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Ganz wichtig für Hertha BSC: Matheus Cunha

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Wer sind die Schlüsselspieler im Derby?: Hertha gegen Union, das ist auch Matheus Cunha gegen Max Kruse

Hertha BSC gegen den 1. FC Union - das ist auch das Duell von Matheus Cunha und Max Kruse. Wir vergleichen die Schlüsselspieler der beiden Berliner Vereine.

Das Derby im Olympiastadion zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union ist auch das Duell der beiden herausragenden Kicker Matheus Cunha und Max Kruse.

MATHEUS CUNHA

DER TYP

Auf den ersten Blick erfüllt Matheus Cunha ziemlich perfekt das Klischee eines exzentrischen brasilianischen Fußballspielers. Er ist an auffälligen Stellen tätowiert und wechselt gelegentlich Schnitt und Farbe seiner Frisur, so wie es bei Hertha BSC früher auch Marcelinho getan hat, ein Musterbeispiel des exzentrischen brasilianischen Fußballspielers.

Abseits des Platzes scheint Cunhas Leben, soweit man das beurteilen kann, allerdings nicht besonders exzessiv zu sein. Und das hat auch etwas mit dem ersten Berliner Derby zu tun, an dem er beteiligt war.

Im Mai gewann Hertha 4:0 gegen Union, Cunha erzielte den dritten Treffer für sein Team und wurde kurz danach ausgewechselt, so dass er es noch rechtzeitig zur Geburt seines ersten Kindes in den Kreißsaal schaffte. Als jungem Vater scheinen Cunha Ausschweifungen fremd zu sein. Exzentrisch ist er nur auf dem Rasen.

Während die Kollegen bei Marcelinho immer ein Auge zudrücken mussten, weil es anders mit dem mannschaftsinternen Frieden kaum funktioniert hätte, ist Cunha in hohem Maße sozialkompatibel. Im Training verbreitet er meistens gute Laune. Außerdem spricht er mehrere Sprachen, so dass er auch ein wichtiger Integrationsfaktor in Herthas vielsprachigem Kader ist. „Er ist als Ergänzungsspieler aus Leipzig gekommen und hat hier schon eine tragende Rolle“, sagt Trainer Bruno Labbadia.

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DAS SPIEL

Das liegt natürlich weniger an Cunhas Sprachkenntnissen als an seinen Fertigkeiten auf dem Feld. Ähnlich wie Max Kruse bei Union ist er, was seine Positionierung angeht, ein Hybridfußballer, Stürmer und Spielmacher in einem. In seiner Heimat wird Cunha vor allem als Mittelstürmer gesehen; bei Hertha hingegen kommt er meist eine Reihe dahinter zum Einsatz.

Wo genau, außen oder in der Zentrale, das ist Cunha weitgehend selbst überlassen. „Prinzipiell hat er sehr viele Freiheiten“, sagt Labbadia. Eine gewisse Lust an der Anarchie ist Cunha auf dem Feld durchaus anzumerken.

Der Brasilianer kann sich das erlauben. „Er hat vieles“, sagt sein Trainer. „Er ist jemand der eine gegnerische Mannschaft beschäftigen kann, der Bälle fordert und ein gutes Tempo hat.“ Und Tore schießt er auch noch.

DER EINFLUSS

Sechs sind es bereits in dieser Spielzeit. Dazu kommen zwei Vorlagen, was für ihn schon jetzt ein besserer Ertrag ist als in jeder anderen Saison bisher in Deutschland. Nimmt man auch noch die vorletzte Aktion hinzu, war Cunha an neun von fünfzehn Toren Herthas beteiligt. Macht exakt 60 Prozent. Allein diese Zahlen reichen, um seinen Wert und seinen Einfluss auf das Spiel Herthas zu belegen. „Er kann immer entscheidend sein für uns“, sagt Labbadia. „Das hat er schon in der ganzen Saison gezeigt.“

Das Statistikportal Whoscored weist Cunha anhand der verfügbaren Daten als mit Abstand besten Spielers Herthas aus. In drei der neun bisherigen Saisonspielen war er der „Man of the Match“. Und das, obwohl der Brasilianer erst 21 ist.

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Cunha weiß natürlich, wie gut er ist. Und das kann gelegentlich durchaus problematisch sein. Nicht nur einmal hat er mit abfälligen Gesten oder auffälligem Unmut auf vermeintliche Minderleistungen seiner Kollegen reagiert. Doch auch das gehört zu der Emotionalität, die Labbadia bei Cunha gut und wichtig findet.

Zumal der Offensivspieler offenbar weiß, wie weit er gehen kann. Obwohl er immer mal wieder Gelb sieht, war er noch nie ernsthaft von einem Platzverweis bedroht. Allerdings muss Cunha jetzt noch ein bisschen mehr aufpassen, nachdem er vorige Woche zum vierten Mal in dieser Saison verwarnt worden ist. Auch damit liegt er bei Hertha ganz vorne.

