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Wirtschaft: Konzerne buhlen um Fachkräfte

Dax-Firmen suchen Bewerber für 15 000 offene Stellen – Gleichzeitig jedoch Stellenabbau

Düsseldorf - Die großen deutschen Konzerne suchen händeringend nach Arbeitskräften. Nach einer Umfrage des Handelsblatts haben zurzeit 28 der 30 Konzerne im Deutschen Aktienindex (Dax) offene Stellen in Deutschland, die sie so schnell wie möglich besetzen wollen. Aktuell suchen die 30 Unternehmen mit ihren 1,5 Millionen Mitarbeitern in Deutschland rund 15 000 Angestellte.

Allein die Lufthansa will 3000 neue Mitarbeiter einstellen. Gefragt sind Flugbegleiter, Mitarbeiter im Service sowie Hochschulabsolventen und Auszubildende. „Pilotenschüler sind schwer zu finden. Hier wünschen wir uns mehr Bewerbungen“, sagt ein Lufthansa-Sprecher. Gegenüber dem bereits guten Vorjahr sucht die Lufthansa noch einmal 20 Prozent mehr Arbeitskräfte.

Der stärkste Wirtschaftsaufschwung in Deutschland seit 2001 erreicht den Arbeitsmarkt. Im vergangenen dritten Rekordgewinnjahr in Folge erreichten die Unternehmen eine solch hohe Effizienz und Nachsteuerrendite, dass jetzt höhere Umsätze mit neuen Stellen in fast allen Bereichen einhergehen. SAP sucht aktuell 300 Berater für seine Betriebssoftware.

Selbst die noch vor zwei Jahren wegen ihres massiven Stellenabbaus kritisierte Deutsche Bank sucht wieder Anlageberater und Vertriebskräfte. Dasselbe gilt auch für das zweitgrößte Institut, die Commerzbank. Noch viel stärker buhlen Industrie- und Energieunternehmen wie MAN, Continental, RWE und Eon um gute Kräfte. „Wir können zwar unsere offenen Stellen nach einer gewissen Zeit besetzen, aber in den Bereichen Elektronik und Fahrzeugtechnik wird es zunehmend schwieriger“, sagt eine BMW-Sprecherin.

Zwölf Industrie-Unternehmen im Dax suchen insgesamt 1000 Ingenieure. Die Konzerne spiegeln damit wider, was sich bereits seit Monaten quer durch alle Industrien und Firmengrößen zieht. Bundesweit fehlen nach Angaben des Fachverbandes VDI 22 000 Ingenieure.

Die Zahl der Gesamtbeschäftigten wird sich bei den 30 Dax-Konzernen trotz der aktuellen Einstellungswelle jedoch nicht erhöhen. Denn durch den massiven Umbau in vielen Firmen fallen zugleich unrentable Arbeitsplätze weg oder werden sogar ganze Bereiche eingestellt oder abgestoßen. „Die Unternehmen strukturieren sich immer schneller um, weil die Globalisierung sie dazu zwingt und die Nachfrage sich immer rasanter ändert. Wer sich dem nicht stellt, verliert“, sagt der Chefvolkswirt des DIHK, Axel Nitschke.

Der Trend ist im Dax fast überall zu beobachten. So trennen sich der Touristikkonzern Tui und der Autobauer Daimler-Chrysler von Verwaltungsangestellten. Gleichzeitig sucht Tui Mitarbeiter im Service und Daimler-Chrysler hoch qualifizierte Techniker. Selbst die Telekom, die innerhalb von drei Jahren 32 000 Stellen abbaut, hat derzeit 200 Angebote ausgeschrieben, etwa im Vertrieb, Service und in der Informationstechnologie. Allein in den T-Punkt-Läden will die Telekom im laufenden Jahr über 1000 neue Mitarbeiter einstellen.

Mehr als ein Dutzend der Dax-Konzerne wird so trotz der oft schwierigen Suche nach qualifizierten Kräften Ende 2007 weniger Menschen in Deutschland beschäftigen als derzeit. „Große Unternehmen haben oftmals einen riesigen Ressourcenüberhang“, sagt Wirtschaftsprofessor Alexander Bassen von der Universität Hamburg. Damit fangen die Dax-Konzerne den Mangel an hoch qualifizierten Kräften auf. (HB)

Ulf Sommer

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