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Erinnerungen aus dem Nachlass. Marianne Prochner und Barbara Purschwitz berichteten gestern im Kuze vom Schicksal ihres Onkels, des Kommunisten Walter Klausch.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Treuegelübde am Grab

Nichten erinnern im Kuze an das Schicksal des Kommunisten Walter Klausch

Es ist lange her: Marianne Prochner steht am Grab ihres Onkels, des Kommunisten Walter Klausch, und nimmt Drewitzer Schüler in die Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ auf. Am Grab von Klausch auf dem Friedhof in der Babelsberger Ernst-Thälmann-Straße, heute Großbeerenstraße, werden die Kinder mit einem feierlichen Ritual auf den Sozialismus und die Treue zur Sowjetunion eingeschworen. Prochner ist zu jener Zeit Pionierleiterin an der nach ihrem Onkel benannten Polytechnischen Oberschule „Walter Klausch“ in Drewitz.

Klauschs Grab in Babelsberg ist nach wie vor erhalten. Gestern, 79 Jahre nach seinem Tod, haben Verwandte dort Blumen gepflanzt. Überhaupt stand der gestrige Tag für Marianne Prochner und ihre Schwester Barbara Purschwitz im Zeichen ihres Onkels. Im studentischen Kulturzentrum Kuze in der Hermann-Elflein-Straße berichteten die beiden über ihren gemeinsamen Verwandten.

Die Pioniers-Weihe ist inzwischen Jahrzehnte her. Die Walter-Klausch-Schule heißt heute „Grundschule am Priesterweg“. Die Pionierorganisation ist ganz verschwunden, untergegangen mit dem Land, in dem sie für die junge Garde des Proletariats sorgen sollte. Auch um Walter Klausch ist es still geworden, dem Kommunisten, der Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts für die Babelsberger Ortsgruppe der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) agitierte. Immerhin, eine Straße in Babelsberg trägt noch seinen Namen.

Persönlich kennengelernt haben die beiden Rentnerinnen ihn zwar nie. Doch die Erinnerung an Walter Klausch wurde in der Familie wachgehalten. So wussten die beiden Schwestern am Sonntag einiges von dem Bruder ihrer Mutter Ruth zu berichten. Der 1907 geborene Klausch habe einmal dafür gesorgt, dass es im Potsdamer Kaufhaus an der Brandenburger Straße Flugblätter regnete.

Klausch hatte die Propaganda selbst entworfen. Er wollte die Potsdamer damit vor der Gefahr warnen, die von den erstarkenden Nationalsozialisten ausging. Klausch war wenige Jahre vor der Machtergreifung Hitlers in die KPD eingetreten.

Als die Parteiarbeit für ihn zu gefährlich wurde, kämpfte er im Untergrund weiter, seine Adresse war wohl nicht einmal in der eigenen Familie bekannt. Doch Klausch, der von Beruf Maurer war und noch vor dem Gang in die Illegalität ein Architekturstudium begonnen hatte, wurde trotzdem schnell verraten. Nach kurzer Haft in Potsdam karrte man ihn im Juni 1933 nach Oranienburg. Dort habe man den 26-Jährigen in den Keller einer ehemaligen Brauerei gesperrt, einem Folterkeller der Nazis, berichteten Klauschs Nichten.

Am 16. Juni 1933 verstarb Walter Klausch in den Oranienburger Folterkatakomben. Zunächst habe es geheißen, er hätte Selbstmord durch Strangulieren begangen. Walter Klauschs Vater durfte den Leichnam seines Sohnes noch einmal sehen: Kopf und Brustkorb seien eingedrückt gewesen. Klausch starb wohl eher an den Folgen der Torturen, die er über sich ergehen lassen musste. Keine Selbsttötung, sondern Mord.

Seine Nichte Marianne Prochner bedauerte gestern auf der von den Ultras des SV Babelsberg 03 organisierten Veranstaltung, dass an Walter Klausch und andere Kommunisten heute kaum noch erinnert werde. Auf dem Podium hielt sie das Heft „Wegbereiter unserer Zeit“, eine Sammlung von Biographien kommunistischer Kämpfer in die Höhe. So etwas bekäme man heute nicht mehr. Zudem würden die Schüler keine Arbeiterlieder mehr lernen. Auch die Spanienkämpfer seien fast vergessen.

Über die Opfer der kommunistischen Diktaturen fiel auf der Veranstaltung mit 15 meist jungen Zuhörern gestern, am 17. Juni, kein einziges Wort.

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