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Lappland ist schon jetzt die schneereichste Region Europas.

© imago images/VWPics RF

Lappland bald letzter Ort zum Skifahren in Europa?: Wo man sogar Ostern noch Winterurlaub machen kann

In Deutschland gibt es Millionen Menschen, die gerne Winterurlaub machen – künftig wird das nur im hohen Norden möglich sein. Dort ist die Auswahl noch groß.

Knapp elf Millionen Skifahrer gibt es in Deutschland, hinzu kommen viele weitere Menschen, die Schnee als Lebenselixier betrachten, um dunkle Wintermonate mit Rodeln, Schneeballschlachten oder Iglubauen zu überstehen. Auch wenn die Gelegenheiten deutschlandweit überschaubar sind und langsam ohnehin der Frühling einkehrt, so gibt es anderswo immer noch Möglichkeiten, den Winter und seine Freuden zu genießen.

In den deutschen Alpen ist der Wintersport derzeit möglich, doch in 15 bis 20 Jahren wird auch das vorbei sein. Dann wird es in Europa keinen Schnee mehr unter einer Fallgrenze von circa 2000 Metern geben, wie unterschiedliche Meteorologen prophezeien. Den meisten Skigebieten droht dann das Aus. Eine Ausnahme bleiben allerdings die nordischen Länder Schweden, Norwegen und Finnland.

Schon jetzt sticht die lappländische Winterlandschaft durch ihre Einzigartigkeit hervor. Meterhohe Schneeschichten, wie mit Puderzucker bedeckte Tannen und darüber der endlos wirkende und oft sehr hellblaue Horizont machen den finnischen Norden sogar zu Ostern noch zu einem perfekten Wintersportgebiet. Auch Rentiere und Nordlichter lassen sich im nördlichsten Zipfel des Kontinents bestaunen. Viele Touristen sprechen deshalb gerne von „Winterwonderland“, wenn sie die finnische Nordspitze zum ersten Mal besuchen.

20 Skigebiete gibt es in Finnland

Doch wie lange kann Lappland als Zufluchtsort für schneehungrige Mitteleuropäer dienen? Und gibt es hier genug Platz, um viele deutsche und auch andere europäische Touristen unterzubringen? Die in naher Zukunft nicht nur den Wintersport vermissen werden, sondern vermutlich auch vor heißen Sommern in den Norden fliehen möchten.

Skiwandern quer durch die lappländische Wildnis ist im hohen Norden ein neuer Trendsport.
Skiwandern quer durch die lappländische Wildnis ist im hohen Norden ein neuer Trendsport.

© Tanja Hutoonen

Auch Finnland ist wie alle Länder vom Klimawandel betroffen. Doch Probleme „mit Trockenheit, starken Stürmen oder Überschwemmungen“ gebe es in dem nördlichen Land zum Glück noch nicht, sagt Liisa Kokkarinen, die beim offiziellen Tourismusunternehmen Visit Finnland für Nachhaltigkeit zuständig ist. Auch Lappland werde laut Aussagen von Meteorologen über weitere Jahrzehnte schneesicher sein, auch wenn sich in den letzten Jahren die Schneefallgrenze innerhalb Finnlands um etwa 300 Kilometer gen Norden verschoben hat. Aus diesem Grund werde der Wintertourismus im hohen Norden seinen wichtigen Stellenwert behalten, glaubt Kokkarinen.

Beim Skiwandern wird im Gegensatz zum Skilanglauf keine Loipe benötigt, ein Vorteil bei so viel schneereicher finnischer Wildnis.
Beim Skiwandern wird im Gegensatz zum Skilanglauf keine Loipe benötigt, ein Vorteil bei so viel schneereicher finnischer Wildnis.

© Tanja Huutonen

20 Skigebiete gibt es in Finnland. Vier davon können mit den besseren Hängen der Alpenregion mithalten – abgesehen davon wird in Finnland weitestgehend auf künstliche Beschneiung verzichtet. Stattdessen wird Schnee mittels bestimmter Techniken über die Sommermonate aufgehoben. Noch besser geeignet ist das Land allerdings für Skilanglauf oder Skiwanderungen durch die mal baumreiche, mal steppenartige lappländische Wildnis.

Wir können in den Wintermonaten nicht weiterwachsen, wenn wir unsere einzigartige Natur und Artenvielfalt erhalten wollen.

 Liisa Kokkarinen, Visit Finnland

Doch die beliebten Skiorte sind auch ohne die Deutschen in den Wintermonaten schon gut besucht – von französischen und britischen Urlaubern. Europäer kompensieren (mit den Einheimischen) schon jetzt komplett den Wegfall der chinesischen und japanischen Touristen, die bis zur Covid-Pandemie über Jahrzehnte zu den wichtigsten Besuchern zählten, da sie auf ihren Weltreisen gerne einen Arktis-Zwischenstopp einlegten.

