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Spezialistin am Abzug. Franziska Hildebrand könnte aufgrund ihrer Stärke beim Schießen in Sotschi für eine Überraschung gut sein. Foto: dpa

© dpa

Biathlon: Überraschend offensiv

Biathletin Franziska Hildebrand läuft beim Weltcup in Ruhpolding im Einzel auf Platz vier.

Ruhpolding - Die Sonne verschwand bereits hinter den Gipfeln der Chiemgauer Alpen, es wurde langsam ein bisschen eisig um sie herum, als Franziska Hildebrand nach ihrem vierten Platz im Einzel zu ihrem Interviewmarathon schritt. Es war genau das passende Ambiente für die Hallenserin, die zuvor auf der Strecke speziell die vereisten Abschnitte genossen hatte. „Über Nacht hat's geregnet, dadurch war es an einigen Stellen ein bisschen glatt. Bei solchen Bedingungen fühl' ich mich wohl. Denn wenn der Schnee tief und langsam ist – das ist nicht so mein Ding“, erzählte sie nach ihrem besten Einzelergebnis in diesem Winter.

Im Klassiker über 15 Kilometer war Hildebrand, die sich nur in der letzten Schießeinlage einen Fehler erlaubte, beim Sieg der Tschechin Gabriela Soukalova damit auch schneller als ihre Teamkolleginnen Laura Dahlmeier (14.), Franziska Preuß (16.) und Andrea Henkel (17.). Die drei haben mit ihren Platzierungen unter den Top 60 wie Hildebrand immerhin die Qualifikation für die Verfolgung am Sonntag geschafft. Dieses Minimalziel verfehlt haben mit den Plätzen 69 und 72 dagegen die zuletzt so überzeugende Evi Sachenbacher-Stehle – und Kathrin Lang, die ihre große Chance, sich noch für Olympia zu qualifizieren, verstreichen ließ.

Für die beiden Starterinnen des deutschen Skiverbandes ist der Weltcup im Freistaat damit vorzeitig beendet. Für Franziska Hildebrand aber scheint es vier Wochen vor Beginn der Olympischen Spielen erst richtig loszugehen. Am Mittwoch zeigte die 26-Jährige als Schlussläuferin der deutschen Staffel bereits eine ansprechende Leistung – und nun schreckten ihre Zuhörer angesichts des verbalen Offensivgeists der Schießspezialistin zwischenzeitlich regelrecht zusammen. Huch!, dachten sich alle, als ihnen der Hildebrandsche Satz zu Ohren kam: „Fast wäre das sogar mein allererster Platz auf dem Podest geworden. Und das auch noch in Ruhpolding – das wäre eine echte Sensation gewesen.“

Noch hat es keine einzige aus dem deutschen Team jenseits der Staffeln in diesem Winter unter die ersten Drei geschafft. Doch dass sie sich nun bis auf 14 Sekunden – oder bis auf einen Schießfehler, den sich die Tschechin Veronika Vitkova auf Rang drei nicht leistete – ans Podium herangearbeitet hat, ist für Hildebrand eine große Genugtuung. „Am Ende der letzten Saison war ich nicht mehr in der Mannschaft. Das war schon bitter, damit musste ich erst mal umgehen“, berichtete die Biathletin, die unter der Anleitung ihres Trainers Ricco Groß über den Sommer hinweg vor allem ihre Lauftechnik verbessert hat – und nun für ihren Aufwand belohnt wird.

Ihre gute Platzierung paarte sich dabei mit einem ausgesprochen seltenen Vergnügen: Normalerweise bilden die Resultate aus den Sprints die Grundlage für die daran gekoppelten Verfolgungsrennen. Nun aber wollten die Chefs des Weltverbandes den Klassiker im Biathlon-Programm offensichtlich in seiner Bedeutung aufwerten. In Ruhpolding speisen sich die Jagdrennen am Sonntag zur Abwechslung aus den Ergebnissen des Einzels – wobei die jeweiligen Zeitrückstände vom Freitag anders als beim Sprint, der eins zu eins übernommen wird, halbiert werden.

Fast elf Jahre waren vergangen, seit die Biathletinnen im Rahmen eines Weltcups zum letzten Mal den Zweier-Wettbewerb Einzel/Verfolgung vorgesetzt bekamen. Zugleich war der zweite Klassiker der Saison aber auch schon der letzte. Gabriela Soukalova, die Frau, die seit diesem Winter getrennt von den Frauen mit dem tschechischen Männerteam trainiert, hat beide gewonnen. „Bisher mochte ich das Einzel nicht“, gestand die 24-Jährige perfekt geschminkt nach ihrem Sieg nun. „Aber ab sofort ist das mein Lieblingsrennen.“

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