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Blick über die Dächer der Stralsunder Altstadt.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Geerbte Stadt : Eine Reise durch das historische Stralsund

Ganz nah am Meer und randvoll mit Geschichte – Stralsund lässt sein hanseatisches und maritimes Erbe hochleben. Ein Segen für Ostseeurlauber, die mehr als nur den Strand suchen.

Er hat sie in den Händen gehabt, viele Türen der Stralsunder Altstadt. Wolf-Dieter Thormeier hat sie ausgebaut, in sein Atelier gebracht, die Spuren der Verwitterung sorgfältig entfernt, hat sie betastet, bewundert, gestreichelt und gestrichen. Dann hat er die fertigen Türen fotografiert, für sein wunderbares Buch „Stralsunder Türen“, und sie am originalen Ort wieder eingebaut, so ging das jahrelang.

Und als dann ein französischer Filmemacher zu Wolf-Dieter Thormeier kam und bat, ihn bei dieser Arbeit begleiten zu dürfen, da war kaum mehr eine unsanierte Tür in Stralsund zu finden. Alles war schon wieder schön! Stralsund, der Traum eines Restauratorenlebens.

Zwischen Farbtöpfen und Holzproben: Wolf-Dieter Thormeier in seinem Atelier.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Der 65-Jährige sitzt zwischen Farbtöpfen und Holzproben in seinem sonnigen Atelier in einer schmalen Straße der Altstadt und arbeitet an einer Skulptur aus einer Kirche im Umland. Er erzählt, ein blaues Piratentuch um den Kopf, von der Zeit nach der Wende: „Das war alles in einem desolaten Zustand.“ Schon als Kind hatte der gebürtige Stralsunder gesehen, wie die Gebäude verfielen, wie die Menschen in den engen alten Häusern in einfachsten Verhältnissen lebten und nur rauswollten, in die Platte.

Kunst, die man öffnen kann: Thormeier hat viele historische Stralsunder Türen gerettet.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Die DDR-Behörden planten, großflächig abzureißen. Doch so weit kam es zum Glück nicht. Für ihn, der von Berufs wegen Altes erhält und aufarbeitet, ist es beglückend zu sehen, was innerhalb von gut 30 Jahren aus seiner einst dem Untergang geweihten Stadt geworden ist.

Schon seit 2002 trägt Stralsund den Titel Weltkulturerbe, zusammen mit Wismar. In beiden Städten ist die mittelalterliche Straßenführung heute noch gut ablesbar, beide locken mit wunderschön restaurierten Altstädten, bunten Giebelhäusern, imposanten Backsteinkirchen und modernisiertem Hafengelände. Was unterscheidet die beiden Städte voneinander, Herr Thormeier?

„Stralsund ist, viel mehr als Wismar oder auch Lübeck und Rostock, die an Flussmündungen liegen, eine Stadt am Meer“, sagt Thormeier. „Hier spürt man die Nähe des Meers überall.“ Das Meer hat den Reichtum der Stadt in der Hansezeit ermöglicht, über das Meer transportierten die Stralsunder Kaufleute ihre Waren von Brügge bis ins Baltikum. Über das Meer kamen die Schweden und besetzten die Stadt, beherrschten sie fast 200 Jahre lang.

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Das Meer ist auch das Thema in den großen Museen der Stadt, dem Ozeaneum und dem Meeresmuseum, das in diesem Jahr modernisiert wiedereröffnet wird. Es lockt die Segler der City-Marina zur Mittwochsregatta und zu Segeltörns nach Rügen und bis nach Schweden.

Und wer seine Zehen ins Meerwasser stecken möchte, kann das im städtischen Strandbad tun, wo zehn Gehminuten von der Altstadt entfernt feinster Sandstrand wartet. Von der Spundwand hinterm Sand führen Treppen ins Wasser, und schon ist man drin im Strelasund, der Meerenge, die Stralsund von der Ferieninsel Rügen trennt.