Weil diese wichtige Zielgruppe immer noch in großen Teilen wegbleibt, sagt Liisa Kokkarinen: „Wir wollen zwar, dass uns noch mehr Europäer besuchen, aber wir können in den Wintermonaten nicht weiterwachsen, wenn wir unsere einzigartige Natur und Artenvielfalt erhalten wollen.“ Die Kapazitätsgrenzen seien in jeder Hinsicht erreicht, insbesondere, was den Flugverkehr angehe. Drei bis vier Flüge gibt es pro Tag nach Ivalo, ähnlich viele zum etwas südlicher gelegenem Rovaniemi, das ebenfalls schneesicher ist.

Investoren würden gerne weiterwachsen

„Wir wollen nicht noch mehr Häuser bauen und schon gar keine großen Hoteltürme“, sagt Hanna Kouri, Marketingdirektorin der Tourismusorganisation Lapland North Destination. Auch weil rund 60 Prozent der nördlichen Region Naturschutzgebiete sind. Kouri befürchtet, dass der Winterurlaub – wenn er nachhaltig bleiben soll – teurer werden wird, auch wenn Abenteurer weiterhin die Möglichkeit haben werden, in den einfachen Hütten der Naturschutzgebiete (ohne fließend Wasser und Strom) kostenfrei zu übernachten.

Im Arctic Ressort Kakslauttanen übernachten Bewohner in eigenen Hütten.
Im Arctic Ressort Kakslauttanen übernachten Bewohner in eigenen Hütten.

© Tsp/Saara von Alten

Investoren wie Jussi Eiramo, der das Arctic Ressort Kakslauttanen betreibt, hätte allerdings sehr gerne mehr Flüge – weil das Ressort mit seinen 850 Betten in Holzhütten und Glasiglus mittlerweile mehr Übernachtungsmöglichkeiten bietet, als Touristen über Flugzeuge nach Ivalo anreisen können. Inzwischen profitiert man auch stark vom indischen und arabischen Markt, wo man auf den Nordlicht-Tourismus aufgesprungen ist. Das Ressort bei Kerkela beherbergt schon jetzt jährlich 60.000 Touristen aus rund 85 Nationen.

Mehr zu Klimawandel, Energie und Umwelt hören Sie im Tagesspiegel-Podcast „Gradmesser“. Alle Folgen finden Sie bei Spotify, Apple, Deezer und überall dort, wo es Podcasts gibt.

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Erschwerend ist allerdings, dass es in den hohen Norden keine Zugverbindung gibt – auch weil die Sámi-Bevölkerung sich dagegen ausgesprochen hat. Nicht nur aus diesem Grund hat der Investor jetzt ein neues Ressort an der Grenze zu Norwegen gebaut, das die Gäste über die Hurtigruten oder den Flughafen Kirkenes erreichen können.

Rentier-Schlittenfahrten sind eine weitere beliebte Touristentätigkeit.
Rentier-Schlittenfahrten sind eine weitere beliebte Touristentätigkeit.

© Tsp/Saara von Alten

Die nationale Strategie sei aber, das Marketing mehr auf den europäischen Markt auszuweiten, sagt Hanna Kouri. „Deutsche Urlauber sind bei uns auch aus Gründen der Nachhaltigkeit sehr willkommen“, sagt die Tourismusmanagerin. Denn sie blieben für gewöhnlich für längere Zeit, (auch weil sie Ski fahren können), haben eine kürzere Anreise – und somit eine bessere CO₂-Bilanz – als Touristen aus Asien. Wovon man wegkommen möchte, sei ein Massentourismus von Urlaubern, die ähnlich wie bei Kreuzfahrten über einzelne Orte herfallen, dann aber nach zwei Tagen wieder weiterfliegen.

Insgesamt gebe es zwei wichtige Ziele, um nachhaltiger zu werden. Zunächst sollen Touristen möglichst lange bleiben, daher bieten Investoren wie Jussi Eiramo möglichst viele Aktivitäten in ihren Ressorts an. Dazu zählen Eisfischen, Husky-Safaris oder Motorschlittentouren. Da viele asiatische Besucher oft nicht gut Ski fahren können und ihnen in der menschenleeren Umgebung schnell langweilig werde, sei es wichtig, ihnen viele Angebote für Freizeitspaß zu bereiten, heißt es unter den Kennern der Branche. In Museen und Kultur werde ebenso investiert.

Abgesehen davon wolle man den Tourismus besser über das Jahr verteilen. „Im Sommer und im Herbst kommen nicht einmal halb so viele Touristen wie im Winter. Das soll sich ändern“, sagt Liisa Kokkarinen. Der Sommer ist für Badeurlauber, zum Rudern oder Kanufahren schon aufgrund der vielen finnischen Gewässer attraktiv. Pilzesuchen, Beerensammeln, Fischen und Nordic Walking sollen allerdings noch stärker beworben werden – damit Reisende auch im September und Oktober in den Norden finden.

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