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Der Unmut mit Friedrich Merz innerhalb der CDU steigt.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Streit um Grundwerte: Miese Stimmung in der CDU – und Friedrich Merz schweigt

In der CDU ist man verärgert wegen Äußerungen zur AfD von Andreas Rödder, dem Chef der einstigen Grundwertekommission. Unmut löst derweil auch das neue Parteidesign aus.

Innerhalb der CDU nimmt die Unzufriedenheit mit dem Politik-Management des Vorsitzenden Friedrich Merz zu. Unmut über die geringen Zustimmungswerte gibt es schon lange. Nun macht sich auch Ärger breit über den Vorsitzenden der einstigen CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder. Außerdem herrscht in Teilen der Partei Befremdung über das neue Logo samt neuer Farbe und reformierter „Corporate Identity“.

Der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), Thomas Rachel, verlangte eine scharfe Abgrenzung der Union von der AfD und die Absetzung Rödders. „Das C setzt eine klare Grenze nach rechts“, sagte Rachel. Rödder habe mit „bedenklichen Empfehlungen“ im Magazin „Stern“ „den Boden für CDU-Minderheitsregierungen“ bereitet, selbst wenn sie hin und wieder von der AfD unterstützt würden.

„Mit christlicher Überzeugung unvereinbar“

„Es ist mit christlicher Überzeugung unvereinbar, sich von einer solchen Partei tolerieren zu lassen“, sagte Rachel: „Die Partei AfD duldet bewusst rechtsextremes Gedankengut, Antisemitismus und Rassismus.“ Rödder scheine mit seinen Äußerungen den Wertekompass der CDU verloren zu haben, sagte Rachel. „Wer in dieser zentralen Frage der Haltung zur AfD so signifikant von den Grundwerten der CDU abweicht, kann nicht zugleich Vorsitzender ihrer Grundwertekommission sein.“

Der Mainzer Historiker und Tagesspiegel-Kolumnist Rödder hatte im „Stern“ auf die Frage „Was würden Sie Ihrer Partei empfehlen?“ in einer theoretischen Abhandlung geantwortet: „Die CDU darf nicht länger über falsche Brandmauern streiten. Das hat nur den Effekt, dass die AfD die CDU immer wieder vorführen kann. Die CDU muss selbstbewusst auftreten und eigene Positionen formulieren. Sie muss aus der Defensive herauskommen. Nur so kann sie die rechte demokratische Mitte für sich gewinnen.“

Herr Rödder hat gerade kein gewähltes Amt oder Mandat. Und spricht insofern nicht für die CDU.

Franziska Hoppermann, CDU-Abgeordnete

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Franziska Hoppermann sagte dem Tagesspiegel, die Grundwertekommission habe „vor 15 Monaten ihre Arbeit abgeschlossen, die Charta wurde beim Bundesparteitag im September 2022 beschlossen. Herr Rödder hat gerade kein gewähltes Amt oder Mandat. Und spricht insofern nicht für die CDU“.

Ex-Kultur-Staatsministerin Monika Grütters nannte Rödders Aussagen „unsäglich und unverantwortlich“. Zum wiederholten Mal habe Rödder in öffentlichen Einlassungen in die Debatte um den Kurs der Union eingegriffen. Seine Ambition, das C für „Christlich“ aus dem Parteinamen der CDU zu streichen, habe er noch vor seiner Beauftragung zum Leiter der Fachkommission „Wertefundament und Grundlagen der CDU“ kundgetan, sagte sie dem Tagesspiegel.

Seine neuen Äußerungen lägen zwar nach Beendigung seiner Arbeit an der Grundwertecharta. Er werde aber „öffentlich leider weiterhin als Leiter der CDU-Grundwertekommission gefragt und wahrgenommen“, sagte Grütters: „Diese Äußerungen sind unsäglich und unverantwortlich. Damit hat er vollends den Wertekompass der CDU verloren, seine Ideen schaden der CDU.“

„Aus der Weimarer Republik lernen“

Der frühere Ostbeauftragte Marco Wanderwitz (CDU) forderte von seiner Partei eine wesentlich schärfere Abgrenzung zur AfD. „Wir sollten den Unvereinbarkeitsbeschluss beim nächsten Parteitag weiter ausbuchstabieren“, sagte Wanderwitz dem Mediendienst „Table.Media“. Wanderwitz wandte sich ebenfalls gegen Rödder.

„Eine CDU-Grundsatzkommission sollte aus der Weimarer Republik gelernt haben, wozu Kooperation mit Rechtsextremen führt.“ Dass die CDU in Thüringen mithilfe der AfD ein Gesetz durchgedrückt hat, ist für Wanderwitz ein „No-Go“, an dem aber auch die rot-rot-grüne Minderheitsregierung Schuld trage.

Schäuble betont christliches Menschenbild

Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wandte sich gegen eine generelle Kursänderung seiner Partei. „Die CDU bleibt die große Volkspartei der Mitte, gegründet auf Werten, die aus dem christlichen Menschenbild abgeleitet sind. Sie wird maßgeblich dazu beitragen, Deutschland und Europa in eine gute Zukunft zu führen“, sagte Schäuble dem Tagesspiegel.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz schweigt bisher zu der Kritik an Rödder. In der Partei gibt es zunehmend die Erwartung, dass er sich in der Sache klar positioniert. Generalsekretär Carsten Linnemann hatte am Dienstag erklärt: „Wir schätzen die Arbeit, die Prof. Rödder in unserer Programm- und Grundsatzkommission leistet. Aber wir teilen in diesem Punkt seine Auffassung nicht.“

Wahlkampf ohne neues CDU-Logo

Unmut löste derweil auch das neue Parteidesign, das Linnemann am Dienstag präsentiert hatte. Demnach werden die drei Buchstaben CDU nach 50 Jahren wieder Schwarz statt Rot. Grundfarbe ist ein helles Türkisblau. Mehrere Landesverbände, etwa die CDU Sachsen-Anhalt, sehen sich nicht imstande, das Logo im Wahlkampf zu ihren Kommunalwahlen im Juni 2024 zu verwenden. Obwohl das Konrad-Adenauer-Haus die Landesverbände eingebunden hatte, gab es Verwunderung über den Zeitpunkt der Präsentation.

Die CDU-Landesverbände Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein werden erst am Montag über den neuen Auftritt der Bundes-CDU beraten. Die NRW-CDU wies Medienberichte zurück, wonach sie das neue Logo ablehne. Sie werde das neue Design im Landesverband umsetzen, „das stand für uns auch schon von Beginn an fest“, teilte ein Sprecher mit. Bereits beim Landesparteitag im Oktober werde man diese Umstellung deutlich sehen können.

Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann sagte dem Tagesspiegel, seine Partei habe Anfang 2023 eine Agentur beauftragt, ein neues Design zu entwickeln. „Später informierte uns der damalige Generalsekretär Czaja, die Bundes-CDU plane ein neues Design. Nach dem ursprünglichen Zeitplan wäre das für uns zu spät gekommen. Jetzt hat das Adenauer-Haus das Logo aber eher als geplant veröffentlicht, sodass wir es für unsere Kommunalwahl nutzen könnten. Deshalb befragen wir gerade unsere Mitglieder, mit welchem Logo wir zur Kommunalwahl 2024 antreten. Eine klare Mehrheit für das neue Logo der Bundes-CDU deutet sich an.“

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