Skyline außer Konkurrenz: Ozeaneum und restaurierte Speicher am Hafen.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Die Touristen, die im Sommer nach Rügen strömen, fahren an Stralsund oft rasch vorbei. Sie werfen nur von der Rügen-Brücke aus einen Blick auf die gewaltigen Speichergebäude, die sich am Hafen erheben, aufs weiß-strahlende Ozeaneum, das architektonisch die Segel bläht, auf die Marien-, die Sankt Jakobi- und die Sankt Nikolai Kirche. Wenn es regnet, kommen sie von ihren Stränden zum Shoppen in die Stadt.

Dieser Text stammt aus der neuen Ausgabe von „Tagesspiegel Unterwegs Ostsee“. Das Magazin kostet 10,80 Euro und ist versandkostenfrei bestellbar unter shop.tagesspiegel.de

© Tagesspiegel

Dann füllen sie die Ossenreyerstraße, die Fußgängern vorbehaltene Haupteinkaufsstraße, und legen gerne einen Stopp bei „Fischhandel Rasmus“ in der Heilgeiststraße ein, wo es die leckersten Fischbrötchen gibt.

Schließlich wurde der „Bismarckhering“ angeblich hier in Stralsund erfunden: Der Fischhändler Johann Wiechmann soll dem Reichskanzler 1871 ein Fässchen mit süß-sauer eingelegten Heringsfilets zugesandt haben, worauf Bismarck ihm die Erlaubnis erteilt habe, die Leckerei mit seinem Namen zu schmücken. „Das Geheimrezept haben wir im Tresor“, sagt Betriebsleiter Andreas Bendler in dem blau-weiß gefliesten Laden.

Leitet einen Fischhandel mit Tradition: Rasmus-Betriebsleiter Andreas Bendler.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Stralsund hat rund ums Jahr sehr viel zu bieten. Wer am Bahnhof ankommt, erkennt schon auf einem großen Wandbild in der Halle – auch hier hat Wolf-Dieter Thormeier Hand angelegt – die besondere Insellage der Altstadt, die ehemals als Festung ausgebaut war. Zur Landseite war sie vor Angreifern durch Teiche geschützt, die sie bis heute lieblich umgeben.

Hering süßsauer: Die Bismarckvariante wurde in Stralsund erfunden.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Man kann den Stadtkern also erst einmal mit Blick aufs Wasser umrunden und sich langsam an die Stadt herantasten – oder auch direkt, vorbei am Neuen Markt und der Marienkirche, auf der Ossenreyerstraße bis zum Alten Markt mit seinem Ensemble repräsentativer Bürgerhäuser vorstoßen.

Das Rathaus zieht alle Blicke auf sich

Hier parken schon lange keine Autos mehr, stattdessen lassen es sich die Erwachsenen in den Straßencafés gut gehen, während die Kleinen am im Boden eingelassenen Wasserspiel planschen: In regelmäßigen Abständen, wie bei Ebbe und Flut, steigt das Wasser und verschwindet wieder, bis – hui! – eine Fontäne hochspritzt.

Stralsund, deine Gassen: Blick aus der Becherstraße auf St. Jakobi im Hintergrund.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Das prächtige mittelalterliche Backstein-Rathaus zieht alle Blicke auf sich. Hoch ragen die spitzen Türme und Giebel der Schmuckfassade empor und künden von der Macht der Hanse und ihrer Händler. „Das Gebäude war ursprünglich ein Kophus, ein Kaufhaus“, sagt Gunnar Möller.

Der joviale 60-Jährige mit weißem Vollbart ist Stadtdenkmalpfleger und hat genau wie Thormeier den Wandel Stralsunds über die letzten Jahrzehnte begleitet. Er war auch in erster Reihe dabei, als das Rathaus samt seinem Keller ab 2001 zehn Jahre lang saniert und erforscht wurde.

