zum Hauptinhalt
Die Chemie muss stimmen. Wer die Wohnung bekommt, entscheidet allein der Vermieter oder Makler. Interessenten, die freundlich und höflich auftreten, können Pluspunkte sammeln – auch, wenn sie zum ersten Termin nicht alle Unterlagen dabeihaben. Foto: dapd

© dapd

Immobilien: Bewerbung um ein neues Zuhause

Bei einer Wohnungsbesichtigung gelten ähnliche Maßstäbe wie im Vorstellungsgespräch.

Die Beschreibung liest sich so, als sei die Wohnung nur und ausschließlich für den Suchenden gemacht: Größe, Lage und Miete stimmen, und auch auf den Bildern macht die Immobilie einen guten Eindruck. Wenn sich der erste Eindruck bei der Besichtigung bestätigt, können die Umzugskisten auch schon gepackt werden. Das mag mancher denken, der auf Wohnungssuche ist.

Doch es ist allein der Vermieter oder Makler, der darüber entscheidet, welcher Bewerber die Wohnung bekommt. Es heißt also, den Vermieter von sich zu überzeugen. „Verlässliche Top-10-Regeln, mit denen die Vermietung sicher klappt, gibt es keine“, sagt Lutz Ackermann von der Wohnungsbaugesellschaft Degewo. Einige Dinge jedoch kann ein Interessent beachten, um seine Chancen auf den Zuschlag zu erhöhen.

Jede Bewerbung für eine Wohnung beginnt mit dem ersten Telefonat mit dem Vermieter. „Hier kann der Interessent freundlich nachfragen, ob die Wohnung noch frei ist und ob sich eine Besichtigung noch lohnt“, sagt Norbert Eisenschmid, Justiziar beim Deutschen Mieterbund. Wenn die Wohnung noch nicht vermietet ist und kein Bewerber kurz vor dem Zuschlag steht, kann der Interessent auch erfragen, welche Unterlagen der Vermieter vom Interessenten benötigt. Das sind für gewöhnlich Einkommensnachweise, eine Bürgschaftserklärung und die SchufaAuskunft. „Wenn möglich, sollten diese Unterlagen schnell besorgt werden, um sie zur Besichtigung mitbringen zu können“, sagt Eisenschmid. Dann heißt es, einen Besichtigungstermin zu vereinbaren.

Und hier wird es ernst. Wer ohne Ankündigung und Entschuldigung 15 Minuten zu spät eintrudelt und in der Wohnung dann an allem etwas auszusetzen hat, wird sehr wahrscheinlich nicht zu den Favoriten des Vermieters aufsteigen. „Bei einer Wohnungsbewerbung gelten ähnliche Maßstäbe wie bei einer Bewerbung für einen Job“, sagt Lutz Ackermann. In beiden Bewerbungssituationen würden demzufolge ganz normale Tugenden großgeschrieben wie Pünktlichkeit und ein höfliches Auftreten. Auch ein gepflegtes Äußeres gehört dazu. Und Eisenschmid hält fest: „Sympathie spielt eine große Rolle.“

Doch bei der Besichtigung will sich ja nicht nur der Vermieter ein Bild von seinem künftigen Mieter machen. In erster Linie geht es auch darum, dass der Interessent einen Eindruck bekommt, ob die Wohnung als zukünftiges Zuhause infrage kommt. Bewerber sollten bei der Besichtigung daher genau überprüfen, ob die Wohnung für die eigenen Bedürfnisse geeignet ist. Wie viele Personen sollen hier leben, würden die Möbel in die Zimmer passen, sagt einem der Fußbodenbelag zu? „Gut ist es, wenn sich die Bewerber vorab genau Gedanken gemacht haben, welche Ansprüche und Wünsche sie haben“, sagt Eisenschmid. Gern gesehen seien auch Fragen, zum Beispiel, ob ein bestimmter Bodenbelag geändert werden dürfte. „Wer Fragen stellt, beweist, dass er sich Gedanken gemacht hat und ehrlich interessiert ist“, sagt Ackermann.

Fällt die Antwort des Vermieters oder Maklers jedoch nicht so aus, wie der Bewerber es gern gehabt hätte, ist er gut beraten, sie cool hinzunehmen und „nicht gleich rumzumaulen“, rät Eisenschmid. Den Begriff „freundliches Pokerface“ bezeichnet er als die treffende Mimik für eine Wohnungsbesichtigung.

Einen dicken Pluspunkt kann der Bewerber sammeln, wenn er seine Unterlagen wie Einkommensnachweise und Schufa-Auskunft direkt zum Besichtigungstermin mitbringt. Keine Unterlagen vorliegen zu haben, ist zwar ein Nachteil gegenüber vorbereiteten Bewerbern, jedoch kein K.-o.-Kriterium. „Das kann durch besondere Nettigkeit ausgeglichen werden“, sagt Eisenschmid. „Der Interessent sollte versprechen, die Unterlagen schnellstmöglich nachzureichen.“

Auch wenn der Bewerber sich möglichst gut darstellen sollte, muss auch der Vermieter oder Makler sich an einige Regeln halten. Einen Nationalitätennachweis zum Beispiel darf er nicht verlangen, „das wäre Diskriminierung“, sagt Eisenschmid. Auch darf er den Bewerber nicht gnadenlos ausfragen. „Zu seinen Hobbys zum Beispiel muss man nichts sagen“, sagt Eisenschmid. Es sei denn, die Hobbys würden das Umfeld stark beeinflussen; Berufsmusiker müssen ihren Beruf sogar angeben, dazu gebe es eine klare Rechtsprechung.

Bevor man seine Unterschrift dann unter den Mietvertrag setzt, schläft man am besten noch eine Nacht über die gesehene Wohnung. „Möchte man die Wohnung gern haben, ruft man den Vermieter oder Makler am nächsten Tag an und fragt nach, wie es mit seiner Entscheidung aussieht“, sagt Eisenschmid. Bewerber können auch schon bei der Besichtigung erfragen, wann sie anrufen können. Eine gute Idee kann auch sein, dem Vermieter im Anschluss an die Besichtigung eine E-Mail zu schicken mit der Information, dass man sich sehr freuen würde, den Zuschlag zu bekommen.

Und Ackermann von der Degewo betont: „Eine Wohnungsbewerbung und -vermietung spielt sich immer auf einer menschlichen Ebene ab, das sollte nicht vergessen werden.“

Anja Brandt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false