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Sport: Die richtige Kulisse

Solche Momente sind in seinem Leben eigentlich nicht vorgesehen. Franz Beckenbauer wusste nichts zu sagen.

Solche Momente sind in seinem Leben eigentlich nicht vorgesehen. Franz Beckenbauer wusste nichts zu sagen. Entschuldigend hob er die Hände kurz nach dem Abpfiff dieses wenig erbaulichen 2:1 im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den VfL Wolfsburg, als er sich von einem Dutzend Reporter umzingelt sah. Auf dem Weg ins warme Stadioninnere musste er erst einmal seine Gedanken ordnen. Offenbar gelang es ihm. Im gleißenden Licht der Fernsehkameras hatte der Chef des FC Bayern München seine Deutungsfähigkeit zurückerlangt: "Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden. Aber in einem ohnehin schon langweiligen Stadion, wenn dann noch keine Zuschauer da sind, wie mag sich da ein Spieler fühlen, wenn keine Atmosphäre aufkommt?"

Vielleicht hätte sich Beckenbauer ein wenig Mitleid für das Publikum aufheben sollen. 4000 hatten sich entschieden, den Abend im Olympiastadion zu verbringen, vermutlich hätten sich nicht viele ein zweites Mal dazu bereit erklärt. 4000 Zuschauer, so wenig wie nie in den letzten 20 Jahren, und dennoch war es eine angemessene Kulisse für ein Spiel, das "so dahinplätscherte", wie Beckenbauer sagte; ein Spiel, das den Eindruck verfestigte, der müde Kick gehöre noch zur Vorbereitung. Immerhin haben die Münchner die Ausweitung des historischen Tiefs bei der Zuschauerzahl auf die sportliche Situation abwenden können. Nach zuletzt sechs sieglosen Spielen in der Meisterschaft hat sich der FC Bayern für das Viertelfinale im Pokal qualifiziert.

Doch vor dem Aufbruch ins Liga-Jahr am Sonnabend bei Schalke 04 blieb das angemeldete Signal der Stärke an die Konkurrenz aus. Für Claus Reitmaier war das alles wenig rätselhaft. "Wir haben schon im Dezember (beim 3:3 in der Bundesliga, d. Red.) gesehen, dass es bei Bayern nicht läuft," sagte der Torwart, "wieso sollte sich das in der Winterpause geändert haben?" Tatsächlich scheint der Vorbereitungs-Trip ins sonnige Marbella für Hitzfelds Mannen keine sportliche Wende gewesen zu sein. "Man hat klar gesehen, dass es noch Steigerungsmöglichkeiten gibt", lautete das wohlwollende Fazit von Rückkehrer Jens Jeremies. Über weite Strecken der ersten Halbzeit sahen sich die Hausherren eingeschnürt vom Gast aus Wolfsburg, der dem 2:0 lange Zeit näher war als die Bayern dem Ausgleich. Konzept- und erfolglos bemühten sich neben Jeremies die anderen potenziellen Führungskräfte Effenberg und Scholl um konstruktiven Spielaufbau. Ein paar Freistöße waren das mickrige Resultat, immerhin fand einer davon den Weg ins Netz. "Michael Tarnat hat uns mit seinem Tor zurück ins Spiel gebracht", sagte Hitzfeld.

Die Defizite im Spiel des Weltpokalsiegers waren jedoch so unübersehbar wie die Lücken auf der Tribüne. Kapitän Effenberg, der für die restlichen vier Monate seiner Münchner Schaffenszeit unmissverständlich die Führungsrolle reklamiert und bedingungslosen Gehorsam eingefordert hatte, war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. "Stefan hat sehr routiniert gespielt", sagte Hitzfeld. Der Trainer übte sich bei der Bewertung seines Führungsspielers als Diplomat. Dass seine eigene Position durch die anhaltende spielerische Talfahrt nennenswert geschwächt ist, sieht Hitzfeld nicht. "Normalerweise kommentiere ich so etwas gar nicht", entgegnete Hitzfeld auf die Kunde, dass ein Wettbüro seinen Namen in die Top five der Trainer-Wackelkandidaten aufgenommen hat. Grund zur Beunruhigung ist dies tatsächlich nicht. Allzu nah dran am Geschehen scheinen die Mitarbeiter des Wettbüros nicht zu sein: FC Bayern heißt dort der Favorit auf die Deutsche Meisterschaft 2002.

Daniel Pontzen

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