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Kultur: „Frauenpfade“

Am 1. November beginnt das 9. Festival der Frauen

Am 1. November beginnt das 9. Festival der Frauen „Frauen bewegen sich nicht so sehr auf Autobahnen, sondern lieber auf Trampelpfaden“, sagt Anna Brömsel vom Frauenzentrum. Diese selbst gesuchten, oft sehr verzweigten Wege bestimmen auch das Programm des 9. Festivals der Frauen, das am 1. November eröffnet wird. Der erste „Frauenpfad“ ist sehr ausgetreten. Er zielt direkt hinein in den größten Potsdamer Konsumtempel, „einem Ort der Lust und Unlust, der Hektik und Verpflichtung“. Drei Darstellerinnen werden im Sterncenter nach einigen Eröffnungsreden mit ihrer Kunstaktion zum Innehalten auffordern und durch provokantes Fragen den Einkaufsstress in andere gedankliche Bahnen lenken. „Lustvoll“ geht es weiter. In einer Lesung wird die Autorin und Heilpraktikerin Rina Nissim die weibliche Sexualität in jedem Lebensalter beschwören. Die Idee zu ihrem Buch kam der Schweizerin nach dem Gespräch mit einem 14-jährigen Mädchen, das zu ihr sagte: „Wenn mein Freund Geschlechtsverkehr mit mir haben will, fühle ich mich verpflichtet, ja zu sagen.“ Rina Nissim stellte sich die Frage: „Sind wir trotz der ,sexuellen Revolution“ und 30 Jahre Frauenbewegung, trotz Infragestellung des Patriarchats, der Entwicklung und Verbreitung der Pille, immer noch nicht weiter gekommen?“ Sie möchte mit Vorurteilen aufräumen und Müttern sagen, was sie an ihre Töchter weitergeben können. Auch die „Friedenstreiberinnen“ finden ihren Weg nach Potsdam. Es sind elf Mutmachgeschichten aus einer weltweiten Bewegung, die Ute Scheub aufschrieb und nun zur Diskussion stellt. Sie beschreibt, wie sich Frauen in Krisenregionen in beispielhafter Weise um Frieden bemühen, wie sie traumatisierte Kriegsopfer unterstützen, Atomwaffenlager blockieren, Flüchtlinge schützen ... Diesem Engagement steht eine erschütternde Bilanz gegenüber: „Frauen sind die Hälfte der Weltbevölkerung, verrichten zwei Drittel der Arbeit, verdienen ein Zehntel und besitzen ein Prozent des Eigentums.“ Diese UN-Statistik geht auf Krishna Ahooja-Patel zurück, einer indischen Professorin, die der Internationalen Frauenliga vorsteht. Sie hat diese Zahlen 1978 errechnet. Inzwischen aber habe die Globalisierung die Ungleichheit noch weiter vergrößert, die Frauen besäßen jetzt noch weniger als ein Prozent, so Krishna in dem Scheub-Buch. Vom Mut, auf Eigenes zu setzen, erzählen auch die Lieder von Twana Rhodes. Sie verleiht ihren kritischen Worten eine faszinierende Stimme. Gern wird die in Berlin lebende Texanerin als treffliche Melange aus der divenhaften Stimme von Whitney Houston, der Sinnlichkeit Sades und der emotionalen Kraft von Melissa Etheridge beschrieben. Nun möchte sie mit ihren jazzig-souligen Liedern das Waschhaus-Publikum mit auf ihren ganz besonderen musikalischen Pfad nehmen. Ein vertrauter Ort des Frauenfestivals ist das Filmmuseum. Dort kann man auf ferne Wege wandeln. Mit „Den Tigerfrauen wachsen Flügel“ ist ein Film aus Taiwan zu sehen, der auf der Berlinale 2005 Zuspruch fand. Anhand von drei Frauen wird ein Bild über die dortige, besonders rasante Entwicklung gezeichnet: berichtet wird über das moderne wie traditionelle, das verschlossene und weltoffene, das heitere und melancholische Taiwan. Ein spanischer Film, der genauso gut in Deutschland angesiedelt sein könnte, ist „Öffne meine Augen“. Er erzählt von Pilar, die immer wieder von ihrem eifersüchtigen Mann geschlagen wird, aber nicht von ihm loskommt. Zu sehen ist ein vielschichtiges Abhängigkeitsverhältnis, pendelnd zwischen Hass und Liebe, Gewalt und Zärtlichkeit. Heitere Töne schlägt hingegen „Das Hochzeitstape“ aus Chile an, das von dem Rachefeldzug einer Fast-Braut erzählt. Um dieses spannende Festivalprogramm auf den Weg zu bringen, hatten Anna Brömsel und Heiderose Gerber kaum Zeit. Die beantragten 5450 Euro kamen viel zu spät, so dass das Festival nach hinten verschoben werden musste. Die „Frauenpfade“ kamen dennoch zustande, Frauen lassen sich eben nicht so schnell von ihrem Ziel abbringen, auch wenn der Weg oft steinig ist.Heidi Jäger

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