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Johannes Golla war gegen Schweden mit zwölf Treffern bester deutscher Torschütze.

© imago/Pressefoto Baumann / IMAGO/Hansjürgen Britsch

Niederlage im Länderspiel gegen Schweden: Deutsche Handballer zahlen Lehrgeld

Der Euro-Cup beginnt für die Handball-Nationalmannschaft mit einer Enttäuschung. Doch dafür gibt es Gründe. Eine Analyse.

Der lange Ball saß perfekt. Ohne große Probleme versenkte Jim Gottfridsson das Spielgerät von der eigenen Sechs-Meter-Linie aus im gegnerischen leeren Tor. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht konnte sich der Mittelmann der Schweden danach sogar entspannt das Trikot wieder zurechtzupfen, während die deutsche Handball-Nationalmannschaft auf der anderen Seite etwas in Schockstarre verfallen war. Die ersten fünf Minuten der zweiten Halbzeit reichten dem Europameister am Donnerstagabend in Mannheim aus, um den Vorsprung gegen die DHB-Auswahl von vier auf neun Tore zu erhöhen und damit vorzeitig die Weichen für die 33:37-Niederlage des Gastgebers zu stellen.

„Wir wussten, dass es schwer wird. Ich bin sehr unzufrieden mit den Phasen, wo wir extrem viele technische Fehler machen und zu überhastet spielen”, kritisierte Bundestrainer Alfred Gislason nach Abpfiff. Dabei hatte seine Sieben die Partie gut begonnen, besonders, da Kapitän Johannes Golla eine überragende Leistung zeigte. In den ersten 13 Minuten warf der Kreisspieler sieben Tore und war offensiv wie defensiv für eine frühe Drei-Tore-Führung mitverantwortlich. Doch während das schwedische Team immer besser in die Partie fand, verloren die Deutschen zunehmend den Faden. Die Angriffseffektivität ließ nach, die Fehlerzahl stieg. Problematisch war ebenso, dass neben dem Kreisspiel wenig Erfolgreiches durch den Rückraum produziert wurde und auch die Außen sich kaum einbringen konnten.

Uns wurden knallhart unsere Fehler aufgezeigt.

Kapitän Johannes Golla über das Spiel gegen die Schweden

Erst als sich Letzteres änderte, schaffte es die deutsche Mannschaft sich gut zehn Minuten vor Abpfiff wieder auf vier Tore heranzuarbeiten. Die anschließende Umstellung der Verteidigung auf eine 3:2:1-Deckung führte zudem zu mehreren Ballgewinnen, sodass kurzfristig noch einmal Hoffnung aufkam. Doch im Endspurt reihten sich verworfene Bälle an Passfehler und die Aufholjagd verpuffte. „Wir wollten lernen, aber wir mussten Lehrgeld bezahlen. Mit der Moral bin ich zufrieden, die Jungs haben gekämpft und am Ende konnten wir das Ergebnis noch verbessern. Aber wir hatten Phasen, wo wir den Kopf verlieren. Das tat weh”, sagte der Trainer, der die von ihm im Vorfeld geforderte Spielfreude und das schnelle Umschaltspiel nur selten zu sehen bekam.

Trotz der Auftaktniederlage im Euro-Cup, der für die bei der Euro 2024 gesetzten Teams Deutschland, Schweden, Spanien und Dänemark geschaffen wurde, um vor dem Turnier entsprechende Testspielmöglichkeiten zu gewährleisten, kann die DHB-Auswahl aus der Partie einiges mitnehmen. „Das bringt uns jetzt natürlich weiter. Uns wurden knallhart unsere Fehler aufgezeigt. Wir haben uns ein knappes halbes Jahr nicht gesehen und wissen jetzt, wo wir angreifen müssen”, erklärte Johannes Golla, der mit seiner Leistung eine der Säulen des Teams war. Der Kapitän erzielte insgesamt zwölf Tore und war zudem in der Defensive ein zuverlässiger Mittelblocker.

Am Samstag spielt Deutschland gegen Spanien

Augenscheinlich wurde allerdings, dass Gislason noch immer nach einer Lösung für Gollas Nebenmann in der Deckung sucht. Gegen Schweden machte dabei Julian Köster einen guten Eindruck, der allerdings im Angriff wenig Akzente setzen konnte. Das ging jedoch nicht nur dem jungen Gummersbacher so, sondern der gesamten Rückraumreihe. Umso wichtiger ist, dass die Mannschaft künftig noch mehr aufs Gegenstoßspiel setzt, um leichte Tore zu erzielen – dafür war zumindest die entsprechende Torhüterleistung gegeben.

Es sind also einige Stellschrauben, an denen der Bundestrainer mit seinem Team zu drehen hat, das in seiner jetzigen Zusammensetzung bereits ein Fingerzeig für die Weltmeisterschaft (11. bis 29. Januar in Polen und Schweden) ist. Wobei die kurzfristig ausgefallenen Jannik Kohlbacher, Fabian Wiede und auch Lukas Stutzke, der sich vor dem Spiel am Donnerstag am Oberschenkel verletzte, mitgedacht werden dürfen. Inwiefern bereits gegen den Vize-Europameister Spanien am Samstag (20.15 Uhr/Sportschau.de) in Jaén ein weiterer Schritt zu erwarten sein darf, ist ungewiss. Gislason hatte bereits angekündigt, dass es zwischen den beiden Partien kaum Trainingsmöglichkeiten geben werde.

Gegen die Iberer wird die Aufgabe sicher nicht leichter. Beim Team von Jordi Ribera darf sich die DHB-Auswahl auf ein forciertes Kreisläuferspiel einstellen und muss gleichermaßen die beiden Dujshebaev-Brüder im Rückraum im Auge behalten. Fehlen wird dann zusätzlich Paul Drux, der mit seiner Frau ein Kind erwartet. Simon Ernst stößt zum Kader dazu. Wie man das System erfolgreich knacken kann, haben die Dänen am Mittwoch bei ihrem deutlichen 39:31-Sieg über Spanien eindrucksvoll gezeigt. Allen voran, der in Berlin unter Vertrag stehende Mathias Gidsel, der einmal mehr den Unterschied ausmachte.

„In Spanien wird es nicht einfacher, da wollen wir unsere Linie besser halten und uns besser präsentieren”, sagte Gislason. Er wird die Spiele sicher noch einmal ganz genau analysieren, damit seine Jungs künftig mit einem breiten Lächeln im Gesicht das Geschehen gestalten können.

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