zum Hauptinhalt
Polnische Experten weisen ukrainische Soldaten in die Bedienung eines Leopard 2 ein.

© REUTERS/Kacper Pempel

Was der Westen für die Ukraine machen muss: Zuerst kommt die Kärrnerarbeit

Garantien des Westens für die Ukraine sind auf dem Weg zu einem möglichen Frieden zentral. Doch zuvor müssen zugesagte Waffen auch einsatzbereit sein.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Es sind entscheidende Tage für die Ukraine. Zu den Sicherheitsgarantien, die das von Russland überfallene Land in Zukunft bräuchte, will der Kanzler auch zum Abschluss seiner Indienreise nichts sagen. Er lässt Berichte dementieren, wonach es in der Sache neue Überlegungen gäbe.

Klar aber ist, dass funktionierende Garantien auf dem Weg zu einem möglichen Frieden zentral sind und auch Teil des Gesprächs sein dürften, wenn Olaf Scholz Ende dieser Woche im Oval Office von Joe Biden zu Gast ist.

Ohne diese Garantien kann der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj keine Friedensverhandlungen abschließen, vielleicht nicht einmal beginnen. Denn alles, was Kiew nach der Unabhängigkeit mit Moskau vereinbart hat, war nicht das Papier wert, auf dem es stand – insbesondere das Budapester Memorandum, in dem die ukrainische Unversehrtheit festgehalten wurde, als das junge Land sein Atomwaffenarsenal aus Sowjetzeiten abgab.

Biden, Scholz & Co. müssen also etwas in der Schublade haben für den Zeitpunkt, an dem über eine Waffenruhe nachgedacht werden kann. Das Maximum wäre ein Nato-Beitritt, das Minimum eine massive Aufrüstung des Landes – beides, um Wladimir Putins Russland von der Aussichtslosigkeit eines weiteren Überfalls zu überzeugen. Die Diskussion jetzt öffentlich zu führen, wäre kontraproduktiv. Selenskyj würde im Zweifel mehr fordern, Putin von Nato-Überlegungen dieser Art möglicherweise noch weniger gesprächsbereit sein als ohnehin schon.

Eine etwas kurzfristigere Perspektive muss für den Kanzler in seinen Gesprächen der nächsten Tage jedoch im Zentrum stehen. Was ist zu tun, damit die Ukraine die nächsten Wochen und Monate übersteht? Noch hat sich das Blatt nicht zugunsten Russlands gewendet, die Befreiung weiterer ukrainischer Gebiete oder gar der Krim ist dennoch schwieriger geworden, da Putin ungeachtet der hohen Verluste immer neue Wellen von Rekruten an die Front schickt.

Priorität hat jetzt nicht eine wilde Debatte darüber, ob es zusätzlich Kampfjets braucht. Vielmehr müssen Scholz, sein Verteidigungsminister Boris Pistorius und ihre internationalen Verbündeten das schon Zugesagte auch zum konkret Einsetzbaren machen. Noch sind weder Leopard-Kampfpanzer noch Marder-Schützenpanzer vor Ort, die Patriot-Abwehrraketen ebenso wenig.

Gleichzeitig gehen Munitionsvorräte oder Ersatzteile für die Vor-Ort-Reparatur zur Neige, manches schwere Gerät muss gründlicher instandgesetzt werden – noch aber sind auch die Reparaturzentren kurz hinter der ukrainischen Grenze nicht voll einsatzbereit. Diese logistische Kärrnerarbeit darf nicht vernachlässigt werden – sonst sind weitergehende Zukunftspläne für die Ukraine schnell Makulatur.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false