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Politik: Tausende Deutsche demonstrieren gegen den Krieg

Großkundgebung in Köln / Hamburgs neuer Erzbischof fordert Gebete für den Frieden / Proteste auch in Davos

Berlin/Frankfurt (Main) (AP/dpa). Tausende Bundesbürger haben am Samstag in mehreren Städten friedlich gegen einen drohenden IrakKrieg demonstriert. Auf der größten Protestveranstaltung versammelten sich in Köln nach Polizeiangaben bis zu 10 000 Kriegsgegner. In Geilenkirchen blockierten rund 300 Menschen die Zufahrt zum Stützpunkt der Awacs-Aufklärungsflugzeuge, die bei einem Krieg mit deutschen Soldaten an Bord an der türkisch-irakischen Grenze eingesetzt werden sollen. Nach Polizeiangaben verliefen alle Protestveranstaltungen ruhig und friedlich.

Überrascht wurden die Behörden lediglich von dem regen Zustrom in Köln, wo eine Initiative „Kein Krieg in Irak“ zu einer Kundgebung aufgerufen hatte: Statt der erwarteten 2500 Teilnehmer versammelten sich laut Polizei nach und nach „zwischen 7000 und 10 000“ in der Innenstadt. Zur Sitzblockade in Geilenkirchen hatte die Aachener Gruppe der katholischen Bewegung Pax Christi aufgerufen. Mit Polizei und Standortkommandatur war eine einstündige Sperrung der Zufahrt zum Awacs-Gelände verabredet, die am Nachmittag friedlich beendet wurde.

Hamburgs neuer Erzbischof Werner Thissen hat in seiner ersten Predigt alle Christenaufgerufen, sich für den Weltfrieden einzusetzen. „Lasst uns alles tun, was dem Frieden dient“, sagte der 64-jährige Oberhirte am Samstag bei seiner Amtseinführung im Hamburger Dom St. Marien. Er bat eindringlich alle 156 Gemeinden des Erzbistums in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg, dem Gebet für den Frieden Vorrang zu geben. In mehr als 20 Staaten der Welt herrsche Krieg, jetzt komme die Sorge um einen Konflikt im Irak hinzu, mahnte Thissen.

In Leipzig folgten nach Polizeiangaben rund 500 Menschen einem Aufruf des örtlichen Friedenszentrums. Ohne Zwischenfälle zogen sie mit Transparenten und Plakaten vor das amerikanische Konsulat. Rund 50 Demonstranten trafen sich vor dem Oberkommando der US-Streitkräfte in Europa in Stuttgart. In Dresden versammelten sich ein halbes hundert Mitglieder des Irakischen Kulturclubs zu einer amerikakritischen Veranstaltung. Auch für die kommenden Tage sind Aktionen geplant: In Dresden ist für Montag eine Demonstration unter dem Motto „Nein zum Krieg im Irak“ angesetzt. Die Evangelische Kirche im Rheinland lädt ebenfalls für Montag in Düsseldorf zu einem zentralen Friedensgottesdienst unter dem Motto „Aufstehen für Frieden und Gerechtigkeit“ ein.

In mehrere Kirchengemeinden in Brandenburg haben am Samstagnachmittag rund 350 Menschen für den Frieden demonstriert. Die Menschenkette, die an der Bundesstraße 96 geplant war, habe jedoch nicht stattgefunden, sagte ein Polizeisprecher. In Berlin beteiligten sich am Samstag nur wenige Menschen an Anti-Kriegs-Demonstrationen. An einem Demonstrationszug von Kreuzberg zum Brandenburger Tor gegen einen Irak-Krieg nahmen laut Polizei rund 80 Personen teil. Auch zu einer Protestveranstaltung im Bezirk Prenzlauer Berg kamen nach Polizeiangaben weniger als hundert Menschen. Am 15. Februar soll in der Hauptstadt eine Großdemonstration stattfinden.

Unterdessen protestierten am Samstagnachmittag rund 600 Demonstranten im Schweizer Wintersportort Davos gegen das dort tagende Weltwirtschaftsforum. Ein großes Polizeiaufgebot hielt die zum Teil bunt kostümierten Globalisierungskritiker und Kriegsgegner davon ab, näher als rund 150 Meter an den Konferenzort zu gelangen. Dort ging die bis Dienstag geplante Tagung von über 2000 Führungskräften aus Politik und Wirtschaft ungestört weiter. Nach Angaben der Veranstalter befanden sich noch mehrere Tausend Demonstrationsteilnehmer auf der Anreise.

Die Polizei hatte etwa 30 Kilometer vor Davos im Ort Fideris eine Kontrollstelle eingerichtet, wo Demonstranten nach Waffen und anderen nicht genehmigten Gegenständen durchsucht wurden. Dagegen hatte es zunächst Proteste gegeben. Rund 350 Demonstranten hatten in Fideris für rund drei Stunden die Straße und Schienen blockiert. Als Gäste wurden in Davos am Samstag auch US-Außenminister Colin Powell sowie der neue brasilianische Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva erwartet, der ein scharfer Kritiker einer ungezügelten Globalisierung ist.

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