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Regierungserklärung von Olaf Scholz im Bundestag.

© Imago/Christian Spicker

Update

„Russische Waffenproduktion läuft auf Hochtouren“: Scholz warnt im Bundestag vor Nachlassen bei Ukraine-Hilfe

Am Mittag hatte er noch den Durchbruch im Haushaltsstreit verkündet, schon ging es für Olaf Scholz weiter in den Bundestag. Dort warb er mit Blick auf den EU-Gipfel um weitere Hilfe für die Ukraine.

| Update:

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist an diesem Mittwoch ein gefragter Mann. Nach der Einigung im Haushaltsstreit und anschließenden Statement eilte er weiter in den Bundestag. Mit leichter Verspätung begann Scholz dann seine Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel – und beglückwünschte gleich mal den frisch gewählten polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk

Scholz sprach von der wichtigen Rolle Polens im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und davon, dass er die Zusammenarbeit intensivieren wolle. „Uns eint das Ziel, die Ukraine weiter beim Wiederaufbau und Fragen der Sicherheit zu unterstützen.“ Der Krieg in der Ukraine sei die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung für diesen Kontinent, so Scholz.

Genau deswegen sei er auch Thema beim anstehenden europäischen Rat. Er werde für eine nachhaltige, verlässliche Unterstützung der Ukraine eintreten. „Denn es geht um die Sicherheit Europas“, sagt Scholz. „Das hat für Deutschland Priorität.“

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Deutschland werde 2024 „acht Milliarden Euro für Waffenlieferungen, Finanzhilfen für den ukrainischen Haushalt und voraussichtlich sechs Millionen Euro ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland“ zur Verfügung stellen.

Gleichzeitig stellt er mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen klar: Sollte sich die Lage in der Ukraine verschärfen, werde man darauf reagieren müssen. „Heute weiß niemand, ob es dazu kommt. Um eine solche Entwicklung zu betrachten, haben wir bereits beschlossen, einen Überschreitungsbeschluss im Bundestag vorzuschlagen.“

Putin sei nach wie vor fest entschlossen, die Ukraine militärisch in die Knie zu zwingen, sagte er in einer Regierungserklärung. Der russische Präsident setze darauf, dass die internationale Unterstützung der Ukraine nachlasse. Der Bundeskanzler warnte: „Die Gefahr, dass dieses Kalkül aufgehen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen.“

Russland hat seine Wirtschaft inzwischen ganz in den Dienst dieses Krieges gestellt.

Olaf Scholz, Bundeskanzler (SPD)

Scholz verwies auch darauf, wie US-Präsident Joe Biden in seinem Land um die Bewilligung neuer Gelder zur Unterstützung der Ukraine ringe. In der EU bestehe noch kein Einvernehmen darüber, wie der Haushalt der Ukraine auch in den kommenden Jahren mit insgesamt 50 Milliarden Euro stabilisiert werden könne. Scholz wies darauf hin: „Vor allem Ungarn hat noch nicht zugestimmt.“

Gebessert habe sich immerhin die Fähigkeit der Ukraine zur Verteidigung gegen Schwärme russischer Drohnen und Raketen. Das zweite aus Deutschland bereitgestellte Luftverteidigungssystem vom Typ Patriot werde in der Ukraine in diesem Jahr in den Einsatz gehen. Hinzu kämen gepanzerte Fahrzeuge, Munition und Winterschutzkleidung für die ukrainischen Streitkräfte sowie Stromgeneratoren, um Energieengpässe zu überbrücken.

Scholz sagte: „Das alles ist dringend nötig. Denn Russland hat seine Wirtschaft inzwischen ganz in den Dienst dieses Krieges gestellt. Die russische Waffenproduktion läuft auf Hochtouren.“

FDP-Vize Vogel kritisiert ungleiche Verteilung der Waffenhilfe

FDP-Vize Johannes Vogel sieht die Hilfe aus der Europäischen Union für die Ukraine ungleich verteilt. „Wir müssen die Ukraine entschlossen unterstützen. Und wir als Freie Demokraten sind auch der festen Überzeugung, dass wir das als Europäische Union gemeinsam machen müssen“, sagte Vogel, der auch Erster Parlamentarischer Geschäftsführer ist, am Mittwoch im Bundestag.

