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Ein gutes Paket. Bei Hertha BSC setzen sie auf Jessic Ngankam, der lange außen vor war.

© IMAGO/Matthias Koch

Ein Neuzugang, der gar nicht neu ist: Hertha BSC setzt in der Offensive auf Jessic Ngankam

Im Testspiel gegen den Club de Lyon feiert Jessic Ngankam nach langer Pause sein Comeback. Seine Qualitäten kann Hertha BSC in der Rückrunde gut brauchen.

Jessic Ngankam und Dodi Lukebakio rangelten um die Ausführung des Elfmeters. So sehr, dass sich sogar ihr Chef zu einem Machtwort genötigt sah. „Jessic!“, rief Sandro Schwarz, der Trainer von Hertha BSC. Und Lukebakio trollte sich.

Wobei fraglich ist, ob es dieser Intervention wirklich bedurft hätte. Denn Jessic Ngankam, 22 Jahre alt, besitzt die Fähigkeit, andere leiden zu lassen. Die Begegnung mit ihm ist „immer unangenehm“, sagt Schwarz. Ngankam, 1,85 Meter groß, 87 Kilogramm schwer, verfügt über einen Körper, den man lieber nicht zum Feind hat. Im Zweifel hätte er sich vermutlich auch ohne Hilfe vom Chef gegen Lukebakio durchgesetzt.

Wie auch immer: Am Ende war es Jessic Ngankam, der den den Elfmeter zum 3:0-Endstand gegen den US-amerikanischen Viertligisten Club de Lyon FC verwandelte. In einem Testspiel in der Wintervorbereitung, einer Begegnung also, in der es eigentlich ziemlich egal ist, wer die Elfmeter schießt. Umso bezeichnender, dass Trainer Schwarz überhaupt eingegriffen hatte.

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Zwei Testspiele hat Hertha am Sonntag in Bradenton bestritten. Beide haben die Berliner für sich entschieden. Schwarz konnte durchaus zufrieden sein, erst recht über das 7:1 (3:1) gegen The Villages FC im zweiten Teil des Doppelspieltags. Oder über die drei Tore, die Mittelstürmer Wilfried Kanga dazu beigesteuert hatte. Und natürlich auch über die Profidebüts der beiden 17-Jährigen Tim Goller und Pascal Klemens aus dem eigenen Nachwuchs.

Sandro Schwarz aber hob vor allem das Comeback von Jessic Ngankam hervor, den er gegen den Club de Lyon zur zweiten Halbzeit eingewechselt hatte. „Das ist die beste Nachricht“, sagte er.

Der bullige Stürmer hat eine schwierige Phase hinter sich. Im Sommer 2021 war er von Hertha auf Leihbasis zum Bundesligaaufsteiger Greuther Fürth gewechselt; zwei Tage später riss ihm das Kreuzband. Vor dieser Saison holte Hertha den gebürtigen Berliner zurück, zahlte gar eine halbe Million Euro an die Fürther, die zuvor von ihrer Kaufoption für Ngankam Gebrauch gemacht hatten.

Doch schon an einem der ersten Tage der Saisonvorbereitung, im Trainingslager in Kienbaum, verletzte er sich bei einem Pressschlag erneut am Knie, musste wieder operiert werden und fiel für drei Monate aus – ehe er Ende des Jahres wegen eines Muskelfaserrisses pausieren musste.

Kaum zu halten. Ngankams letztes Pflichtspieltor für Hertha BSC war ein überaus wichtiges.

© Ulrich Hufnagel / Hufnagel PR /

So standen für Ngankam bis zum Sonntag gerade mal zwei Einsätze in dieser Saison zu Buche: einer mit Herthas U 23 gegen Germania Halberstadt in der Regionalliga Nordost und einer im Freundschaftsspiel der Profis gegen den 1. FC Frankfurt. „Ich hatte etwas mit meinen Verletzungen zu kämpfen und bin froh, dass diese Zeit nun vorbei ist“, hat er dieser Tage im Trainingslager in Florida gesagt. „Ich freue mich einfach, dass ich topfit bin und nichts mehr spüre – außer Muskelkater.“

Sein Treffer am Sonntag war ein eher unbedeutender in der Geschichte von Hertha BSC, aber ein umso wichtigerer für Jessic Ngankam. Wenn auch nicht ganz so bedeutend wie sein bis heute letztes Pflichtspieltor für Hertha, das ihm am 12. Mai 2021 in der Arena auf Schalke gelungen ist.

Sein Beitrag: Tore

Ngankam erzielte damals den 2:1-Endstand gegen Schalke 04 und leistete auf diese Weise einen entscheidenden Beitrag zu Herthas Verbleib in der Fußball-Bundesliga. Erst durch diesen Sieg hatte die Mannschaft die Rettung wieder in eigener Hand. Ngankam, das Gesicht beim Jubeln vor Freude fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, war kaum zu halten. „Ich bin ein richtiger Herthaner“, sagte er nach seinem Treffer. „Da ist man umso stolzer, der Mannschaft ein bisschen geholfen zu haben.“

Tore waren schon immer sein wertvollster Beitrag. In der U-17-Bundesliga hat Ngankam in 24 Spielen 13-Mal getroffen. Für die U 19, mit der er 2018 Deutscher Meister geworden ist, waren es sogar 29 Tore in 48 Bundesligaspielen und in der Youth League 4 Tore in 6 Spielen. Auch bei Herthas Profis besteht durchaus Bedarf an Toren und offensiver Wucht – erst recht, nachdem im Sturm durch den Weggang von Davie Selke eine Planstelle frei geworden ist.

Sportgeschäftsführer Fredi Bobic ist in Bradenton gefragt worden, ob Hertha auf Selkes Abschied nicht noch reagieren und einen neuen Stürmer verpflichten müsse. „Wir haben ja einen Neuzugang“, antwortete er. „Jessic. Von dem halten wir brutal viel.“ Trainer Schwarz lobt das „im wahrsten Sinne des Wortes“ Paket, das Ngankam mitbringe, nämlich Robustheit, Tiefgang und Fleiß in der Arbeit gegen den Ball.

Jessic Ngankam ist zu allem bereit. „Ich bin motiviert und habe Bock, endlich richtig loszulegen“, hat er zuletzt gesagt. Das Tor am Sonntag war zumindest mal ein Anfang.

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