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Freiwasser-Schwimmer Kai-Jürgen Pönisch

© Joerg Brueggemann/OSTKREUZ für SOD

Trainingslehrgang der SOD-Schwimmer: Strahlende Gesichter nach dem letzten Feinschliff

In Kienbaum kamen alle Becken- und Freiwasserschwimmer vor den Weltspielen noch einmal zusammen. Es wurde hart trainiert – und auch der Spaß blieb nicht auf der Strecke.

„Einmal duschen gehen, dann locker einschwimmen – auf Bahn eins die schnellsten!“, schallt es durch die Schwimmhalle des Olympischen und Paralympischen Trainingszentrum Kienbaum. Anfang Mai trainieren hier die Schwimmer*innen von Special Olympics Deutschland (SOD).

Sie verschwinden, trudeln wieder ein und sortieren sich auf den Bahnen. Tauschen Umarmungen aus, helfen sich gegenseitig die Badekappen aufzusetzen. Schließlich springen die ersten ins Wasser. Vom Startblock, vom Beckenrand, andere gleiten sanft hinein. Die eben noch spiegelglatte Oberfläche schlägt kleine Wellen.

Es ist der letzte Trainingslehrgang für die deutsche Schwimmnationalmannschaft vor den Weltspielen in Berlin. Die Becken- und Freiwasserschwimmer*innen werden von Bundestrainerin Franziska Weidner angeleitet. Mit den unterstützenden Trainer*innen kommt das Team auf „ein Verhältnis zwischen Trainer*in und Athlet*in von nicht mal 1:3“, sagt Weidner.

Franziska Weidner ist seit November 2021 hauptberuflich SOD-Trainerin für Triathlon, Schwimmen und Radsport. Sie selbst kommt aus dem Profileistungssport, wollte es als Schwimmerin in der 4x100m-Staffel bis zu den Olympischen Spielen schaffen. Auf dem Weg dorthin kam sie in Berührung mit dem Inklusionssport. Und der ließ sie nicht mehr los.

Zwischendurch lachen sie, kabbeln sich

Den Startschuss dafür gab eine inklusive Staffel bei den Württembergischen Kurzbahnmeisterschaften, schon vor einigen Jahren. Sie hatte die Staffel mitorganisiert – und war begeistert. 2020 übernahm sie dann die Stelle als Inklusionsbeauftragte bei der BSG Neckarsulm und beschäftigte sich unter anderem mit dem Voranbringen der Unified-Teams, bevor sie diese nun eben auch als Vollzeitjob für die Weltspiele trainiert.  

Neben Freiwasserschwimmer Kai-Jürgen Pönisch (Foto oben) sind auch seine Teamkollegen Adrian Schlüter, 21, und Leo Heckel, 23, in Kienbaum dabei. Schlüter zupft noch einmal kurz an der Badekappe von Heckel, dann springen sie nacheinander ins Schwimmbecken. Die beiden reihen sich hintereinander ein und kraulen bis auf die andere Seite und wieder zurück. Zwischendurch stoppen sie kurz, lachen, kabbeln sich – und schwimmen weiter.

Das Unified-Team geht über 1500 Meter im Freiwasser bei den Weltspielen an den Start. Sie schwimmen dabei gleichzeitig nebeneinander her, bestreiten das gesamte Rennen zusammen und werden auch als Paar gewertet. Dafür trainieren die beiden Athleten drei Mal in der Woche miteinander. Jetzt, kurz vor dem Wettbewerb, liegt der Fokus vor allem darauf, dass sie die gleiche Geschwindigkeit zusammen halten. Und, dass sie Spaß haben.

Dafür ist es wichtig, dass sich das Duo gut miteinander versteht: „Wir laden uns auch gegenseitig zum Geburtstag ein“, sagt Schlüter. Er hat vor drei Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr im Schwimmverein gemacht und lernte so Heckel kennen – zwischen den beiden passte es einfach und sie wurden ein Unified-Team. Das Team freut sich auf die Special Olympics, ihr Ziel haben sie klar im Blick: „Die Goldmedaille!“

Spaß, Begeisterung und Freude an der Bewegung

Medaillen seien aber nicht das absolute Ziel, sagt Bundestrainerin Franziska Weidner. Hier gehe es vor allem um die Freude am Dabeisein und ganz viel Begeisterung: „Wir können erwarten, dass alle ihr Bestes geben werden – und ein paar Bestzeiten wären natürlich schön.“ Das ist tatsächlich ein großer Unterschied zum Leistungssport außerhalb der inklusiven Szene. „Hier sind alle mit Spaß und Begeisterung dabei, das ist sonst keine Regel“, sagt Weidner. Und dennoch trainieren hier alle hart.

Doch die Möglichkeiten sind begrenzt: „Die Athlet*innen können nicht einfach in die Vereine gehen, es ist schwierig an Wasserzeiten und in die Strukturen zu kommen“, so Weidner. Da sei noch viel Luft nach oben – auch wenn es auf jeden Fall vorangehe. Besonders fitte Athlet*innen hätten mittlerweile gute Möglichkeiten zu trainieren. In Einrichtungen, wo der Sport großgeschrieben wird, sei es machbar, sich gut vorzubereiten. Dass sich die Schwimmer*innen aber zusammen in Kienbaum treffen und gezielt am letzten Feinschliff arbeiten, ist eine Besonderheit vor den Weltspielen.

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Schwimmer*innen umfasst das deutsche Team für Berlin. Vier von ihnen starten im Freiwasser.

Die Motivation der Sportler*innen ist in der Schwimmhalle überall zu spüren. Auf der einen Bahn reiht sich ein Teil der Gruppe ein und übt Startsprünge. Immer und immer wieder. Zwei Trainer*innen beobachten sie kritisch, geben Feedback – und loben. Auf einer weiteren Bahn schwimmen andere schnelle Intervalle. Die Sonnenstrahlen spiegeln sich im Wasser, in der Luft liegt der Geruch von Chlor. Franziska Weidner läuft hin und her und macht ganz viele Fotos, „als Erinnerung für uns alle“.

Dann wird sie plötzlich zu den anderen gerufen, die mittlerweile in einem großen Kreis am Beckenrand stehen. Alle wirken etwas müde, das Training ist fast zu Ende. „Zum Abschluss schwimmen wir jetzt nochmal ein oder zwei Staffeln!“, lautet die Anweisung – Franziska Weidner und andere Trainer*innen müssen mitmachen. Die Athlet*innen teilen sich bunt gemischt zwei Staffeln zu und die Erschöpfung scheint mit einem Mal verflogen zu sein, als die ersten auf das Startsignal hin ins Wasser springen und einen letzten Sprint hinlegen.

In der Halle ist es jetzt laut: Alle applaudieren, feuern an. „Los, los, los“ und „weiter, komm weiter!“, rufen die Sportler*innen durcheinander. Nach ein paar sehr schnellen Runden ist das Training für den Vormittag nun wirklich geschafft – und die Trainer*innen schauen in strahlende Gesichter. „Ihr habt gut gearbeitet in den letzten Monaten“, lobt eine Trainerin: „Das, was ich gesehen habe, war richtig toll.“

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