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Bosch setzt beim Aufbau des Standortes auch auf Fördermittel der EU.

© dpa

Bosch investiert in Dresden: Drei Milliarden Euro für die Chip-Fertigung in Deutschland

Der weltweit einzige Autozulieferer mit eigener Halbleiterfabrik baut das Geschäft mit den Bauteilen massiv aus. Dresden wird zum Zentrum der Technologie.

Bosch investiert weitere drei Milliarden Euro in seine Halbleitersparte. Das kündigte Bosch-Chef Stefan Hartung am Mittwoch in Dresden an. Der weltgrößte Autozulieferer setzt beim Ausbau der Standorte Dresden und Reutlingen erneut auch auf Fördermittel im Rahmen des europäischen IPCEI-Programms. Zur genauen Höhe machte Hartung keine Angaben. „Für uns steckt in den kleinsten Bauteilen großes Geschäft“, sagte er beim Bosch Tech-Day.

Vor gut einem Jahr hatte Bosch seine Halbleiterfabrik in Dresden auf dem Höhepunkt der Chipkrise eröffnet, damals mit großem politischen Bahnhof in (digitaler) Anwesenheit von Angela Merkel und EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Das Werk in der sächsischen Landeshauptstadt ist nach eigenen Angaben die modernste Chipfabrik Europas, vollständig digitalisiert und vernetzt. „Kaum zu glauben, aber wahr: Diese neue Chipfabrik ist die erste in 300-Millimeter-Technik, die seit 1999 in Europa gebaut worden ist“, sagte Hartung.

Für die Politik ist das Bosch-Chipwerk ein Leuchtturmprojekt. Europa soll als Fertigungsstandort für Halbleiter wettbewerbsfähig werden und der Übermacht asiatischer Produzenten etwas entgegensetzen. Der europäische Anteil an der weltweiten Halbleiter-Produktion soll bis Ende der Dekade von zehn auf 20 Prozent verdoppelt werden.

Halbleiter für die Industrie

„Die politische Weichenstellung ist wichtig, aber nicht alles. Sie sollte auch gesellschaftlich getragen werden“, sagte Hartung. Europa werde nicht autark von den Lieferungen anderer Weltregionen, das sei auch nicht das Ziel. „Aber dieser Kontinent kann und muss eigene Stärken einbringen.“

Wichtig sei dabei, dass auch der Bedarf der europäischen Industrie berücksichtigt werde, also nicht nur die kleinsten Nanometer-Strukturen, die vor allem in der Unterhaltungselektronik und bei Smartphones zum Einsatz kommen. „In der Elektronik für die Elektromobilität etwa kommt es auf Strukturbreiten von 40 bis 200 Nanometern an“, erklärte Hartung.

Bosch hat bislang eine Milliarde Euro in die Halbleiterfertigung investiert und rund 200 Millionen öffentliche Förderung erhalten – die bislang größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte. Langfristig sollen am Standort im Silicon Saxony 700 Arbeitsplätze entstehen, bis Ende 2022 sollen 400 Beschäftigte eingestellt werden.

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Die Anlage, die trotz Corona ein halbes Jahr früher als geplant an den Start ging, verfügt derzeit über 10.000 Quadratmeter Reinraumfläche. Für 250 Millionen Euro soll sie im kommenden Jahr um 3000 Quadratmeter erweitert werden. Auch ein neues Entwicklungszentrum ist geplant, 100 weitere Arbeitsplätze sollen dort entstehen. „Wir drücken aufs Tempo angesichts der Lieferengpässe in unseren Branchen“, sagte Bosch-Chef Hartung.

Datenvolumen für 400 Netflix-Filme in HD

Künstliche Intelligenz (KI) macht die Produktion in Dresden extrem effizient. So können laut Bosch riesige Datenmengen verarbeitet werden. Rund 150.000 Sensoren sind im neuen Werk verbaut. Laut Bosch erzeugen sie in jeder Sekunde ein Datenvolumen von 250 Megabyte – so viel wie die gleichzeitige Übertragung von 400 Netflix-Filmen in HD-Qualität.

Zunächst wurden in Dresden Chips für Elektrowerkzeuge produziert, inzwischen zu 99 Prozent Halbleiter für die Autoindustrie. Der Chipanteil im Auto wird sich nach Bosch-Schätzungen in dieser Dekade vervierfachen, von 200 auf 800 Euro. Den immer noch großen Bedarf an Microcontrollern in der Industrie bedient Bosch nicht, in Sachsen wird vor allem für den eigenen Bedarf gefertigt, zum Beispiel Spezialchips für das automatisierte Fahren. Hartung zufolge ist in einigen Bereichen der Chipindustrie eine Entspannung der Lieferengpässe in Sicht, in anderen Sektoren passten Angebot und Nachfrage immer noch nicht zusammen. Hier werde die Erholung erst 2023 einsetzen.

Neuland betreten die Bosch-Entwickler bei kleinsten mikroelektromechanischen Sensoren (MENS), die in Zukunft auch auf so genannten 300-Millimeter-Wafern gefertigt werden sollen. „Das gibt es in der Industrie bislang nicht“, sagte Bosch-Chef Hartung.

Im Fall solch technologischer Neuentwicklungen sei es auch durchaus gerechtfertigt, wenn das Unternehmen Steuergeld aus der Förderung einsetze. „Wir wollen einen Standard setzen, den der Rest der Welt nicht hat“, erklärte der Bosch-Chef. 78 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Forschung und Entwicklung beschäftigt, jede(r) zweite im Bereich Software.

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