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Flüchtlinsgempfang in der ehemaligen Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Berlin mit Transparenten und Luftballons.

© dpa

Ex-Ausländerbeauftragte Barbara John: Merkel muss einen Appell an die Flüchtlinge richten

Der „Wir-schaffen-das“-Appell darf nicht nur den Einheimischen gelten: Mehr noch als früher ist die Mitverantwortung von Flüchtlingen gefragt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

„Deutschland wird sich durch die Flüchtlinge verändern“ – das ist ein Satz, der so ungenau ist wie: „Das Internet wird das Land verändern.“ Soll das eine Verheißung oder eine Drohung sein? Was immer es bedeutet, es kratzt ein wenig am Gefühl von Sicherheit und Kontrolle über das eigene Leben. Wer wohl am wenigsten Veränderungen herbeireden würde, sind die anerkannten Flüchtlinge selbst. Sie haben kein Interesse an weiteren gesellschaftlichen Umbrüchen. Sie haben sie satt bis zum Erbrechen. Sie sind gekommen, um endlich wieder in sicheren Verhältnissen zu leben.

Viele scheinen auch bereit, sich anzustrengen. Deutschkurse und Arbeitsplätze sind bei syrischen Einwanderern bisher gefragt. Solches Bemühen ist aber notwendig von allen dauerhaft Aufgenommenen. Es sind längst nicht allein die Einheimischen, denen die Kanzlerin ihren „Wir-schaffen-das“-Appell zurufen sollte. Es sind in gleicher Weise die Flüchtlinge. Der eingeschlagene deutsche Weg ist ein Experiment mit offenem Ausgang. Offene Grenzen und ein großzügiger Sozialstaat für Millionen Entwurzelte. Wann gab es das schon einmal?

Wenn überhaupt, könnte der erstmalige Versuch nur gelingen, wenn die Flüchtlinge ihre Mitverantwortung sehr ernst nehmen. Die entscheidenden Barrieren zur Arbeitsaufnahme sind für sie beseitigt. Ihnen steht alles zur Verfügung: Sprach- und Orientierungskurse, unbeschränkte Arbeitserlaubnis, Betriebe, die Arbeitskräfte suchen – Niedrig- und Hochqualifizierte –, eine große Zahl ehrenamtlicher Helfer und Mentoren. Doch niemand kann auf anerkannte Flüchtlinge rechtlichen Druck ausüben, die Sprache zu lernen, Steuerzahler zu werden. Denn wer als Flüchtling in der Schutzquote ist, bekommt ganz automatisch nach dreijährigem Aufenthalt einen unbefristeten Status, auch wenn er kein Deutsch spricht, nicht arbeitet und nicht straffrei geblieben sein sollte. Abschieben geht gesetzlich nicht. Mehr als frühere Einwanderer hat es also diese große Gruppe selbst in der Hand, ob das „hochgelobte“ Germany so bleibt, wie es ist.

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