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ARCHIV - 10.03.2022, Russland, Moskau: Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Poolfoto zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, der eine Sitzung mit Regierungsmitgliedern per Telefonkonferenz leitet. (zu dpa «Putins Schwäche - Moskau entgleiten die Ex-Sowjetstaaten») Foto: Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa / Mikhail Klimentyev/dpa

Exklusiv

Neue Umfrage zur Außenpolitik: Bürger sehen autoritäre Staaten als Gefahr

Der Krieg in der Ukraine hat die deutsche Außenpolitik stark verändert. Eine Bevölkerungsmehrheit stützt die neue Linie, eine Minderheit hält dagegen.

Von Hans Monath

| Update:

Eine knappe Mehrheit der Deutschen folgt nach der Zeitenwende den Schlussfolgerungen der Bundesregierung für eine neue deutsche Außenpolitik. Ungefähr ein Drittel aller Bürger hängt allerdings weiter der Vorstellung an, wonach das Prinzip „Wandel durch Handel“ die besten Ergebnisse im Umgang mit autoritären Staaten erbringe. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Instituts Yougov und der Politik- und Kommunikationsberatungsagentur Datapraxis von Johannes Hillje im Auftrag der Nichtregierungsorganisation „Democracy Reporting International“, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.

Der Umgang der deutschen Außenpolitik mit der Sowjetunion und ihrem Nachfolgestaat Russland, aber auch mit China, war lange geprägt von der „Wandel durch Handel“-These, wonach wirtschaftlicher Austausch den Partner binden und dieser sich so dem Westen annähern werde. Inzwischen haben sich wichtige Akteure der deutschen Außenpolitik davon distanziert, da ihrer Ansicht nach spätestens Russlands völkerrechtswidriger Überfall auf die Ukraine diese Annahme widerlegt.

Laut der Umfrage ist eine deutliche Mehrheit (63 Prozent) der Befragten in der durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Krise der Meinung, Werte und Interessen sollten in den Beziehungen zu anderen Ländern gleichermaßen berücksichtigt werden. Eine Mehrheit von 57 Prozent folgt der These, nach der neue Herausforderungen für die deutsche Außenpolitik darin bestehen, dass Deutschland Abhängigkeiten von autokratisch regierten Staaten vermeiden muss, wie sie sich im Falle Russlands als gefährlich erwiesen hatten.

Die Erzählung vom Wandel durch Handel kann kann tatsächlich einen Rückschlag auslösen beim Versuch, Werte in der Außenpolitik zu priorisieren.

Schlussfolgerung der Politik- und Kommunikationsberatungsagentur Datapraxis

Insgesamt nähern sich die Deutschen nach Ansicht der Studienautoren einer Haltung an, die in der Außenpolitik Werten neben Interessen einen größeren Stellenwert einräumt. Zugleich warnen sie: „Die Erzählung vom Wandel durch Handel kann tatsächlich einen Rückschlag auslösen beim Versuch, Werte in der Außenpolitik zu priorisieren.“

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verfolgt einen Kurs, der im Umgang mit autoritären Staaten eigene Werte betont.

© AFP / ANDREI PUNGOVSCHI

Eine weitere wichtige Schlussfolgerung der Studie heißt: „Die Deutschen unterstützen generell den Umgang ihres Landes mit internationalen Handelsfragen und mit Diplomatie gemeinsam mit der EU und den USA, aber sie sehen aufziehenden Herausforderungen wie Klimawandel und militärischer Sicherheit ebenso pessimistisch entgegen wie Deutschlands Haltung zu Russland, China und der Türkei.“

Mit 72 Prozent sehen fast drei Viertel der Befragten Menschenrechte, Demokratie, Freiheit und Durchsetzung des Völkerrechts als wichtigste Ziele der deutschen Außenpolitik an. Nur 31 Prozent nennen Handel und Investitionen als wichtigstes Ziel.

Nur zwölf Prozent plädieren dafür, deutsche Interessen selbst dann zum ersten Ziel zu nehmen, wenn dadurch die eigenen Werte unterminiert werden. Fast die Hälfte (45 Prozent) ist überzeugt, dass die Konzentration auf Ziele wie Demokratie, Menschenrechte und die Durchsetzung des Völkerrechts Deutschland auf lange Sicht nutzen werde.

Knapp zwei Drittel (64 Prozent) halten Russland für den Hauptverantwortlichen für den Krieg gegen die Ukraine, 18 Prozent nennen den Westen, vier Prozent die Ukraine, 13 Prozent sind unentschieden. Von denjenigen Befragten, die keinerlei Vertrauen in das politische System in Deutschland hegen, machen 42 Prozent den Westen für den Krieg verantwortlich.

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