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 Julio Cesar La Cruz gewann in Tokio im Schwergewicht Gold.

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Boxen bei Olympia: Es war einmal ein faszinierender Sport

Von seiner einstigen Stahlkraft ist dem Boxen wenig geblieben. Die Verfehlungen der Aiba-Funktionäre wiegen schwer – auch in Tokio. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Michael Rosentritt

Der große Teofilo Stevenson würde sich im Grabe umdrehen, wenn er miterleben könnte, wie tief seine Sportart gefallen ist. Der einst beste Amateurboxer der Welt – nur der Ungar Laszlo Papp und Stevensons kubanischer Landsmann Felix Savon konnten wie er dreimal Olympiasieger werden – hatte seinerzeit Menschen weltweit in seinen Bann gezogen. Ein Kampf gegen Ali, der nie zustande kam, hätte wahrscheinlich mehr Leute vor die Fernseher gelockt als die Mondlandung.

Nur mit außergewöhnlichem Stehvermögen vor dem Fernseher und reichlich Glück dazu, konnte der geneigte Fan in Tokio sehen, wie Stevensons Landsmann Julio Cesar La Cruz im Schwergewicht Gold gewann. Boxen ist bei den Spielen ins Abseits geraten, von Nischensportarten wie Judo und Ringen längst überholt.

Olympia-Gold in den prominenten Box-Limits war dabei über Jahrzehnte eine Art Freifahrtschein zu Ruhm und Reichtum bei den Profis. Ein gewisser Cassius Clay (1960) fand über das olympische Boxen ebenso zu den Profis wie Joe Frazier (1964), George Foreman (1968), Lennox Lewis (1988), Wladimir Klitschko (1996) oder Anthony Joshua (2012).

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Von dieser Strahlkraft ist dem Boxen fast nichts mehr geblieben. Und beinahe hätte es in Tokio nicht einmal ein olympischen Boxturnier gegeben. Vor zwei Jahren hatte das Internationale Olympischen Komitee (IOC) den Weltverband der Amateurboxer, die Aiba, wegen Finanzmissbrauchs, dunkler Machenschaften und Wettkampfmanipulation suspendiert.

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Boxen ist immerhin seit 1904 olympisch und mit über 200 Mitgliedsstaaten größer als die Vereinten Nationen. Umso schwerer wiegen die Verfehlungen der Aiba-Funktionäre. Inzwischen kämpft der Verband um seine Wiederanerkennung und geht Reformen an. Die Aiba hat dafür in Richard McLaren den bekanntesten Bekämpfer von Sportkorruption engagiert. Er soll insbesondere den Kampfrichter-Skandal bei den Spielen von Rio aufklären.

Erst wenn man sich sich auf Kampfurteile verlassen kann, zählt wieder das, was die Boxer und Boxerinnen im Ring zeigen. Vielleicht hat dann das Boxen eine neue Chance, wieder so zu faszinieren, wie das fast 50 Jahre lang der Fall war.

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