Dazu gehöre „mit Blick auf die Tatsache, dass Deutschland alleine 50 Prozent der finanziellen Hilfen der Europäischen Union für die Ukraine heute liefert, dass dann die europäischen Partner ihren Anteil vielleicht auch noch stärker tragen müssen“, forderte er.

Olaf Scholz hält eine Regierungserklärung im Bundestag.

© Imago/Christian Spicker

Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstag und Freitag in Brüssel wird es vor allem auch um die Erweiterung der Staatengemeinschaft gehen. Auf dem Gipfel soll unter anderem entschieden werden, ob Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau aufgenommen werden sollen.

Mit Blick darauf erklärte Scholz, dass Deutschland die Beitrittverhandlungen „ganz ausdrücklich befürwortet“. Dagegen sperrt sich Ungarn bisher. Vorgeschaltet ist am Mittwoch ein Treffen mit den Staaten des westlichen Balkans, die der EU beitreten wollen.

Scholz will Orban im Ukraine-Streit überzeugen

Aus Regierungskreisen war vorab zu hören, dass sich die Bundesregierung für einstimmige Beschlüsse zugunsten der Ukraine starkmachen will. Zur Veto-Drohung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban hieß es am Dienstag in Berlin, es sei klares Ziel, diesen „noch zu überzeugen“. Dies gelte insbesondere für die geplanten Wirtschaftshilfen von 50 Milliarden Euro für die Ukraine.

Deutschland verwende zudem seine ganze Kraft darauf, dass Orban dem geplanten Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine zustimme. Es sei aber „schwer zu sagen“, ob dies möglich sei. Plan A sei in beiden Fällen ein Konsens der 27 Mitgliedsländer. „Wir setzen ganz klar auf den Plan A, und alles andere zeigen dann die Verhandlungen“, hieß es aus den Regierungskreisen.

EU soll „aktive Rolle“ im Nahen Osten einnehmen

Abseits des EU-Gipfels sprach Scholz auch die aktuelle Lage Nahen Osten an. Er betonte erneut das Recht Israels zur Verteidigung gegen den Terrorangriff der Hamas und warb für eine aktive Rolle der EU nach einem Ende des Gaza-Krieges.

„Dann wird es darum gehen, wie eine tragfähige Sicherheitsordnung aussehen kann. Ich finde, Europa sollte sich in diese Diskussion einbringen“, sagte Scholz. Dies betreffe nicht nur Geld für den Wiederaufbau oder humanitäre Hilfe. Dabei gelte: „Jede Ordnung nach diesem Konflikt muss den Bürgerinnen und Bürgern Israels verlässlichen Schutz bieten.“

In eine Lösung eingebunden werden sollten auch Länder der Region und die Golfstaaten, sagte Scholz. Politischer Ansatz bleibe eine Zwei-Staaten-Lösung, der man sich schrittweise nähern müsse. Eine Befriedung des Konflikts mit den Palästinensern würde es Israel erlauben, sich auf „die wichtigste strategische Bedrohung“ durch den Iran und seine regionalen Unterstützer zu konzentrieren.

Zur Einigung im Etat-Streit: „Harte, aber konstruktive Arbeit“

Zur aktuellen Einigung der Ampel-Regierung über den Bundeshaushalt 2024 hat sich Scholz nur am Rande geäußert. Er kündigte an, dass der Bundestag in der ersten Sitzungswoche des neuen Jahres über den Haushalt 2024 beraten kann. „Wir haben uns darauf verständigt, Ausgaben zu priorisieren, ohne die soziale Sicherheit in unserem Land oder die Transformation aufs Spiel zu setzen“, sagte der Kanzler.

Der Kanzler sprach mit Blick auf die Gespräche zur Einigung von schwierigen Abwägungen, schließlich stünden hinter jedem Haushaltsposten handfeste und nachvollziehbare Interessen. „Das war harte, aber konstruktive Arbeit. Am Ende steht ein guter, in wahrem Sinne demokratischer Kompromiss“, sagte Scholz. (Tsp/dpa/AFP)

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