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Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU.

© dpa/Moritz Frankenberg

Update

„Von der AfD getrieben“: Linnemann fordert Arbeitspflicht für Bürgergeld-Bezieher

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will das Bürgergeld in jetziger Form abschaffen. Nach sechs Monaten solle eine Arbeitspflicht gelten. Die Ampel-Parteien lehnen das scharf ab.

Die CDU will das erst am 1. Januar eingeführte Bürgergeld in der jetzigen Form abschaffen. Das sagte Generalsekretär Carsten Linnemann der „Bild“-Zeitung vom Montag und der „Süddeutschen Zeitung“. Die Partei will die Forderung im neuen Grundsatzprogramm „verankern“, wie Linnemann betonte. Der Generalsekretär leitet auch die Grundsatzprogramm-Kommission seiner Partei.

„Wer nicht arbeiten will, muss das nicht tun - er kann dann aber auch nicht erwarten, dass die Allgemeinheit für seinen Lebensunterhalt aufkommt“, sagte Linnemann der „Süddeutschen Zeitung“.

Denn der Sozialstaat müsse „für die wirklich Bedürftigen da sein, die nicht arbeiten können“. Linnemann verlangte „mehr Anreize für die Jobaufnahme“. Künftig solle gelten, dass jeder, der arbeiten könne und Sozialleistungen beziehe, spätestens nach einem halben Jahr einen Job annehmen oder gemeinnützig arbeiten müsse.

Das sei man „all denen schuldig, die jeden Tag arbeiten gehen und damit die Sozialleistungen des Staates für andere erst möglich machen“, fügte Linnemann hinzu. Die Ampel-Koalition habe „dieses Prinzip leider weitgehend abgeschafft“. So seien zum Beispiel „die Kooperationsvereinbarungen zwischen Bürgergeld-Empfängern und dem Staat nicht verbindlich“.

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Ampel-Parteien geben Kontra - CDU „von der AfD getrieben“

SPD, Grüne und Linke kritisierten dies scharf, das Institut der deutschen Wirtschaft äußerte sich ebenfalls skeptisch. Scharfe Kritik kommt von der SPD. Deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Das Bürgergeld fängt Menschen in schwierigen Lebenslagen auf.“ Dies sei „ein grundgesetzliches Gebot und ein Gebot der Menschlichkeit“.

Die SPD-Politikerin nannte es „schade, dass die Union sich jetzt von der AfD getrieben dazu herablässt, Arbeitslose gegen Geringverdienende auszuspielen“. Sie sprach weiter von „unanständigen Unterstellungen“ an arbeitslose Menschen. Die stellvertretende Linken-Fraktionschefin Susanne Ferschl warf der CDU vor, mit ihrer Forderung „ganz unverblümt“ die AfD zu kopieren.

Dies erklärte auch die AfD selbst: „Die CDU übernimmt einmal mehr die Forderungen und Inhalte der AfD-Fraktion.“ Die Fraktion habe bereits vor einem Jahr einen Antrag auf eine Pflicht zur Bürgerarbeit im Bundestag eingebracht, die Union dies jedoch abgelehnt, hieß es in einer AfD-Erklärung.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr wies Linnemanns Vorwurf zurück, die „Ampel“ habe Anreize zur Arbeitsaufnahme gesenkt. Die Koalition habe im Gegenteil neue Anreize geschaffen - etwa bei der Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung oder zur beruflichen Qualifizierung. „Wir wollen nicht zurück zum alten Hartz-IV-System“, sagte der Liberale. „Da würden wir Arbeitslosigkeit alimentieren, dass kann nicht die richtige Antwort sein.“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann steht hinter dem Bürgergeld. Sie sei „nach wie vor überzeugt, dass diese Bürgergeldreform eine gute und richtige war“. Haßelmann betonte: „Wir haben das im letzten Jahr im Vermittlungsausschuss zusammen mit der Union getan.“

Skepsis in Bezug auf Linnemanns Forderungen äußerte derweil auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther: Eine Jobpflicht für Bürgergeld-Beziehende sei „in der Theorie richtig“. Er verwies in der „Bild“ allerdings auf zahlreiche Probleme bei der Umsetzung. So würden reguläre Jobs durch gemeinnützige Arbeit verdrängt. Der IW-Direktor schlug stattdessen unter anderem vor, die Aufnahme regulärer Vollzeitjobs über höhere Freibeträge attraktiver zu machen.

Mehr Ausgaben für Sozialleistungen als bisher geplant

Am Sonntag war bekannt geworden, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Sozialleistung in diesem Jahr 3,25 Milliarden Euro mehr aufwenden muss als bisher geplant. Davon entfallen rund 2,1 Milliarden Euro zusätzlich auf die monatlichen Bürgergeldzahlungen und 1,15 Milliarden Euro Mehrkosten auf Miet- und Heizkosten, die größtenteils vom Bund übernommen werden.

Bisher hatte die Bundesregierung für das Bürgergeld in diesem Jahr 23,76 Milliarden Euro eingeplant, etwa fünf Prozent des gesamten Bundeshaushalts. Als Grund für die höheren Kosten werden vor allem Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energiekosten genannt.

Das Bürgergeld ersetzt seit Jahresbeginn die bisherige Grundsicherung für Arbeitssuchende im Arbeitslosengeld II und dem Sozialgeld (früher „Hartz IV“). Derzeit gibt es etwa 5,5 Millionen Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld, darunter etwa 1,7 Millionen Arbeitslose, hieß es. Die Regelsätze sollen laut Ankündigung von Heil im Januar um zwölf Prozent steigen. Alleinstehende erhalten dann 563 Euro pro Monat statt bisher 502 Euro; der Regelsatz für Kinder und Jugendliche ist je nach Alter gestaffelt. (dpa/KNA)

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