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Bis zu 140 Euro mehr müssen manche Eltern in Michendorf bald für die Betreuung ihrer Kita-Kinder aufbringen.

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Über 40 Prozent mehr fürs Betreuen: Michendorf erhöht Kita-Gebühren

Ab 2023 steigen in Michendorf die Betreuungs-Kosten für viele Familien an. Geringverdiener sollen dadurch entlastet werden. Aber es gibt Kritik.

Viele Familien in Michendorf müssen ab dem 1. Januar 2023 für die Betreuung ihrer Kinder erheblich mehr Geld ausgeben. Die Gemeinde hat die Kostenbeitragssatzung geändert. Der entsprechende Beschluss erging in der Gemeindevertretersitzung im September. Nun wurden die neuen Beitragsbescheide verschickt. In der Gemeinde regt sich Widerstand gegen die Erhöhung, die teils mehr als 40 Prozent ausmacht. Die CDU-Fraktion in Michendorf plant, den Beschluss zu kippen.

„Es ist in diesen Zeiten das falsche Signal an Familien“, sagte Jens Schreinicke, Fraktionsvorsitzender der CDU in Michendorf. Es könne nicht sein, dass Eltern, die jeweils 2000 Euro netto nach Hause bringen, über Gebühr belastet werden. Die Fraktion hatte in der Sitzung im September gegen die Erhöhung gestimmt.

430 Euro statt 300 Euro

Die neue Satzung sieht vor, dass Eltern mit einem Netto-Haushaltseinkommen von mehr als 4.951 Euro im Monat für eine sechsstündige Betreuung eines Kindes künftig statt 300 Euro 430 Euro zahlen. Zwischen sechs und neun Stunden steigen die Beiträge bei einem Kind von 310 Euro auf 440 Euro. Und bei über neun Stunden Betreuungszeit sind es 450 Euro. 450 Euro müssen künftig auch schon Familien mit einem Einkommen ab 4.151 Euro bezahlen. Bislang sind dafür ebenfalls 310 Euro fällig.

Familien in Michendorf kritisieren, durch die neuen Gebühren müssten sie knapp 10 Prozent ihres Einkommens, in manchen Fällen sogar bis zu 14 Prozent, monatlich für die Kinderbetreuung aufbringen. „Die zusätzlichen finanziellen Belastungen dieser neu beschlossenen Kostenbeitragssatzung sind erschreckend für eine Gemeinde, die sich bewusst familienfreundlich darstellt“, heißt es in einem offenen Brief von Eltern aus Michendorf, die sich in der Initiative „Keine Erhöhung der Kita-Gebühren“ zusammengeschlossen haben.

„Es gibt kein Bio-Essen und häufig gekürzte Öffnungszeiten“, kritisiert Juliane Prütz, Mutter von drei Kindern aus der Gemeinde und Mitgründerin der Initiative. „Wohin geht denn das Geld dann?“

Mutter Juliane Prütz

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Gemeinde: Nur rund 120 Familien müssen mehr zahlen

Die Gemeinde begründet die Erhöhung der neuen Satzung unter anderem mit der Vollverpflegung sowie Hygieneprodukten, die die Einrichtungen mit insgesamt rund 620 Kita-Plätzen seit 2020 bereithalten müssen. „Windeln, Cremes, darum müssen sich die Eltern nun nicht mehr kümmern“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Soziales und Bildung, Annick Sargk-Sternad.

Auch ein Argument der Kommune für die neuen Gebühren: niedrigere und mittlere Einkommensgruppen sollen durch die neue Berechnung entlastet werden. Laut der neuen Tabelle wird der Höchstbetrag von 430 Euro für ein Kind bei einer Betreuung von bis zu sechs Stunden erst ab einem Einkommen ab 4.951 Euro fällig, bislang mussten bereits Eltern mit einem Haushaltseinkommen von 3.868 Euro den Höchstbeitrag von 300 Euro zahlen. Laut der Gemeinde müssen nur etwa rund 120 Familien ab Januar 2023 mehr zahlen. Alle anderen würden den gleichen Beitrag zahlen oder entlastet.

Grüne finden Mehrbelastung von Besserverdienern richtig

„Das ist nicht richtig“, sagt Prütz. „Wir sind gut vernetzt in der Gemeinde und wir kennen keine Familie, die weniger zahlen muss.“ Vielmehr überlegten nun einige Familien, ob sich eine Vollzeitstelle noch lohne, wenn die Betreuungskosten den Mehrerlös durch die volle Stelle aufzehrten.

Michendorfs Bürgermeisterin Claudia Nowka (Bündnis für Michendorf)

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„Eine Mehrbelastung von Besserverdienern finde ich total in Ordnung und richtig“, sagt hingegen Hardy Schulz, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Michendorf. Die Gemeinde habe im Sozialausschuss versichert, dass mehr Familien ent- als belastet werden. „Wir vertrauen auf die Berechnung.“

Geringverdiener entlasten

„Beide Satzungen haben ihre Vor- und ihre Nachteile“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Kaspar. „Eine Übergangsregelung oder eine Meistbegünstigungsklausel, bei der diejenige Satzung greift, die für die jeweilige Familie günstiger ist, wäre gut gewesen.“ Aber das habe die Gemeinde abgelehnt.

Ernst Joachim Sattler, Fraktionsvorsitzender des Bündnisses für Michendorf findet es richtig, Geringverdiener zu entlasten. „Die meisten in Michendorf können sich die neuen Kosten leisten.“ Außerdem sei der Haushalt mehr als angespannt. Der müsse auf breiten Schultern getragen werden.

Danilo Fischbach, Sprecher beim Landeskitaelternbeirat Brandenburg, kritisiert die Kostenerhöhung. Bereits seit Längerem stiegen in den Kommunen im Land die Elternbeiträge. Schuld daran sei der Gesetzgeber. „Die Kommunen können abrechnen, was sie wollen, egal, ob das die Gartenlandschaft vor der Einrichtung oder der Baumschnitt ist.“

Sprecher vom Landeskitaelternbeirat Danilo Fischbach

© privat

Info-Abend für Familien am 7. November

In einem Offenen Brief hatte der Beirat im vergangenen Jahr die Landesregierung aufgefordert, Grenzen gegen die Erhöhungen zu setzen. „Das Problem ist bekannt. Aber es wird einfach ausgesessen.“ Fischbach sagt: „Eine Umverteilung auf Kinderköpfen vorzunehmen, das lehnen wir ab“.

Am 7. November hat die Gemeinde Familien zu einem Info-Abend geladen, dort will sie über die Berechnung der neuen Kosten informieren.

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