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Das Gut Boltenhof in der Lindenallee 14 in Boltenhof, Brandenburg, aufgenommen am 18. Oktober 2013. Bauer Uwe hat das Landgut erworben und restauriert. Jetzt gibt es dort Ein Hotel mit Restaurant sowie Ferienwohnungen. Außerdem züchtet er Gänse, die Weihnachten dann auf dem Teller landen.

© TSP / Kitty Kleist-Heinrich

Dieses Jahr teuer und rar: Hier gibt es Weihnachtsgänse aus Brandenburg

Dauereinsatz im Stall – wie ist es, zu arbeiten, wenn andere freihaben? Ein Gespräch mit einem Landwirt, der in Brandenburg 600 Gänse und Enten aufzieht.

Freitag um eins - da startet für viele das Wochenende. Für andere geht dann der Stress richtig los. Wir fragen in jeder Ausgabe unseres Unterwegs-Newsletters eine Person aus der Tourismusbranche, was sie in diesem Augenblick beschäftigt.

Eine Weihnachtsgans, das ist dieses Jahr ein echtes Statussymbol. Preistreiber der Tiere sind – neben der allgemeinen Inflation - die Geflügelpest und die wegen des Ukrainekriegs angezogenen Futterpreise. Das weltbekannte Münchener Hofbräuhaus hat Gänsebraten in diesem Jahr von der Karte gestrichen – nicht mehr bezahlbar.

Auf dem Hof von Andreas Schulz in Brück bei Beelitz flattert und pickt das begehrte Gut. Etliche sind vorbestellt, aber es gibt noch Gänse im freien Verkauf. Rund 600 Gänse und Enten zieht er gemeinsam mit seiner Tochter Carolin Peper auf. Die beiden halten außerdem Bio-Milchkühe.

Gänsereich: Carolin Peper und Andreas Schulz. Das Vater-Tochter-Duo zieht in Brück 600 Gänse und Enten auf.

© Ina Schoenenburg

Herr Schulz, was machen Sie gerade?
Um 13 Uhr komme ich aus dem Kuhstall, da machen wir mehrmals am Tag eine Kontrolle, ob alles in Ordnung ist, misten aus, streuen Einstreu nach. Dann geht es auf die Weide – wir portionieren die Fläche, das heißt, wir öffnen regelmäßig einen neuen Abschnitt zum Abweiden. Und ich kontrolliere, ob die Biogasanlage richtig arbeitet. Dann mache ich mir einen Kaffee und setze mich ins Büro – Rechnungen überweisen und Mails beantworten. Im Moment ist da sehr viel zu tun wegen der Bestellung der Weihnachtsgänse. Wir liefern die bis zur Haustür – das ist eine logistische Knobelaufgabe, den Lieferplan zu basteln. Zum Glück macht das meine Tochter. Und wenn es gut läuft, mache ich am Nachmittag einen Powernap, so 20 Minuten. Unser Tag ist lang, wir melken um 6 und abends um 18 Uhr und danach ist nochmal Stallkontrolle. Feierabend ist in der Regel erst gegen 21 Uhr.

Was kommt am Wochenende auf sie zu?
Für Landwirte gibt es kein klassisches Wochenende – die Kühe muss man auch am Samstag und Sonntag melken und die Gänse rauslassen. Aber wir machen da keine Extra-Arbeiten, zum Beispiel Klauenpflege. Man lässt es etwas langsamer angehen.

Herr Schulz, wie muss man sich das Leben einer Gans bei Ihnen vorstellen?
Wir holen die Küken im Juli ab, wenn sie drei Tage alt sind. Da sind sie sehr wärmebedürftig und verbringen die meiste Zeit unter der Rotlichtlampe. Wenn sie Federn haben, dürfen sie raus. Dann leben sie knapp ein halbes Jahr hier auf dem Hof. Ich lasse sie früh raus, sie fressen das Grüne rund um den Hof und Getreide, das wir selbst erzeugen, und sie baden gern in Bottichen. Da brauchen sie keine Aufsicht, sie können sich selbst beschäftigen. Es sind Gewohnheitstiere: Wenn es dämmrig wird, sammeln sie sich schon vor dem Stall. Da kommen sie dann für die Nacht rein, auch wegen der Füchse. Ein paar werden Ende November geschlachtet, auf Bestellung, der Großteil aber am 20./21. Dezember. Das ist dann ein richtiger Marathon – schlachten, rupfen, waschen, ausnehmen. Sie werden gekühlt und dann entweder ab Hof verkauft oder zu Heiligabend ausgeliefert.

Tut Ihnen das leid, wo sie doch so lange auf dem Hof gelebt und geschnattert haben?
Ja, doch, es fällt mir schon schwer, damit anzufangen. Das Schlachten gehört eben dazu, aber Gänse sind wirklich schöne Tiere. Man gewöhnt sich daran, dass sie da sind.

Die meisten Gänse, die in Deutschland verkauft werden, sind importiert. Warum ist eine Gans aus Polen so viel günstiger?
Viele Importgänse leben maximal drei Monate, haben wenig Auslauf und werden intensiv mit Mastfutter gefüttert. Man merkt das am Fleisch – eine Gans von uns ist nicht so fett und hat mehr Muskeln. Dafür schmeckt sie auch ganz anders.

Bio sind Ihre Gänse aber nicht?
Nein. Unser Milcherzeugung ist zertifiziert, wir liefern an eine ökologisch arbeitende Molkerei, aber bei den Gänsen haben wir den Schritt noch nicht gemacht. Das ist eben immer auch mit viel Aufwand verbunden. Sie leben artgerecht, mit frischer Luft und gutem Futter, kriegen keine unnötigen Medikamente, das ist ein ganz guter Kompromiss, finde ich. Manche Kunden wollen sich das angucken, wie die Gänse bei uns leben, das kann man gerne tun.

Sind Sie schon mal auf Gänsen sitzengeblieben?
Höchstens mal eine, die nicht abgeholt wurde. Die essen wir dann selber. Im Moment sind zwei Drittel vorbestellt, ein Drittel ist noch zu haben.

Wann ist die Deadline für Bestellungen?
Bald. Ende November, würde ich sagen, dann sind in der Regel alle weg.

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