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„Don’t bogart that joint“ im Bundesrat.

© dpa/Annette Riedl

Politik reagiert gespalten auf Cannabis-Freigabe: „Gesetz ist nicht gut gemacht, es wird viele Probleme bei der Umsetzung geben“

Der Bundesrat hat den Weg für die Cannabis-Legalisierung trotz der Bedenken freigemacht. SPD-Gesundheitsminister Lauterbach begrüßt das – doch das Gesetz ist auch in seiner eigenen Partei umstritten.

| Update:

Die Bundesländer haben den Weg für die Legalisierung von Cannabis freigemacht. Der Bundesrat billigte am Freitag in Berlin das bis zuletzt umstrittene Cannabis-Gesetz.

Mit dem Gesetz der Ampel-Koalition werden der Konsum sowie in begrenzter Menge Besitz und Anbau der Droge für Erwachsene erlaubt.

Cannabis-Freigabe mit Einschränkungen

Ab 1. April ist der private Eigenanbau von drei Cannabispflanzen pro Erwachsenen erlaubt. Jeder Erwachsene darf maximal 25 Gramm Cannabis mit sich tragen, im privaten Raum sind 50 Gramm erlaubt. Ab 1. Juli dürfen Anbauvereinigungen Cannabis an ihre erwachsenen Mitglieder abgeben (höchstens 25 Gramm täglich und 50 Gramm monatlich).

Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingang.

Der Bundesrat entschied sich am Freitag gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses und billigte damit das bis zuletzt umstrittene Gesetz.

Aus den Bundesländern kamen zahlreiche Bedenken. Sie müssen die neuen Regeln umsetzen, ihre Einhaltung kontrollieren und eine Amnestie für Cannabis-Vergehen umsetzen, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind.

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Der Deutsche Richterbund befürchtet daher viel Arbeit für die – ohnehin schon überlastete - Justiz. Verteidiger des Vorhabens verweisen andererseits auf künftige Entlastung durch die Legalisierung.

SPD-Ministerpräsidentin: „Das Cannabis-Gesetz ist nicht gut gemacht“

Die Kritik macht auch an Parteigrenzen nicht halt. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte dem „Tagesspiegel“: „Das Cannabis-Gesetz ist nicht gut gemacht. Es wird viele Probleme bei der Umsetzung geben. Das Saarland wollte es deshalb im Vermittlungsausschuss verbessern. Bei einem solchen Paradigmenwechsel wird es unvermeidlich ruckeln. Wir sollten im Länderkreis eng zusammenbleiben bei Umsetzungsschwierigkeiten und auch der Bund bleibt in der Verantwortung.“

Lauterbach: „Die Cannabis-Politik der letzten zehn Jahre ist gescheitert“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Beschluss zur Teil-Legalisierung von Cannabis dagegen als richtungsweisende Entscheidung bezeichnet. „Die Cannabis-Politik der letzten zehn Jahre ist gescheitert“, sagte der SPD-Politiker am Freitag nach der Bundesratsabstimmung in Berlin.

Lauterbach führte eine Verdoppelung des Konsums bei Kindern und Jugendlichen an, eine Verdopplung der Zahl der Drogentoten. Zudem werde der Schwarzmarkt immer größer. „So konnte es nicht weitergehen. Ich war jahrelang auch gegen eine Cannabis-Legalisierung, aber die Studienlage zeigt, wir brauchen hier ein neues Angebot“.

Der SPD-Politiker sagte, er rechne damit, dass 75 Prozent des Schwarzmarktes zurückgedrängt werden können. Zu Warnungen aus Sachsen und Bayern, mit der Legalisierung werde die Büchse der Pandora geöffnet, sagte Lauterbach: „Die Büchse der Pandora ist weit offen, und mit dieser Maßnahme heute, dass wir den Schwarzmarkt bekämpfen, versuchen wir, die Büchse der Pandora zu schließen.“ 

Das Gesetz als angeblicher Irrweg

Rednerinnen und Redner mehrere Länder warnten zuvor vor einer Legalisierung. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nannte das Gesetz einen Irrweg. Es stelle die Länder auch vor einen massiven zusätzlichen Verwaltungs- und Vollzugsaufwand.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, bei dem Gesetz könne es nicht um Parteipolitik gehen. Diese Frage sei so zentral und so persönlich, „dass für mich klar war, ich werde einer Legalisierung von Drogen unter keinen Umständen zustimmen, auch wenn das Ärger in meiner sächsischen Koalition gibt.“ Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) äußerte sich gegen eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Bei der Abstimmung votierte Sachsen dann uneinheitlich, die Stimme wurde daher als ungültig erklärt. 

Erste Nachbesserungen schon in Sicht

Um ein Scheitern abzuwenden, hatte die Bundesregierung zuletzt noch zugesichert, einige Regelungen nachträglich zu ändern. In einer Erklärung, die im Bundesrat zu Protokoll gegeben wird, sicherte sie mehr Unterstützung bei Aufklärung und Vorbeugung vor allem für Kinder und Jugendliche sowie flexiblere Umsetzungsregeln zu. Dafür sollen nun noch vor dem 1. Juli einige nachträgliche Änderungen am Gesetz umgesetzt werden. (epd/dpa/Tsp)

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