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Mit einem Transparent und der Aufschrift „Für die Energiesicherheit notwendig? Keine Lügen vor Rügen“ stehen Menschen am Strand von Binz auf der Insel Rügen in einer Menschenkette als Protest gegen ein für die Insel vorgesehenes Flüssigerdgas-Terminal.

© dpa/Frank Hormann

Rügen, LNG und die Heizungspläne: Die Ampel verspielt dringend notwendiges Vertrauen

Ein LNG-Terminal in einer der wichtigsten ostdeutschen Touristenhochburgen, dazu Heizungspläne, die unausgereift sind. So wird die Energiewende schwierig.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Was Touristen auf Rügen derzeit am Strand vor Augen geführt wird, wirkt wie eine Machtdemonstration. Schwere Tanker am Horizont, eine große Förderinsel direkt vor Binz – es ist, als wolle die Regierung zeigen: Hier wird jetzt Energiewende gemacht, koste es, was es wolle.

Natürlich muss der Energiebedarf irgendwie gedeckt werden, natürlich kann die Energiewende nicht im Verborgenen ins Werk gesetzt werden. Ohne große Schiffe, ohne LNG-Terminals für Flüssiggas, ohne Windräder geht es nicht.

Und doch droht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und mit ihm auch die ganze Ampelkoalition den Rückhalt für ihr vielleicht wichtigstes Vorhaben zu verspielen – und das gleich an zwei Punkten.

Dass Scholz zusammen mit Habeck spontan nach Rügen gefahren ist, um den dortigen Unmut etwas aufzufangen, zeigt, wie angespannt die Lage ist. Rügen zählt fast sieben Millionen Übernachtungen im Jahr. Es ist auch eine kleine ostdeutsche Erfolgsgeschichte. Binz beispielsweise gehört zu den ostdeutschen touristischen Aushängeschildern. Es kann sich mittlerweile mit Sylt messen.

Vor der Küste entsteht ohnehin ein Windpark und in der Nähe soll nun auch noch ein LNG-Terminal entstehen, das größte Import-Terminal der Welt. Die Zahl der Schiffe wird massiv zunehmen, das Landschaftsbild verändert sich – und es wird lauter. Und das mitten in einem touristischen und landschaftlichem Idyll.

Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Robert Habeck (links, Die Grünen), Wirtschaftsminister, und Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, nach ihrem Treffen mit Verbänden, Bürgermeistern und Wirtschaftsvertretern auf Rügen.

© dpa/Jens Büttner

Wie gesagt: Unabhängig von russischen Gasimporten zu werden, hat seinen Preis. Nur muss man dafür auch etwas investieren. Und zwar nicht nur Geld, sondern politisches Feingefühl, Einordnungen, Erklärung – kurz Kommunikation.

Scholz und Habeck haben die LNG-Pläne viel zu spät erklärt

Warum ausgerechnet in einer der funktionierenden ostdeutschen Touristenhochburgen ein solches Terminal errichtet werden muss – das haben Scholz und Habeck erst viel zu spät erklärt. Die Menschen vor Ort wurden nicht mitgenommen, es gibt kein Konzept, wie die gravierende Veränderung mit Tourismus und Umweltschutz in Einklang gebracht werden soll.

Auch Alternativen zum LNG-Standort in unmittelbarer Strandnähe, also etwas weiter draußen, wurden in den frischen Ostseewind geschlagen. Für Rügen ist das eine Zumutung.

Die Heizungspläne sorgen für weitere Unsicherheit

Rügen – ein Einzelfall? Leider nicht. Hier zeigt sich nur auf kleinstem Raum, mit wie wenig Einfühlungsvermögen die Koalitionäre die Energiewende versuchen voranzutreiben.

So wie die Menschen auf Rügen mit dem LNG-Projekt hadern, so sehr ärgern sich viele Bürgerinnen und Bürger über die Heizungspläne von Robert Habeck. Sie mögen notwendig sein, um die Klimaziele zu erreichen, aber sie lassen zu viele Fragen offen und schaffen Unsicherheit.

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Das kann zum politischen Boomerang werden, wenn viele Menschen fürchten, dass der Heizungswechsel für sie weder finanzierbar noch realisierbar ist.

Noch einmal: Dass die Art, wie wir Energie gewinnen und wie wir mit Energie umgehen, verändert werden muss, steht außer Frage. Auch, dass es unbequem werden kann. Aber wie dieser Wandel aktuell politisch organisiert, kommuniziert und umgesetzt wird, ist in Teilen fahrlässig. Denn dringend notwendiges Vertrauen wird hier leichtfertig verspielt.

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