Das Stralsunder Rathaus von 1300 ist ein Fanal hanseatischer Macht.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

„In dem riesigen Gewölbe unter dem Rathaus wurden ursprünglich die Tuche gelagert, die die Stralsunder Kaufleute in England oder Brügge erworben hatten“, sagt Möller. „Wenn der Winter vorbei war, transportierten sie die Ware weiter ins Baltikum und bis nach Nowgorod.“ Man müsse hier „eine andere Karte im Kopf haben“ als im Rest von Deutschland: In Stralsund richtet sich der Blick stets übers Meer, zu den Ostsee-Anrainern.

Schweden – das die Stadt von 1628 bis 1815 beherrschte – sei hier bis heute wichtiger als Hessen oder Bayern. Einkaufen kann man im Rathaus, an dem die Stralsunder seit Beginn der Hansezeit im 13. Jahrhundert bauten, übrigens immer noch: Im barocken Galerie-Durchgang präsentieren kleine Geschäfte Schmuck, Porzellan und Kunstgegenstände.

Denkmalpfleger Gunnar Möller begleitet seit über 30 Jahren den Wandel der Stadt.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Hier muss man eine andere Karte im Kopf haben als im Rest von Deutschland.

Gunnar Möller, Stadtdenkmalpfleger

Direkt angrenzend ans Rathaus und mit ihm durch den „Buttergang“ verbunden, erhebt sich die Sankt-Nikolai-Kirche, die älteste der drei großen Kirchen in der Altstadt, erstmals 1276 urkundlich erwähnt und für eine protestantische Kirche ungewöhnlich reich ausgestattet, mit barockem Altar, Engelsfiguren und bunt bemalten Pfeilern.

Bunt bemalt: Sankt Nikolai ist die älteste der Stadtkirchen.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Auch hier finden sich Spuren des weiträumigen Handels, der die Stadt am Sund reich machte: das „Gestühl der Rigafahrer“, vier hölzerne Relieftafeln, die den Alltag russischer Pelzhändler und Waldbienenzüchter und den Handel mit Holz, Fellen und Honig abbilden. Die Tafeln, von einem Stralsunder Künstler um 1420 geschnitzt und hinter Glas ausgestellt, sind eine nordeuropäische Rarität.

Sakraler Raum: Christusfigur aus Bronze in Sankt Nikolai.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Die mittelalterlichen Kaufleute waren es auch, die ab etwa 1298 aus Backsteinen die noch gewaltigere Marienkirche erbauen ließen. Zeitweilig war sie mit ihrem 151 Meter hohen Turm das höchste Gebäude der Welt, höher als die Pyramiden.

Grandioser Blick über die Altstadt

Seit einem Brand im 17. Jahrhundert ist der Turm zwar nur noch 104 Meter hoch, doch hat man – nach einem sportlichen Aufstieg über 350 Treppenstufen – von der Aussichtsplattform aus einen grandiosen Blick über die Altstadt, die sie umgebenden Teiche, die Rügenbrücke, das Meer.

350 Stufen, die sich lohnen: Weitblick vom Turm der Marienkirche aus.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Im Katharinenkloster, einem ehemaligen Dominikanerkloster aus dem 13. Jahrhundert, wird noch gehämmert und gebohrt. Ende 2025 will das hier befindliche Stralsund Museum eine neue Dauerausstellung präsentieren, bereits im Sommer 2024 soll in den alten Gemäuern das Meeresmuseum, einst das beliebteste Museum der DDR, neu eröffnet werden.

„Viele erinnern sich heute noch an den großen blinkenden Globus, der die Besucher am Eingang empfing“, erzählt Almut Neumeister von der Stiftung Deutsches Meeresmuseum, die neben dem Museum im Kloster und dem Ozeaneum noch zwei weitere Standorte und umfangreiche Forschungen betreibt. Der Globus sollte wohl das Fernweh stillen, verstärkte es bei manchem aber noch.

In der Hallenkirche des Klosters konnten die Besuchenden auf einer freitragenden Stahlkonstruktion mit drei Etagen Meeresgetier in Schauaquarien und Exponate bewundern, die großenteils von der DDR-Fischerei- und Handelsflotte gesammelt worden waren.