Ganz wichtig für den 1. FC Union: Max Kruse.

© imago images/Bernd König

MAX KRUSE

DER TYP

Im Sommer hatten selbst viele Fans des 1. FC Union Zweifel. Max Kruse? Wahnsinnsfußballer, aber ob das passt? Die Bedenken waren durchaus verständlich, schließlich kann man kaum gegensätzlicher sein als die öffentlichen Wahrnehmungen von Union und Kruse.

Der 32-Jährige hat in seiner Karriere schon mindestens so oft neben dem Platz Schlagzeilen geschrieben wie auf dem Rasen. Er zockt gerne, an der Spielkonsole, online, im Casino – oder wie kürzlich trotz Corona-Pandemie mit Fremden in einer Shisha-Bar. 2016 soll er nach einem Pokerturnier 75 000 Euro in einem Taxi vergessen haben, wenig später warf ihn Joachim Löw nach einer weiteren nächtlichen Eskapade aus der Nationalmannschaft.

Im Gegensatz zu den meisten seiner Profikollegen schert sich Kruse nicht sonderlich um die Erwartungen der Branche. Er ist extrovertiert, genießt sein Leben und zeigt das auch auf seinen Social-Media-Kanälen. Wenn ihn etwas stört, wie kürzlich ein Blitzer, sagt er das. Das ist vielleicht nicht immer clever, hebt ihn aber vom Großteil der glattgebügelten Profifußballer ab – oftmals unterhaltsam.

Kruse sprengt die Wagenburgmentalität

Bei Union sind sie seit jeher darauf bedacht, sportfremde Schlagzeilen zu vermeiden. Dabei wird oft von einer Wagenburgmentalität gesprochen. Dass Kruse diese Wagenburg immer wieder sprengt, damit können sie bei Union aktuell leben. Solange er seine Leistung und keine Unruhe in die Mannschaft bringt, sind sie im Verein willig, auch mal beide Augen zuzudrücken.

DAS SPIEL

Die Qualitäten des Fußballers Max Kruse sind ohnehin unbestritten. Obwohl er nie ein Nachwuchsleistungszentrum besucht hat und noch mit 18 in einem Hamburger Amateurverein kickte, hat er es zu einem überdurchschnittlichen Spieler mit mehr als 250 Bundesligaspielen und mehr als 150 Torbeteiligungen gebracht.

Auch auf dem Fußballplatz agiert er anders als viele seiner Kollegen. Eine genaue Positionsbeschreibung für ihn zu finden ist schwierig. Er ist kein echter Neuner, kein Flügelstürmer, aber auch kein Spielmacher. Er selbst bezeichnete sich mal als „schwimmende Neuneinhalb“.

Kruse ist weder besonders schnell, noch besonders kräftig oder dribbelstark. Er hat jedoch ein Gefühl für den Raum und die nötige Technik, um diesen optimal zu bespielen. Dazu kommt seine exzellente Schusstechnik sowie die Abgeklärtheit, die er regelmäßig vom Elfmeterpunkt zeigt.

DER EINFLUSS

Dass Max Kruse für das Spiel von Union unentbehrlich ist, lässt sich schnell erkennen. In der Scorerliste der Bundesliga liegt er mit sechs Toren und fünf Vorlagen auf Rang drei. Auch die Umstellung auf einen mehr auf Ballbesitz orientierten Fußball mit flachen Pässen in die Schnittstellen wäre den Berlinern ohne seine Qualitäten nicht so schnell gelungen.

Im Spiel oft nicht besonders auffällig

Über wesentliche Teile des Spiels ist Kruse bei Union allerdings gar nicht besonders auffällig. 35 Ballkontakte pro Einsatz sind deutlich weniger als in seiner letzten Saison bei Werder, wo er 65 Aktionen verzeichnete. Auch zwölf Torschüsse, darunter vier Elfmeter, in neun Spielen sind für einen Angreifer nicht viel.

Kruse verkörpert jedoch eines der Lieblingsworte seines Trainers Urs Fischer: Effizienz. Er verfügt über die Erfahrung, ganz genau zu wissen, wann und wie er seiner Mannschaft entscheidend helfen kann. Nachdem ihm zu Saisonbeginn aufgrund einer Verletzung in der Vorbereitung die Fitness fehlte, zeigt sich das vor allem seit Ende Oktober.

In den vergangenen fünf Spielen hat Union 14 Tore erzielt – an 13 davon war Kruse entscheidend beteiligt. Fünf erzielte er selbst, fünf bereitete er direkt vor, und bei drei weiteren spielte er den vorletzten Pass. Nur beim 5:0 gegen Bielefeld durch Cedric Teuchert war Kruse gänzlich unbeteiligt. Er war acht Minuten zuvor ausgewechselt worden.

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