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Warteschleife. Das legendäre Schlangestehen vor dem Berghain könnte bald vorbei sein.

© dapd

GEMA-STREIT: Bangen ums Berghain

Gerüchte um die Schließung des Berliner Techno-Clubs versetzen die Szene in Aufregung. Streit um Gema-Tarifreform geht weiter.

Berlin - Berghain, Weekend, Watergate und Schwuz – sind die Nächte in diesen Berliner Clubs bald gezählt? „Wenn die Vorgaben der Gema so bleiben, denken diese Clubs ernsthaft über eine Schließung nach“, sagt Olaf Möller, Vorsitzender der Clubcommission Berlin, dem Zusammenschluss von Club-, Party- und Kulturveranstaltern. Seinen Worten zufolge könnte die letzte Feier im Berghain die Silvesterparty 2012 sein.

Aus der Berliner Club-Szene kommt, wie berichtet, viel Protest gegen die angekündigte Tarifreform der Verwertungsgesellschaft Gema. Die Betreiber sehen durch die Umstellungen der Gema-Gebühren ihre Existenz in Gefahr. Die Schließung bekannter Clubs sei nur die Spitze eines Eisbergs, sagte Möller. Er schätzt, dass 50 Prozent der etwa 200 Berliner Clubs in ihrer Existenz bedroht sind und aus dem Gewerbe aussteigen könnten, sollte die Gema ihre Reform in der jetzigen Form durchsetzen. Die Besitzer des Watergates an der Oberbaumbrücke wollen sich wehren und gegen die Gema klagen, sollte es bei der Reform in der jetzigen Form bleiben. Derzeit befindet sich die Clubcommission Berlin in Gesprächen mit der SPD und den Grünen im Bundestag. Für nächste Woche plant sie ein Treffen Termin mit der CDU.

Die Gerüchte über die mögliche Schließung des Berghains haben die Szene zusätzlich in Aufregung versetzt. Auf seiner Facebookseite schrieb beispielsweise der Berliner Techno-DJ Wolfram Neugebauer alias Wolle Xdp: „berghain schliesst zum 1.1.2013 danke gema! oder sollte ich besser schreiben, danke für diese merkwürdige gesetzgebung, die es einem monopolisten erlaubt, einen ganzen wirtschaftszweig finanziell in den ruin zu treiben?“ Auf welcher Grundlage seine Behauptung basiert, ist nicht klar. Zu weiteren Fragen wollte sich der DJ nicht äußern, sondern verwies an die Betreiber des Clubs. Die Geschäftsführer des Berghains, Norbert Thormann und Michael Teufele, wollten sich auf Anfrage dieser Zeitung jedoch lieber nicht äußern.

Ganz einig ist sich die Szene jedoch nicht über die Folgen der Gema-Reform. Dass die Tarife dem Berghain wirtschaftlich tatsächlich so stark zusetzen und den Betreibern keine andere Wahl als die der Schließung lassen würde, bezweifeln manche Insider. Wenn es zum Aus kommt, dann gebe es verschiedene Ursachen: Einer davon wären  die rückwirkenden Steuernachforderungen des Finanzamts, mit denen dutzende Clubbetreiber der Stadt im vergangenen Jahr konfrontiert wurden, darunter auch die des Berghains. Hintergrund dieser Forderungen ist der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent des Eintrittspreises, der für Veranstaltungen mit Konzertcharakter geltend gemacht werden kann und der vielen Betreibern zunächst auch gewährt wurde. Nun sollen sie jedoch wie konventionelle Tanzveranstaltungen besteuert werden und 19 Prozent abführen. Die Differenz von zwölf Prozent, die von manchen Läden für fünf Jahre rückwirkend gefordert wird, summiert sich bei einigen Clubs auf einen sechsstelligen Betrag.

Ein Indiz, das gegen eine baldige Schließung des Berghains spricht: Erst im vorigen Jahr investierten die Betreiber in den Ausbau eines neuen Veranstaltungsraumes für rund 2500 Gäste. Dieser trägt den Namen Kubus und befindet sich in einem kaum genutzten Teil des Gebäudes. Ursprünglich wollte der Senat dafür 1,25 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung beisteuern. Doch weil ein Konkurrent anonym mit einer Klage wegen Wettbewerbsverzerrung drohte, verzichtete das Berghain auf den Zuschuss und zahlte das Vorhaben aus eigener Tasche.

Bis die neuen Tarifregelungen greifen, werde es noch dauern. Die Reform wird momentan von der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes geprüft. Dies darf höchstens ein Jahr dauern. Die Gema plane eine moderate Einführung der Neuerungen. „Mit den Vertragspartnern wollen wir über verschiedene Einführungsszenarien, wie zum Beispiel eine Staffelungen über mehrere Jahre, als auch über Branchenbesonderheiten, wie beispielsweise Zeitzuschläge verhandeln“, sagte Gema-Sprecherin Ursula Goebel. H. Gieffers/N. Heymann

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