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Der Pilot des Gleitfliegers wird nach seiner Aktion kurz vor dem Anpfiff der Partie Frankreich-Deutschland vom Feld geführt.

© imago images/PanoramiC

Die harte Landung von Greenpeace: Versickert jetzt der Fluss an Spendengeldern?

Greenpeace setzt nicht nur bei der Fußball-EM auf umstrittene und teils gefährliche Aktionen. Grenzen überschreiten hat bei der Organisation Tradition.

Kurz vor dem Anpfiff des EM-Spiels Deutschland gegen Frankreich am Dienstag in München tauchte über den Köpfen der Zuschauer:innen plötzlich ein gelber Greenpeace-Gleitflieger auf. Schnell und unkontrolliert flog er direkt über den Gästen und verletzte vor der Landung zwei Männer, die danach ins Krankenhaus mussten.

Der 38-jährige Greenpeace-Aktivist landete nach dem gefährlichen Manöver auf dem Rasen der Arena und wurde festgenommen. Später stellte sich heraus, dass er nur knapp einer Katastrophe entging. Wegen der „Greenpeace“ Aufschrift erkannte die Polizei, dass es sich bei der Aktion nicht um einen Terror-Anschlag handelt. Sonst hätten ihn Scharfschützen abgeschossen.

Politiker fordern harte Konsequenzen

Die Aktion war von Greenpeace anders gedacht. Der Aktivist sollte über das Stadion fliegen und vor dem Anpfiff des EM-Spiels einen gelben, mit Helium gefüllten Ball heruntergleiten lassen. Die Umweltorganisation wollte mit dieser umstrittenen Aktion Volkswagen auffordern, keine klimaschädlichen Autos mehr zu verkaufen. Greenpeace überschreitet bei Aktionen immer wieder Grenzen und gefährdet dabei teilweise Menschen. Jetzt fordern Politiker der Union harte Konsequenzen.

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Der Protestforscher Michael Neuber zieht die Grenze des Tolerierbaren dort, wo Personen zu Schaden kommen könnten. „Politischer Protest muss möglich sein, aber wenn Unbeteiligte verletzt werden, kann es den Zielen der Bewegung schaden, da es ihre Chancen auf Unterstützung verringert.“ Allerdings sei Greenpeace in den vergangenen Jahren nicht dadurch aufgefallen, bewusst Menschen in Gefahr zu bringen, meint er.

"Protest braucht Aufmerksamkeit"

Eine der Folgen von Aktionen wie in München könnte sein, dass Spendengelder wegfallen oder Unterstützer:innen sich von Greenpeace abwenden. Das Image der Umweltorganisation ist bisher geprägt durch Aufmerksamkeit erregende Aktionen ähnlich wie dieser zur Europameisterschaft.

Bei der Protestaktion der Umweltorganisation Greenpeace wurden zwei Menschen verletzt.
Bei der Protestaktion der Umweltorganisation Greenpeace wurden zwei Menschen verletzt.

© imago images/kolbert-press

„Protest braucht öffentliche Aufmerksamkeit, und je spektakulärer die Aktion ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese am Ende auch erzeugt wird“, sagt Neuber. Diese erreichen die Aktivist:innen meist durch zivilen Ungehorsam. Gerichtsverfahren und Geldstrafen nehmen die Aktivist:innen bewusst in Kauf.

Spektakuläre Aktionen seit 1971

Greenpeace wurde 1971 in Kanada gegründet, als zwölf Aktivist:innen versuchten, mit einem Fischerboot Atombombentests zu verhindern. Sie hatten keinen Erfolg, da ihr Boot an der Weiterfahrt gehindert wurde, aber das Medienecho war groß und Greenpeace plötzlich bekannt.

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Seitdem wird die Liste umstrittener und teils lebensgefährlichen Aktionen immer länger. 1985 war das das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“ auf dem Weg zu Protesten gegen französische Atomtests in Auckland, als an Bord zwei Bomben explodierten. Für den Anschlag soll der französische Geheimdienst verantwortlich sein. Das Schiff sank und ein Greenpeace-Fotograf starb.

Verschüttete Farbe und gestohlenes "C"

Im Sommer 2018 hatten Aktivist:innen 3500 Liter Farbe am Großen Stern in Berlin verschüttet, 14.000 Euro mussten die Organisation später dafür an die Berliner Stadtreinigung zahlen. Ein Jahr später stahlen Greenpeace- Aktivist:innen das „C“ der CDU aus dem Konrad Adenauer Haus, um das Klimaschutzpaket zu kritisieren, das ihnen nicht weit genug ging.

Erst vor wenigen Wochen entwendeten Greenpeace-Mitglieder hunderte Autoschlüssel aus einem VW-Werk und brachten sie auf die Zugspitze. Ihr Vorwurf an den Konzern: VW würde zu langsam auf Elektromobilität umsteigen.

CDU-Politiker wollen Gemeinnützigkeit überprüfen

Könnte der aktuelle Fall weitreichendere Konsequenzen haben? Der CDU-Politiker Friedrich Merz schrieb am Mittwoch auf Twitter: „Nach dem Vorfall von gestern mit einer ernsthaften Gefährdung der Stadionbesucher wird es Zeit, die Gemeinnützigkeit von #Greenpeace zu überprüfen.“ Wenn Greenpeace tatsächlich die Gemeinnützigkeit verlieren würde, hätte das für die Nicht-Regierungsorganisation vor allem finanzielle Folgen.

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Stefan Diefenbach-Trommer ist Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Organisationen, zu denen auch Greenpeace und Amnesty International gehören. Er sagt: „Der Ruf nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit ist ein Ruf nach Bestrafung. Damit wird das Gemeinnützigkeitsrecht zum Organisationsstrafrecht, zum Spezial-Strafrecht für zivilgesellschaftliche Organisationen – während die Koalition von CDU, CSU und SPD es nicht schaffte, ein Unternehmensstrafrecht einzuführen.“

Tobias Austrup, politischer Referent bei Greenpeace, sagt zu der Diskussion: „Ich halte das für keine sachgerechte Antwort auf ein Unglück.“ Die Aktionen seien ein wichtiger Teil ihrer Arbeit, aber nicht der Großteil. Die überwiegende Arbeit, die Greenpeace mache, sei inhaltlich. „Wir beauftragen und bearbeiten Studien, gehen zu Anhörungen im Bundestag oder veranstalten Diskussionsrunden. Wir wollen die gesellschaftliche Diskussion über den Klimaschutz anregen.“

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