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Kultur: Weit ausgreifend „Festkonzert“ mit der Kammerakademie Potsdam

Kompositionen von Friedrich Zwo habe man ja in diesem Jahr schon genug im Programm. Heute wolle man lieber Musik spielen, die er gern gehört habe.

Kompositionen von Friedrich Zwo habe man ja in diesem Jahr schon genug im Programm. Heute wolle man lieber Musik spielen, die er gern gehört habe. So locker flockte die Moderation von Nikolaus Bernau im sogenannten „Festkonzert“ anlässlich des Welterbetages, für den sich die Organisatoren eine Spurensuche durch die Musikgeschichte vorgenommen hatten. Sie sollte mit dem Potsdamer Welterbe und auch gleich noch mit dem Habsburger Königshaus zu tun haben. Folgerichtig erwies sich die Dramaturgie als etwas bemüht, musste sie doch einen weiten, vielleicht zu großen Bogen von Carl Philipp Emanuel Bach über Felix Mendelssohn Bartholdy bis hin zum Potsdamer Komponisten Gisbert Näher schlagen. Das erforderte viele Worte, worunter die Musik durchaus litt.

Dabei begann dieser lange Samstagabend im Nikolaisaal mit einer ordentlichen Überraschung. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der knöcherne Soldatenkönig, Friedrichs gestrenger Vater, Händel gemocht haben soll? Auch als Reverenz an das Kronjubiläum in London spielte die Kammerakademie Potsdam schlanke Häppchen aus der bekannten „Wassermusik“, wechselte dann in den Potsdamer Klassizismus des berühmten Bachsohnes und kam bei der „Italienischen Sinfonie“ heraus. In gewohnter Qualität präsentierte sich das als kultureller Botschafter der Stadt vielgerühmte, wenn auch nicht entsprechend finanziell ausgestattete Orchester. Nur die Versatzstückkultur musste doch arg befremden.

Von besonderem Interesse war vor allem der erst 26 Jahre junge Cellist Maximilian Hornung, der im vergangenen Jahr mit dem Echo Klassik-Preis als Nachwuchskünstler ausgezeichnet worden war. Er spielte Carl Philipp Emanuel Bachs Cellokonzert mit einer erstaunlich romantizistischen Ader und noch erstaunlicheren Intonationsschwankungen. Sein Ton glänzte dunkel bis erdig, sein Strich war satt, aber unspezifisch. Mit dieser Art zu musizieren hätte er praktisch jedes Werk interpretieren können; eine besondere Affinität zum preußischen Hofcompositeur konnte man ihm nicht unbedingt anhören. Den Beweis dafür trat er mit dem langsamen Satz aus Jean-Louis Duports Cellokonzert an, dessen doch immer noch klassische Romanze arg ins Süßliche geriet. Freilich war dieses Stück nicht gerade das Meisterwerk des Abends; der französische Virtuose, der an der Hofkapelle von Friedrich Wilhelm II. spielte, gehört ganz offensichtlich zu den vergessenen Meistern.

Unter der Leitung des jungen Dirigenten Christoph Altstaedt begeisterte indes die Kammerakademie mit ihrer zurückhaltenden, stilsicheren Begleitung und ihrer immer wieder erstaunlichen Wandelbarkeit. Je nach Stück kann sie sich sehr wohl in die jeweilige Epoche einfühlen. Besonders offensichtlich wurde das in der Ouvertüre zu Mendelssohns Schauspielmusik zum „Sommernachtstraum“, die 1843 im Neuen Palais uraufgeführt wurde. Zwar gerieten auch hier die gefürchteten Holzbläsereinsätze am Anfang etwas auseinander. Mit weit ausgreifenden Gesten führte Altstaedt aber zu einer insgesamt äußerst federnden, durchgelüfteten Interpretation, die völlig ohne Sentimentalität auskam.

Einen angeblich modernen Akzent hätte die filmmusikreife Szeneriemusik „Belvedere bei Nacht“ aus der Persius Suite des Potsdamer Komponisten Gisbert Näther setzen sollen. Aber diese Art von formaler Rückwärtsgewandtheit blieb dann doch eher ein zeitgenössisches Feigenblatt der Weltgewandtheit, zwar umjubelt, aber doch nur epigonal. Und irgendwie passte das ja zum Anlass des Konzertes, das die Pflege des Vergangenen feiern sollte. Für Zukünftiges schien da kein Platz.Christian Schmidt

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