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Ein von Maxar Technologies zur Verfügung gestelltes Sattelitenbild zeigt das Kernkraftwerk Saporischschja.

© Maxar Technologies/AP/dpa

Update

Reaktoren des AKW Saporischschja stehen weiter still: Selenskyj fordert Räumung des russisch besetzten Kraftwerks

Nach einem Feuer seien die Stromleitungen zum AKW beschädigt worden. Russische Besatzer behaupten, dass ein Kraftwerksblock schon wieder in Betrieb sei.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr hat verstärkten internationalen Druck auf Russland gefordert, um eine Räumung des besetzten Kernkraftwerks Saporischschja zu erreichen. Er verwies auf die Notabschaltung von zwei Reaktoren am Donnerstag wegen eines zweimaligen Ausfalls der Stromversorgung. Damit war das Kraftwerk „komplett“ vom ukrainischen Stromnetz abgekoppelt worden, was ein einmaliger Vorgang war.

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA und andere internationale Organisationen müssten viel schneller handeln als bislang, sagte Selenskyj abends in seiner Videoansprache in Kiew. „Jede Minute, die das russische Militär im Kernkraftwerk bleibt, bedeutet das Risiko einer globalen Strahlenkatastrophe.“

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Die IAEA in Wien teilte unter Berufung auf Kiewer Informationen mit, dass das Sicherheitssystem zwei laufende Reaktoren abgeschaltet habe. Das AKW sei über die Stromleitung eines nahen Wärmekraftwerks weiter versorgt worden.

Es sei nun wieder mit dem ukrainischen Stromnetz verbunden. Derzeit stünden nach ukrainischen Angaben alle sechs Reaktoren still, hieß es. Die russische Besatzungsverwaltung hatte dagegen mitgeteilt, ein Reaktorblock sei wieder angefahren worden.

IAEA-Direktor Rafael Grossi bekräftigte seine Bereitschaft, binnen Tagen mit Experten nach Saporischschja zu fahren. Die Lage in und am größten Kernkraftwerk Europas ist seit Wochen undurchsichtig. Russen und Ukraine werfen einander vor, das AKW zu beschießen.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlichte Satellitenfotos, die angeblich russische Militärlastwagen neben einem Reaktor zeigen. Vergangene Woche zeigte ein nicht verifiziertes Video Militärfahrzeuge auch in einer der großen Maschinenhallen.

Wie es zu der Abschaltung kam

In den Aschegruben eines nahe gelegenen Kohlekraftwerks seien zuvor Feuer ausgebrochen, teilte der ukrainische Versorger Energoatom am Donnerstag mit. Diese hätten die Stromleitungen zum AKW beschädigt.

Präsident Wolodymyr Selenskyj kommentierte den Vorgang in seiner allabendlichen Ansprache: „Der Notfallschutz hat funktioniert“, sagte er. Er beschuldigte die russische Seite, ukrainische Stromleitungen beschädigt zu haben.

Russische Besatzer teilen mit, dass ein Kraftwerksblock wieder am Netz sei

Die russischen Besatzer hingegen teilten mit, einer von zwei derzeit betriebenen Kraftwerksblöcken sei bereits wieder am Netz. Die beiden Blöcke hätten nur vorübergehend heruntergefahren werden müssen, nachdem aufgrund von ukrainischem Beschuss ein Feuer ausgebrochen sei, schrieb der Besatzungschef der Region, Jewgeni Balizki, auf Telegram. Die Angaben beider Seiten waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

Balizki erklärte weiterhin, die Versorgung der Menschen in den umliegenden Regionen, die zwischenzeitlich von einem massiven Stromausfall betroffen waren, werde in Kürze wieder gewährleistet. Zuvor hatte auch der geflohene ukrainische Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, berichtet, die Stromversorgung der Kleinstadt, in der das AKW liegt, werde schrittweise wieder hergestellt.

Die Folgen einer Atomkatastrophe wären unklar

Experten zufolge ist unklar, wer im Falle einer Atomkatastrophe mit der Bewältigung betraut werden würde. "Wir wissen nicht, was in einer Kriegssituation passiert, wenn wir einen atomaren Notfall haben", sagte Kate Brown von der US-Universität MIT. Bei der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 habe die Sowjetunion Zehntausende Menschen, Ausrüstung und Einsatzfahrzeug an den Ort des Geschehens bringen können. "Wer würde jetzt die Verantwortung für diesen Einsatz übernehmen?"

Die Anlage, die sich nicht weit von der von Russland annektierten Halbinsel Krim befindet, verfügt über insgesamt sechs der 15 Reaktoren der Ukraine, die vier Millionen Haushalte mit Strom versorgen können. Die russische Armee hatte das Kraftwerk am 4. März eingenommen. Energoatom vermutet, dass Russland Saporischschja an das Stromnetz der Krim anschließen will. (AFP, Reuters)

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