zum Hauptinhalt
Die Mehrheit der Grünen-Delegierten will nichts mit Adenauer zu tun haben.

© dpa/Kay Nietfeld

Wegen Sexismus: Grüne streichen Adenauer-Zitat aus Wahlprogramm

Auf ihrem Parteitag in Karlsruhe beschließen die Grünen ihr Europawahlprogramm. Ein Zitat von Ex-Bundeskanzler Konrad Adenauer wollte die Basis dort aber nicht stehen haben.

Nach den Wahlen des Bundesvorstandes und der Europawahlliste haben die Grünen am Samstag ihren Parteitag in Karlsruhe mit Beratungen über das Europawahlprogramm fortgesetzt. Dabei musste der Bundesvorstand gleich zu Beginn eine inhaltliche Niederlage hinnehmen.

Im Entwurf des Programms hatte die Grünen-Spitze auch ein Zitat vom ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, aufgenommen. Der CDU-Politiker hatte vor rund 70 Jahren gesagt: Diese Einheit Europas „war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“

Doch an der Basis der Grünen hatte die Passage für großen Ärger gesorgt. Mehrere Anträge hatten gefordert, das Zitat zu streichen. Sie wollten nicht, dass das einzige Zitat in dem mehr als 100 Seiten dicken Programm einem Konservativen gewährt wird. Die Mehrheit der Delegierten folgten einem entsprechenden Antrag.

Adenauer war in seiner Zeit und ist bis heute problematisch.

Shirin Kreße aus dem Kreisverband Berlin-Mitte will mit Adenauer nichts zu tun haben.

Zuvor hatte die Antragstellerin Shirin Kreße aus dem Kreisverband Berlin-Mitte in ihrer Rede betont, Adenauer sei in seiner Zeit selbst für CDU-Politikerinnen zu sexistisch gewesen. „Adenauer war in seiner Zeit und ist bis heute problematisch.“ Er habe sich lange geweigert, eine Frau als Ministerin zu ernennen, weil er Frauen für zu weich hielt.

Kreße kritisierte auch den Umgang Adenauers mit ehemaligen NS-Kadern: „Adenauer trägt die Verantwortung für die Reintegration von NSDAP-SpitzenfunktionärInnen in höchste Staatsämter.“ Zudem habe Adenauer über Jahre sozialdemokratische Politiker, inklusive Willy Brandt, mit dem Nachrichtendienst bespitzeln lassen.

„Ein Zitat kann nicht unabhängig von der Person betrachtet und gedeutet werden“, führte Kreße weiter aus. Ihre Vision von Europa sei feministisch, antifaschistisch und heiße nicht Konrad Adenauer.

Claudia Roth (l.) verteidigte Konrad Adenauer.

© imago/Chris Emil Janßen/IMAGO/Chris Emil Janssen

Im Anschluss versuchte die Kultur-Staatssekretärin, die Parteilinke Claudia Roth, die Position des Bundesvorstands nochmal zu stärken. „Ja, Adenauer war ganz sicher kein Feminist“, sagte Roth. Es gehe in dem Zitat aber um den Beginn der europäischen Idee.

„Er hat versucht, die Hand gegenüber Frankreich auszustrecken. Er hat versucht, zur Versöhnung beizutragen“, betonte Roth in ihrer Gegenrede. Dieser Satz von Adenauer sei der Beginn einer tiefen Freundschaft mit dem Nachbarland gewesen.

Der Bundesvorstand schlug vor, das Wahlprogramm mit Zitaten von zwei Frauen zu ergänzen. Doch weder diesem Vorschlag noch der Argumentation von Claudia Roth folgte die Grünen-Basis. Der Begriff „Wohlstand“, den ein Teil der Basis streichen wollte, bleibt dagegen im Programm. Die Verhandlungen über das Programm werden noch bis Sonntag fortgesetzt. Am Samstagabend wird eine hitzige Debatte über den Kurs in der Migrationspolitik erwartet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false