Deren Bedeutung in der Welt sollte auf diese Weise hervorgehoben werden. „Die Stahlkonstruktion bleibt erhalten, wird aber modernisiert, wir bekommen neue Schauaquarien und ein Großaquarium mit einem Karibikriff“, kündigt Almut Neumeister an. Die bunten, südlichen Meere, die große weite Welt! Lange konnten die Besucher davon nur träumen.

Tiefblaue Einsicht: Im Ozeaneum erleben die Besucher die Unterwasserwelt der nördlichen Meere.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Was im eigenen Meer steckt, der kühlen grauen Ostsee, das erleben Stralsunder und Touristen seit 2008 im Ozeaneum. Wie ein Segelschiff mit geblähten Segeln erhebt sich das eindrucksvolle vom Stuttgarter Architekturbüro Behnisch, Behnisch & Partner entworfene Gebäude am Hafen.

Schweinswale in der Ostsee

In zwei Aquarien-Rundgängen zeigt es die Unterwasserwelt der nördlichen Meere. In der luftigen Architektur kommen originale Wal-Skelette und Nachbildungen von Walen, die von der Decke hängen, dramatisch zur Geltung – darunter ein riesiger Blauwal mit 26 Metern Länge.

Meditatives Treibenlassen: Quallen im Ozeaneum.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Solch große Säuger hat die Ostsee nicht zu bieten, wohl aber Schweinswale, die bis zu 1,80 Meter lang werden. Mit ihnen befasst sich Meeresbiologin Anja Gallus vom Deutschen Meeresmuseum.

Sie und ihre Kollegen erforschen unter anderem mit Drohnen, wie viele Schweinswale in der Ostsee leben und wie sie sich dort bewegen. Wenn irgendwo ein Schweinswal oder auch ein verirrter Pottwal aus der Nordsee strandet, wird Anja Gallus dorthin gerufen, um zu sehen, ob man das Tier retten kann.

Meeresbiologin Anja Gallus setzt sich für den Schutz der Schweinswale ein.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Lärm stresst die Meerestiere. Wir brauchen mehr Schutzgebiete und schonende Techniken in Schifffahrt und Fischerei.

Anja Gallus, Meeresbiologin

Dass die Ostsee durch Klimawandel, Erwärmung und menschliche Übernutzung als Lebensraum gefährdet ist, weiß sie nur zu gut. Die Tiere leiden etwa unter Lärm: „Schiffsschrauben sind laut. Aber auch wenn Windkraftanlagen in den Boden gerammt oder Altlasten gesprengt werden, stresst das die Schweinswale“, sagt sie und plädiert für Schutzgebiete und sanftere Methoden.

Humboldt-Pinguine beim Tauchen bewundern

Oben auf dem Dach des Ozeaneums bietet sich ein schöner Blick auf die Altstadt und das Hafengelände mit seinen Restaurants, Fischbrötchen-Ständen, Segelbooten und Besuchertrauben. In einer kleinen Anlage hüpfen und schwimmen das ganze Jahr über muntere Humboldt-Pinguine. Sie watscheln über eine nachgemachte Felsenlandschaft und lassen sich beim Tauchen durch eine Glasscheibe bewundern, als wüssten sie, dass sie hier die Publikumslieblinge sind. Einer von ihnen, Pinguindame Alexandra, hat eine berühmte Patin: Angela Merkel.

Die Pinguine auf dem Ozeaneum-Dach haben einen grandiosen Ausblick. Ob sie ihn auch schätzen?

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Stralsund war Merkels Wahlkreis, sie gewann bei allen acht Wahlen seit 1990 das Direktmandat. Bis heute ist im Gedächtnis der Stralsunder eingebrannt, dass sie einst mit dem französischen Präsidenten François Hollande in der legendären Hafenkneipe „Zur Fähre“ auftauchte und sich unters Kümmel-trinkende Volk mischte. Wirtin Hanni war gut mit ihr bekannt. Ihre Tochter Franzi führt inzwischen das Lokal im gelb gestrichenen Eckhaus mit seinem urigen Interieur.

