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Jordan Bardella gilt als Favorit für den Vorsitz der Rassemblement National.

© Foto: Reuters/Christian Hartmann

Wer folgt Marine Le Pen als Parteichefin?: Jordan Bardella, der treue Kronprinz

Die rechtsextreme Partei Rassemblement National stimmt über eine neue Führung ab. Als Favorit gilt ein 27-Jähriger. Wer ist Marine Le Pens „guter Soldat“?

Eine Ära geht in Frankreich zu Ende. Marine Le Pen gibt die Führung der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN) ab. Zwei Kandidaten kämpfen um ihre Nachfolge. Die besten Chancen hat wohl der erst 27-jährige Jordan Bardella. Er gilt als politischer Ziehsohn von Le Pen und tritt gegen den 53-jährigen Louis Aliot an.

Die rund 40.000 Parteimitglieder konnten bis Donnerstag elektronisch abstimmen, bei einem Parteikongress in Paris wird der Sieger an diesem Samstag bekanntgegeben. Die Wahl gilt als Teil einer Strategie von Le Pen, eines Tages doch noch an die Macht in Frankreich zu kommen.

Es gilt als so gut wie sicher, dass Bardella, schon seit September 2021 Interimschef der Partei, die Wahl gewinnen wird. Le Pen will ihre Partei mit ihm verjüngen. Louis Aliot, Bürgermeister von Perpignan, ehemaliger Vizepräsident der Partei und Ex-Freund von Le Pen, gehört als Kandidat dagegen zur alten Parteigarde.

Sie ist der politische Leader, ich bin der General der Armee.

Jordan Bardella über Marine Le Pen

Die Abstimmung ist also auch eine Entscheidung zwischen den „Alten“ und den „Modernen“ der Partei, schreibt die Wirtschaftszeitung „Les Echos“. Le Pen selbst hat das Duell als bisherige Parteichefin nicht kommentiert, aber ihre Entscheidung für Bardella als Interimschef sei im vergangenen Jahr „natürlich nicht neutral“ gewesen, so ein Verantwortlicher der Partei.

Auch wenn der Neue nicht Le Pen heißt, so steht er doch ganz klar unter der Aufsicht der alten Chefin. „Sie ist der politische Leader, ich bin der General der Armee“, erklärte Bardella im Vorfeld.

In Frankreich hat er den Ruf, Le Pens „guter Soldat“ zu sein. Bei der Wahl geht es gerade nicht um eine neue ideologische Ausrichtung, sondern um eine Persönlichkeit an der Parteispitze, die Le Pens Vorstellungen in Zukunft am besten verkaufen kann.

Beide Kandidaten sehen sich als „Marinisten“

Beide Kandidaten betonten deshalb immer wieder, sie seien „Marinisten“, sie würden fest zu den Überzeugungen Marine Le Pens stehen. Diese verbindet in ihrer rechtsextremen Linie die Verteidigung der französischen Identität mit sozialen Aspekten.

Sie will mehr Kaufkraft für weniger Privilegierte in Frankreich und schließt Staatseingriffe in die Wirtschaft nicht aus. Ihr rechtsextremer Konkurrent bei den letzten Präsidentschaftswahlen, Éric Zemmour, ist im Gegensatz dazu ein Wirtschaftsliberaler.

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Le Pen hat Bardella aber auch deshalb ins Rampenlicht gestellt, weil er ihr treu ergeben ist. Der Zögling selbst sieht Le Pen als beste Kandidatin ihrer Partei für die Präsidentschaftswahl 2027. „Sie führt die Opposition, ich organisiere die Partei“, sagt Bardella.

Marine Le Pen baut schon länger Jordan Bardella als ihren Nachfolger beim Parteivorsitz auf.

© Foto: AFP/Alain Jocard

Erst im Sommer dieses Jahres hat Le Pen als Oppositionschefin die Parlamentariergruppe von RN in der Nationalversammlung übernommen, die seit den Wahlen im Juni 89 Abgeordnete zählt. Mit der Abgabe der Parteiführung kann sich Le Pen also von der Parteipolitik distanzieren und sich ganz auf ihre Rolle als Fraktionsvorsitzende konzentrieren.

Die Zusammenarbeit mit dem meist elegant in Anzug und Krawatte gekleideten Bardella hat sich dabei bewährt. Denn Bardella hat gleich mehrere Vorteile. Er stammt aus einer italienischen Einwandererfamilie und ist in einer Sozialwohnung im Pariser Arbeitervorort Drancy aufgewachsen. Anschließend hat sich Bardella hochgearbeitet, kommt also nicht aus der französischen Elite, die Le Pen immer scharf angeht.

Bardella spricht vor allem junge Wähler an

Viele RN-Wähler können sich mit ihm identifizieren. Auch sein Alter ist ein Vorteil, die Partei hat viele junge Wähler aus den unteren Gesellschaftsschichten, die sich durch ihn nun besonders angesprochen fühlen sollen. Dazu kommt, dass die Wahl von Bardella für Le Pen auch eine Familienangelegenheit wäre: Der vermeintliche Kronprinz der Noch-Parteichefin ist mit ihrer Nichte liiert.

16
Jahre alt war Bardella, als er Parteimitglied wurde

Schon mit 16 Jahren ist Bardella der rechtsgerichteten Partei beigetreten, brach für die Politik sein Geografiestudium ab und bewundert die Chefin: „Ich bin nur wegen Marine Le Pen Mitglied geworden.“ Le Pens Liebling präsentiert sich eloquent im Fernsehen und setzt ihre Ideen um, die Partei zu entdämonisieren.

Als Parteichef wäre seine erste große Herausforderung die Europawahl 2024. Bardella hat allerdings auch zwei Nachteile. Er ist in Frankreichs Lokalpolitik nicht verankert, gilt als kalt und undurchschaubar. Die Medien bezeichnen ihn öfter als „Roboter“ oder „Marionette“ von Le Pen.

Unterschätzen sollte Le Pen ihren ehrgeizigen Zögling allerdings nicht. Er hat sehr schnell in der Partei Karriere gemacht, leitete die RN-Jugendorganisation und bewährte sich als Parteisprecher. Beobachte rin Frankreich sehen in ihm die die Zukunft des RN. Sollte Marine Le Pen 2027 die Präsidentschaftswahlen nicht gewinnen, könnte er 2032 antreten. Dann wäre er 37 Jahre alt.

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