zum Hauptinhalt
Amira Mohamed Ali hat am Sonntag ihren Rücktritt als Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke erklärt.

© dpa/Kay Nietfeld

Partei steckt in der Wagenknecht-Krise: Sprengt der Rückzug der Fraktionschefin die Linke?

Sollten mehrere Abgeordnete wie Mohamed Ali der Linken-Fraktion im Bundestag den Rücken kehren, wäre das ihr Ende. Sie verlöre wichtige Rechte, Geld, Mitarbeiter und Redezeit im Plenum.

Die Panik bei der Linken ist groß. Mit dem angekündigten Rückzug von Co-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali offenbart sich das tiefe Zerwürfnis der kleinsten Kraft im Deutschen Bundestag.

Die Existenz der Linken als Fraktion im Bundestag hängt an einem seidenen Faden. Viel hängt ab von den Plänen Sahra Wagenknechts, die mit einer Parteigründung liebäugelt und Vorgängerin Mohamed Alis war.

Nur über drei Direktmandate im Bundestag

Sollten drei oder mehr Bundestagsabgeordnete die Linke verlassen und einer anderen Partei beitreten, wäre der Fraktionsstatus dahin. Bisher stellen die Linken 39 von 736 Abgeordneten.

Sie zogen in den Bundestag über die drei gewonnen Direktmandate (in den Wahlkreisen Berlin-Lichtenberg, Berlin-Treptow/Köpenick, Leipzig I) ein, bundesweit riss die Linke mit 4,9 Prozent die Sperrklausel.

In Parteikreisen heißt es, der frühere Linken-Chef Klaus Ernst, Mohamed Ali und weitere Parlamentarier könnten sich Wagenknechts Projekt anschließen.

Wagenknecht sagte am Montag der ARD: „Die Vernachlässigung der Probleme normaler Bürger, die angesichts der desaströsen Politik der Ampel Angst um ihre Zukunft haben, wird zu weiteren Wahlniederlagen führen und macht die Linke perspektivisch zu einer bedeutungslosen Splitterpartei.“ 

Der Linke-Abgeordnete Alexander Ulrich sagte nach dem Rückzug Mohamed Alis: „Die Linke verkommt leider zu einer Sekte. Wir hoffen auf Sahra Wagenknecht.“ 

Die Linken-Abgeordnete Jessica Tatti kritisierte die Attacken der Parteiführung auf Wagenknecht: „Wer den eigenen Genossen permanent die Tür zeigt, braucht sich nicht wundern, wenn sie irgendwann durchgehen.“ Das klingt wie eine Drohung.

Mitglieder einer Wagenknecht-Partei müssten die Fraktion verlassen

Fraktionen bedürfen mindestens fünf Prozent der Abgeordneten, „die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen“ – so schreibt es die Geschäftsordnung des Bundestages vor.

Also: Mitglieder einer Wagenknecht-Partei müssten die Linke-Fraktion verlassen. Eine Wagenknecht-Partei dürfte schon bei der Europawahl im Juni 2024 antreten und den ohnehin schwächelnden Linken das Leben erschweren. In bundesweiten Umfragen liegt die Linke bei vier bis fünf Prozent.

Weniger Rechte, weniger Macht

Ohne den Fraktionsstatus könnten die verbliebenen Linken keine Gesetzentwürfe, Anträge und Entschließungsanträge ins Parlament einbringen.

Bestimmte Fragerechte wie Große und Kleine Anfragen, die Beantragung einer namentlichen Abstimmung oder einer Aktuellen Stunde sind ebenfalls nur den Fraktionen (oder fünf Prozent der Abgeordneten) vorbehalten. Ferner verlöre die Linke Zuschüsse und Mitarbeiter. Bei den Redezeiten im Plenum verlöre sie ebenfalls Ansprüche.

Womöglich würde der Bundestag der Linken – und den Abgeordneten einer Wagenknecht-Partei – einen Status als Gruppe zubilligen. So hatte es das Parlament in der Wahlperiode 1990 bis 1994 mit der PDS und dem Bündnis 90 gehalten, die bundesweit keine fünf Prozent erhalten hatten, wohl aber in Ostdeutschland.

Bei der ersten Bundestagswahl zwei Monate nach der Vereinigung Deutschlands 1990 hatte die Fünf-Prozent-Hürde für zwei Wahlgebiete, Ost und West, gegolten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false