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Kultur: Wenig Substanz

Höfische Festspiele bringen Kindern Respekt vorm Alten Fritzen bei

„Noch mal da hingehen“, fordert Klein Gustaf dem Herrn Papa ab und meint damit eindeutig das Familienprogramm „Der starke Prinz“ der Höfischen Festspiele, die es sich zum Ziel setzen, selbst Kindern schon Respekt vorm Alten Fritzen beizubringen. Nun müssen ja selbst Zeitgenossen, die mit dem Weihewahn dieser Tage aus guten Gründen eher fremdeln, zugeben, dass Friedrich II. es mit seiner umfassenden Bildung, Einsicht und Aufgeklärtheit am ehesten ins Walhall der großen Politiker dieses Landstrichs schaffen dürfte. Aber die vielen Spielarten von unterwürfigen Huldigungen an das monarchistische Preußen und seinen größten Exegeten muten doch zuweilen etwas seltsam an.

Umso erfrischender, dass sich mit dem Ensemble Celeste Sirene ein Duo fand, das in historischen Kostümen die alles andere als rosige Kindheit des kleinen Friedrich darstellte, nicht ohne das Kunststück, den Prinzen selbst nie auftreten zu lassen außer am Anfang in Gestalt einer Babypuppe. Das Greinen übernahm Niels Badenhop als gestrenger Papa und Soldatenkönig gleich selbst; seinen Lieblingshund führte Partnerin Christiane Gerhardt als Stofftier durch die Tapetenwand, und die Begegnungen mit seiner Lieblingsschwester Wilhelmine absolvierte Friedrich lieber gleich als Kasperletheaterfigur.

Dieser frechen Einfälle gab es viele, und sie hätten – Menuettkurs inklusive – ziemlich lustig werden können, wenn sie mehr als improvisiert umgesetzt worden wären. So aber wollte das Programm, das am Sonntag Premiere in der Villa Tieck hatte, mehr, als es mit zwei Personen vermitteln konnte. Die Kapitel waren reichlich plump aneinandergereiht, und von den tatsächlichen Qualen, denen der spätere König von Seiten seines Vaters ausgesetzt gewesen sein muss, bekamen die jungen Zuschauer nur ansatzweise etwas mit. Denn dessen überdrehte Darstellung erschöpfte sich vor allem darin, nachgerade hyperventilierend seinen Regentenstab auf den Boden zu klopfen, was wohl Strenge meinte und als schwer fasslicher Ulk ankam. In gänzlich irritierte Kindergesichter blickte man dann, wenn die Aktionen des sichtlich geforderten Paares über weite Strecken hinter ihrer Bühnenwand und also nicht sichtbar vor sich gingen.

Friedrich Zwo, der schon als 27-Jähriger mit Voltaire korrespondieren sollte, muss ein wissensdurstiger und willensstarker, aber auch sehr emotionaler Knabe gewesen sein. Von seinem inneren Wesen erfuhren die Kinder indes nichts, außer dass er den Vater fürchte – ziemlich wenig Substanz für eine Dreiviertelstunde. Vielleicht wird die Wiederholung besser: Ab 6. Mai soll das Programm in der Villa Tieck mehrmals aufgeführt werden. Christian Schmidt

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