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Plötzlich demütig? Bernard Tomic, Australiens Tennis-Hoffnung.

© Reuters

Australiens Tennishoffnung: Bernard Tomic: Der begnadete Querkopf

Bernard Tomic ist der Hoffnungsträger der Gastgeber bei den Australian Open – wirklich beliebt aber ist er bei seinen Landsleuten nicht.

Die Australian Open hat Bernard Tomic längst gewonnen. Fünf Jahre ist es her, da war der Australier mit seinen 15 Jahren sogar der jüngste Champion aller Zeiten – allerdings bei den Junioren. Dennoch war da plötzlich einer, der den Tennisverrückten auf dem fünften Kontinent Hoffnung machte. Vielleicht vermochte ja dieser Tomic, die nunmehr 37 Jahre andauernde Durststrecke bei ihrem Heim- Grand-Slam endlich zu beenden. Seit Mark Edmondson im Jahr 1976 hatte kein Australier mehr in Melbourne triumphiert, eine Schmach für die einst so große Tennisnation.

Und Tomic hat enormes Potenzial, daran zweifelt niemand. Doch die Australier haben es nicht leicht mit ihm. Seit zwei Jahren spielt er bei den Erwachsenen mit und ist doch selbst alles andere als erwachsen. Kaum einen Skandal hat der inzwischen 20-Jährige bisher ausgelassen. Mal liefert er sich in seinem Sportwagen Verfolgungsjagden mit der Polizei, dann wieder prügelt er sich auf Partys herum und und gibt den ungehobelten Rüpel, auch auf dem Tennisplatz. Zudem liegt sein impulsiver Vater, der die Familie während des Balkan-Krieges über Deutschland nach Australien brachte, ständig mit dem Verband im Clinch. So einem Stänkerer sollen sie nun zujubeln?

Dabei hatten sie sich in Down Under schon jahrelang mit Lleyton Hewitt abgequält, der ein ähnlich borstiger Kläffer gegen Gegner, Zuschauer und die Medien gewesen ist. Doch Hewitt reifte und aus der Hassliebe von einst wurde bei seinen Landsleuten echte Zuneigung. Für Tomic klatschten die Australier bisher eher aus einem patriotischen Pflichtgefühl heraus. „Bernard weiß, dass er sehr gut ist, aber er hat so einiges, an dem er arbeiten muss“, sagt Davis-Cup-Kapitän Patrick Rafter. Tomic verfügt über eine begeisternde Spielanlage, denn obwohl er hoch gewachsen ist, zählt er nicht zu jenen jungen Spielern, die nur wahllos auf die Bälle draufdreschen. Tomic hat Spielwitz, er weiß, wie man taktiert. So brachte er es bis auf Rang 24 der Welt.

Sein Problem ist, dass er schon seit frühester Jugend im Fokus einer breiten Öffentlichkeit stand und die großen Erwartungen schürte. Bernard Tomic war eigentlich viel zu früh viel zu satt, woraus sein großspuriges Gehabe resultiert. Er gefällt sich mit markigen Sprüchen wie: „Wenn ich auf den Platz gehe, dann nur, um zu gewinnen!“ Das aber verträgt sich nur bedingt mit seinen Leistungen. In der vergangenen Saison, es war seine erste komplette auf der ATP-Tour, spielte Tomic viel zu viel, trainierte zu wenig und fiel im Ranking bis auf Platz 64 ab. Man unterstellte ihm, er würde Matches einfach abschenken. Auch Patrick Rafter reihte sich ein in den Chor der Kritiker, er nannte Tomic’ Verhalten bei den US Open „eine Schande“ und warf ihn vorerst aus dem Davis-Cup-Team. Rafter hatte einfach genug von Tomic. Dabei schien gerade der zweimalige Grand-Slam-Sieger einen so positiven Einfluss auf Tomic zu haben. Es war vor allem seiner Arbeit zu verdanken, dass Tomic sich vor anderthalb Jahren auf einmal manierlich benahm und sich in Wimbledon durch die Qualifikation bis ins Viertelfinale spielte. Doch der Effekt verpuffte schnell. Momentan sprechen Tomic und Rafter nicht mehr miteinander.

Niemand weiß so recht, was den neuesten Sinneswandel des begnadeten Querkopfes ausgelöst hat. Denn seit dem Beginn dieses Jahres wirkt Tomic wie verwandelt. „Ich habe viel falsch gemacht, aber ich weiß jetzt, was ich will“, sagte er und legte gleich acht Siege in Folge hin, darunter einen gegen den Weltranglistenersten Novak Djokovic beim Hopman Cup. Gerade erst hat er das Turnier von Sydney gewonnen, sein erstes überhaupt auf der Tour. Und plötzlich jubelten ihm seine Landsleute aus freien Stücken zu, denn Tomic begegnete ihnen erstmals mit Demut. Nun hoffen sie, er könne den Schwung mit nach Melbourne bringen, doch dort wartet in der dritten Runde wohl Roger Federer. „So wie ich jetzt spiele, kann mich niemand stoppen“, sagte er und kündigte an, er wolle bis zum Jahresende in die Top Ten der Welt einziehen. Das klingt schon wieder verdächtig nach dem alten Bernard Tomic.

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