht wach. Die wenigsten offenbar. Die meisten Frauen können die Statistik im Schlaf wiedergeben: Jede dritte Frau wird Opfer von Gewalt. Jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten. Als wäre es ein Naturgesetz. Und genauso wie das ein Naturgesetz ändert sich die Zahlen seit mehreren Jahren nicht.

Das Bundesinnenmisterium hat gerade das „Lagebild Häusliche Gewalt” veröffentlicht – die größte Opferbefragung zu Gewalt in Partnerschaften, sexualisierter und digitaler Gewalt. Um 8,5 Prozent sind die Fälle von Gewalt an Frauen gestiegen. Und wer vergeht sich an den Frauen? Wer droht, schlägt, missbraucht und versucht sie gar zu töten? Zu fast 80 Prozent Männer, laut Studie. Auch ein Naturgesetz?

8,5
Prozent mehr Frauen wurden 2022 Opfer von Gewalt durch Männer im eigenen Zuhause.

Zu sagen die Opferzahl sei gestiegen versperrt allerdings den Blick auf den Kern des Problems. Opfer gibt es nicht ohne Täter. Also: Täterzahl steigt. Damit Frauen zu Opfer werden, müssen die 80 Prozent Männer erst zu Tätern werden. Die Anzahl der Männer, die drohen, schlagen, missbrauchen und versuchen zu töten ist gestiegen. Aber noch viel schlimmer: Sie sinkt nicht. Sie sinkt seit Jahren einfach nicht. Seit Jahren ist jede dritte Frau Opfer von Gewalt. Drei Frauen lassen sich überall einfach abzählen, im Café, im Kino, an der Supermarktkasse.

Das klingt vielleicht herzlos, aber Frauen bringt diese Statistik nicht weiter. Sie kennen die Zahlen seit Jahren. Sowie unsere Freundinnen, unsere Kolleginnen, unsere Nachbarinnen. Was das eigentliche Dunkelfeld ist: Warum sind mehr Männer gewalttätig gegenüber Frauen? Warum sinkt die Zahl nicht? Wieso wird nichts dagegen getan? Wenn Maßnahmen ergriffen werden, warum wirken sie nicht? Warum wirken sie so wenig, dass das Gegenteil eintritt?

Es braucht Maßnahmen für Männer und gegen die anscheinend so tiefverankerte Verachtung gegen Frauen. Die Maßnahmen müssen bei den Tätern ansetzen, nicht nur bei den Opfern. Frauenhäuser und Beratungshotlines reichen nicht aus.

Frauenschlagende Männer sind ein gesellschaftliches Problem. Aber es scheint: wir sind abgestumpft dagegen, dass jede Stunde mehr als 14 Frauen Opfer ihres Partners werden. Politisch wurde und wird weiterhin die Arbeit mit Männern vernachlässigt. Stattdessen folgt Studie auf Studie, die jährlich sagt, was wir seit Jahren wissen. Täterprävention ist der allerbeste Opferschutz.

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