zum Hauptinhalt
Beim Weltcup in Winterberg können Pilotin Laura Nolte und Anschieberin Deborah Levi sich durchsetzen und den EM-Titel holen.

© imago images/Revierfoto

Bob-Duo Laura Nolte und Deborah Levi: Vertrauen ist ihr Erfolgsgeheimnis

Aktuell müssen die Bobfahrerinnen viel Zeit zu zweit verbringen. Das stört sie nicht, denn das dadurch entstandene Vertrauen kommt ihnen beim Sport zugute.

Es erfordert viel Vertrauen, mit 120 km/h eine steile Eisbahn herunterzurasen. Vor allem, wenn man dabei nichts sieht und sich darauf verlassen muss, dass die Pilotin den Schlitten sicher ins Ziel steuert. Für Deborah Levi ist das kein Problem, sie vertraut ihrer Pilotin Laura Nolte.

Wenn der Bob dann auf der Zielgeraden zum Erliegen kommt und auf der Anzeigetafel eine eins oder zwei steht, ist die Freude groß. Meistens springt Nolte auf, klatscht Levi ab und anschließend fallen beide sich in die Arme.

„Man sieht die Zeit ja immer erst, wenn man ins Ziel kommt“, sagt Nolte, „und in der Bahn weiß man nicht, ob es gereicht hat. Das ist ein mega cooles Gefühl, wenn dann da die eins steht.“ Levi ergeht es ähnlich: „Wenn man hinten sitzt und die Fahrt nur mit verschlossenen Augen mitbekommt, dann kann man es nicht ganz einschätzen.“

Erst vor wenigen Wochen stand auf der Anzeigetafel eine eins, da gewannen die beiden den EM-Titel im Zweierbob. Der Erfolg hat auch mit dem Vertrauen zu tun.

Die 22 Jahre alte Nolte fährt Bob seitdem sie sechszehn ist. Vorher machte sie Leichtathletik, bis die Bob-Teamweltmeisterin Anna Köhler sie auf einem Wettkampf fragte, ob sie nicht mal Bobsport ausprobieren wolle. Irgendwann habe sie sich dann überreden lassen, erzählt Nolte, und ein Probetraining bei Bundestrainer René Spies absolviert.

Der ehemalige Bobfahrer sagte ihr, dass sie „echt Talent“ habe. „Zwei Wochen später saß ich dann im Bob und noch im selben Jahr habe ich an der Juniorenolympiade teilgenommen“, erzählt Nolte.

„Adrenalinreich und aufregend“

Besonders gut gefällt ihr, wie abwechslungsreich der Sport sei: Jede Bahn habe ihre eigenen Tücken und müsse neu erarbeitet werden. Deshalb versucht Nolte vor jedem Start, die Bahn im Kopf zu visualisieren und sich auf jede Eigenheit zu konzentrieren. Den Start beschreibt sie als „adrenalinreich und aufregend“.

Die anschließende Fahrt im Bob erfordere hingegen maximale Konzentration und Ruhe. „Genau diese Kombination gefällt mir echt gut.“ Die 23 Jahre alte Levi, die erst vor zwei Jahren dazu kam, gefällt vor allem der Teamgeist: „Wenn man aus dem Einzelsport kommt, ist es etwas ganz anderes im Team Sport zu machen.“

Dass sie vorher auch als Leichtathletin aktiv war, kommt ihr als Anschieberin zugute, denn auch hier sind Schnelligkeit und Kraft gefragt.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Neben dem Bobsport sind beide Sportlerinnen an der Uni eingeschrieben: Nolte studiert Wirtschaftspsychologie und Levi Grundschullehramt. Sport und Studium miteinander zu vereinbaren sei allerdings kein Problem, meint Nolte: „Im Winter belegen wir einfach ein paar weniger Kurse und machen dafür im Sommer mehr.“
In diesem Jahr ist ohnehin so einiges anders, denn auch der Wintersport ist von den Hygienemaßnahmen betroffen. Alle Bobfahrer*innen sind in Gruppen eingeteilt, um die Kontakte zu weiteren Personen zu minimieren. An den Bahnen, beim Aufwärmen und beim Training gilt außerdem Maskenpflicht.

Dass sie dadurch weniger Kontakt zu den anderen Nationen haben, finden beide Sportlerinnen schade. „Wir sind eh nicht viele beim Bobsport, deshalb war das sonst immer wie eine kleine Familie“, erzählt Nolte. Trotzdem sind beide froh, überhaupt antreten zu dürfen.

Vertrauen spielt beim Sport eine wichtige Rolle

Dass sie jetzt viel Zeit zu zweit verbringen müssen, stört sie nicht – im Gegenteil. Auch außerhalb der Bobbahnen verbindet die beiden Sportlerinnen eine enge Freundschaft. „Debby und ich haben uns von Anfang an gut verstanden und passen als Team super zusammen“, erzählt Nolte. Neben dem Training verbringen die beiden viel Zeit zusammen und waren schon gemeinsam im Urlaub.

Das dadurch entstandene Vertrauen spielt beim Sport eine wichtige Rolle. „Debby muss mir vertrauen, dass ich vorne das Beste raushole“, erklärt Nolte. Für sie als Pilotin wiederum sei es extrem beruhigend, jemanden hinter sich zu haben, der sie nicht unter Druck setze. „Wir haben uns echt gesucht und gefunden.“ Besonders stolz sind sie auf ihren ersten gemeinsamen Weltcup-Sieg im vergangenen Jahr in La Plagne.

In diesem Jahr könnten sie das erste Mal gemeinsam an der Weltmeisterschaft, die coronabedingt in Altenberg stattfinden wird, teilnehmen. Voraussetzung dafür ist, dass sie sich am Wochenende bei der Juniorenmeisterschaft in St. Moritz qualifizieren.

Bei den Weltmeisterschaften und den Weltcups sind seit diesem Jahr auch Monobob-Rennen vorgesehen. Damit sollen die Medaillenchancen bei den Frauen erhöht werden. Bei Bobfahrerinnen wie Mariama Jamanka stieß die Entscheidung allerdings auf Kritik.

Weil Monobobs sehr viel langsamer und schwerer sind, sehen viele Sportlerinnen darin einen Rückschritt. Und noch etwas kommt dazu. „Für die Anschieberinnen ist es natürlich blöd, weil die nicht viel davon haben“, sagt Nolte.

Dadurch könnte der Teamaspekt verloren gehen. Nolte, die als Jugend-Olympiasiegerin 2016 als einzige im deutschen Team bereits Erfahrung mit der Disziplin hat, versucht es trotzdem sportlich zu sehen: „Je schneller man sich mit der neuen Disziplin auseinandersetzt, desto bessere Chancen hat man auf Olympia.“

Den anspruchsvollen Viererbob würden beide trotzdem gern mal ausprobieren. „Dass der internationale Verband das bei uns nie umgesetzt, sondern sagt, dass es für Frauen zu riskant und kostspielig wäre, finde ich schade“, sagt Nolte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false