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Für Unions Torwart Frederik Rönnow war es ein Abend zum Verzweifeln.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Wildes 3:3 in der Europa League: Union gegen Union, aber ganz Union-untypisch

Der 1. FC Union Berlin begeht im Hinspiel gegen Saint-Gilloise so viele Fehler wie lange nicht. Dank einer starken Reaktion sind die Chancen auf das Viertelfinale dennoch ordentlich.

Urs Fischer betont ebenso eindringlich wie oft, dass zu einem Fußballspiel immer auch ein Gegner gehört. Als der Trainer des 1. FC Union am Donnerstagabend aber gefragt wurde, warum seine Mannschaft gegen Royale Union Saint-Gilloise erneut so große Probleme gehabt hatte, ließ er die Qualitäten der Belgier nicht als Erklärungsansatz gelten. „Ich glaube nicht, dass wir uns mit dem Gegner schwergetan haben“, sagte der Schweizer. „Heute haben wir uns das Leben selbst schwergemacht.“

Das 3:3 im Achtelfinalhinspiel der Europa League war somit gleich doppelt ungewöhnlich für die Berliner. Einerseits, weil sie nach Wochen offensiver Harmlosigkeit drei Tore erzielten und durchaus noch Chancen für mehr hatten. Andererseits fielen aber auch die Gegentreffer vollkommen Union-untypisch. Dementsprechend ambivalent waren auch die Gefühle bei Trainern, Mannschaft und Fans. „Ich weiß noch gar nicht, wie ich das einordnen soll“, sagte Robin Knoche, der das zwischenzeitliche 2:2 im Nachschuss seines gehaltenen Handelfmeters erzielt hatte.

In der Gewichtung von Positiv und Negativ gab es bei den Berlinern aber durchaus Unterschiede. Christopher Trimmel, der den zweiten Gegentreffer mit einem haarsträubenden Pass in die Beine des Gegners im Spielaufbau eingeleitet hatte, wollte die schweren individuellen Fehler nicht überbewerten. In der Summe sei es zu viel gewesen, aber das passiere mal und „macht uns nicht verrückt“, sagte der Kapitän.

Bei zweieinhalb der drei Gegentore haben wir uns einfach dumm angestellt, so ehrlich müssen wir heute sein.

Robin Knoche über Unions Fehler in der Defensive

Auch Fischer wirkte in der Pressekonferenz äußerlich ruhig, doch dem 57-Jährigen war anzumerken, wie sehr ihn die Entstehung der Gegentreffer wurmte. „So darfst du eine Mannschaft nicht einladen“, ärgerte sich der Schweizer. „Gegen Köln wurde es noch nicht ausgenutzt, heute schon.“

Saint-Gilloises Matchplan ging dabei über weite Strecken exzellent auf. Die Gäste standen kompakt, überließen Unions Dreierkette den Spielaufbau und konterten nach Ballgewinnen blitzsauber. So fehlten den Belgiern, die in dieser Saison als einzige Mannschaft im Stadion An der Alten Försterei gewinnen konnten, nur wenige Minuten zum zweiten Auswärtssieg in Berlin.

Beim 0:1 stand Union eigentlich gut, allerdings begleiteten die Berliner erst Yorbe Vertessen und dann Victor Boniface nur, anstatt sie ernsthaft unter Druck zu setzen. Dass Kevin Behrens den Schuss aus mehr als 20 Metern unhaltbar abfälschte, war nur das Ende einer langen Fehlerkette. Das galt auch für das dritte Gegentor, als Union bei einem Konter eigentlich genug Spieler hinter dem Ball hatte, aber zu zögerlich in die Zweikämpfe ging und so immer einen Schritt zu spät kam.

Beim 1:2 war nach Trimmels Aussetzer nichts mehr zu retten. „Bei zweieinhalb der drei Gegentore haben wir uns einfach dumm angestellt, so ehrlich müssen wir heute sein“, sagte Knoche, für den zwischen den zwei Europapokalspielen am Sonntag (19.30 Uhr) beim VfL Wolfsburg noch die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte ansteht.

Die Basis von Unions Erfolgen ist die stabile Defensive und derart viele individuelle Fehler wie am Donnerstag hat sich die Mannschaft in den fast fünf Jahren unter Fischer nur ganz selten geleistet, zuletzt kurz vor der WM-Pause in Leverkusen (0:5) und Freiburg (1:4).

Dass die Stimmung dieses Mal deutlich besser ist, liegt vor allem an der starken Reaktion und den zahlreichen Chancen, die sich die Mannschaft herausspielte. „Wenn wir mit einer Niederlage ins Rückspiel hätten gehen müssen, wäre es eklig geworden“, sagte Sven Michel, der eine Minute vor Ende der regulären Spielzeit das wichtige 3:3 erzielte. „Jetzt ist alles offen.“

Am kommenden Donnerstag braucht Union wie am letzten Spieltag der Gruppenphase einen Auswärtssieg in Brüssel und die Berliner sind trotz des wilden Schlagabtauschs im Hinspiel zuversichtlich. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nicht wieder solche individuellen Fehler machen“, sagte Knoche. „Ob wir dann 90 Minuten brauchen, 120 oder das Elfmeterschießen, ist mir egal. Hauptsache, wir kommen weiter.“

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