Angeblich handelt es sich um die „älteste Kneipe Europas“, 1332 erstmals erwähnt als „Taberna opud passagium“. Fischer verkehren in der Hafenkneipe allerdings nicht mehr. Der Beruf stirbt aus. Welcher von ihnen hätte sich vor Jahrzehnten träumen lassen, dass seine Arbeitswerkzeuge einst nur noch als Schmuck dienen würden?

Im Gasthaus „Zur Fähre“ wird seit Jahrhunderten schon Bier gezapft.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Antje Hübner, Tochter des letzten Fischers in Stralsund, hat daraus eine Geschäftsidee gemacht. „Ich habe meinem Vater gesagt, dass es doch schade ist, wenn seine Materialien weggeworfen werden“, erzählt die studierte Juristin. In ihrem Laden „Froilein Hering“ verkauft sie Armbänder, Schlüsselanhänger und Dekogegenstände aus Fischereiseilen und -netzen.

Statt der Fischer bevölkern nun die Segler den Strelasund. Jeden Mittwoch von Frühjahr bis Herbst kommen sie an der City-Marina zur Mittwochsregatta zusammen und treffen sich auf ihren Schiffen, die spaßige Namen tragen wie „Lost Soxx“, „Aquaholic“ oder „Freimacher“. Auf der „BUGFix“ sitzt, klar, ein Software-Ingenieur, mit einem Bier in der Hand.

Für Tilo Maaß, Miriam Weber und Stephan Habrich gehört die Mittwochsregatta seit 20 Jahren zum Leben dazu. „Hier ist es lustig, nicht elitär, und es gibt immer Wind“, erzählen sie, bevor sie mit etwa 40 Mitstreitern lossegeln, einer nach dem anderen raus ins Offene, von Schaulustigen bewundert. Abends heben sie, während die Sonne hinter den Masten untergeht, vor der Hafengaststätte Zum Goldenen Anker ihr Frischgezapftes.

Abende am Meer – auf der Hafeninsel sitzen im Sommer die Einheimischen beisammen.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Apropros Bier, das ist in Stralsund seit mehr als 800 Jahren verankert, vor allem die windschiefen Gläser der Brauerei Störtebeker stehen heute auf vielen Restauranttischen. Die Stralsunder Kaufleute handelten immer schon auch mit Malz und Gewürzen. Im 700 Jahre alten Museumshaus in der Mönchstraße kann man das noch riechen.

Durch die fünf Etagen des ehemaligen Kontorhauses zieht sich ein original erhaltenes Lastenrad aus Holz, an dem die Ware hochbefördert wurde. Über Treppen und enge Stiegen gelangt man bis hoch in den Spitzboden, quetscht sich vorbei an Kontorraum, Schwarzküche, Lagerräumen. Nichts für Besucher mit Schwindel oder Trittunsicherheit – und doch haben auch hier fast bis zur Wende noch Menschen gelebt, mit Kohleheizung unterm Dach.

In der Mönchstraße 38 liegen seit 26 Generationen Waren im Schaufenster – heute sind es Bücher.

© Martin Pauer für den Tagesspiegel

Unten im Haus hat die mehrfach preisgekrönte Buchhandlung „Strandläufer“ ihren Sitz. Peter und Kathrin Hoffmann, beide auch als Autoren und Verleger tätig, pflegen hier ein Sortiment mit engem Bezug zu Stralsund, ausgestellt in alten Apothekerschränken: Regionalkrimis und Vorpommersche Kochbücher gehören dazu, aber auch neu aufgelegte Romane von Hedwig Courths-Mahler und Hans Fallada, die in der Stadt spielen. „Wir sind in diesem Haus die 26. Generation Krämer“, sagt Peter Hoffmann stolz.

Die Schichten der Geschichte: Im Museumshaus erkennt man sie auch an den Tapeten, die, eine unter der anderen, bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Wer hat sie so sorgfältig freigelegt? Wolf-Dieter Thormeier, der Retter der Türen. Stralsund, ein Restauratorentraum.

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