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Kaum ein Wölkchen ist auf diesem Bild, aufgenommen 2018 von der Internationalen Raumstation, am Himmel über Nordafrika zu sehen.

© NASA / NASA

Aus der Luft gegriffen: Wasserstoff aus der Wüste

Um das begehrte Gas herzustellen, braucht es Wasser – in vielen Gegenden ist das aber knapp. Forscher haben nun ein Gerät entwickelt, das stattdessen Luftfeuchtigkeit verwendet.

Die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger gilt als entscheidend für die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Wasserstoff kann als Speicher für klimafreundlich erzeugte Energie dienen, die beispielsweise in Solarparks gewonnen wird. Dazu wird Elektrolyse betrieben, die Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufspaltet.

In vielen Regionen wird das aber schwierig werden, weil es zwar viel Sonnenschein gibt, aber wenig Wasser: von Nordafrika über die Arabische Halbinsel bis nach Indien und Australien. 

Ein internationales Forschungsteam hat ein Verfahren vorgestellt, das für die Elektrolyse keinen Wasseranschluss benötigt, sondern einfach Luftfeuchtigkeit nutzt. Selbst ausgesprochen trockene Luft mit nur vier Prozent relativer Feuchtigkeit enthalte noch genug Wasser für den Prozess, berichtet das Team um Gang Kevin Li von der Universität Melbourne.

Das Konzept ist elegant.

Roel van de Krol, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie

Ihr Prototyp habe an zwölf aufeinanderfolgenden Tagen störungsfrei hochreinen Wasserstoff erzeugt, schreiben sie im Fachmagazin „Nature Communications“. Er enthält eine schwammartige Struktur mit einem hygroskopischen, sprich: wasseranziehenden, Material – ähnlich Silicagel. An der Ober- und Unterseite befindet sich je eine Elektrode. Der entstehende Sauerstoff wird an die Luft abgegeben, der Wasserstoff aufgefangen und Menge und Reinheit werden analysiert.

93
Liter Wasserstoff lieferte der Prototyp pro Quadratmeter und Stunde.

Beim Praxistest habe ihr Gerät rechnerisch bis zu 93 Liter Wasserstoff pro Quadratmeter und Stunde geliefert, berichten die Forscher. Tatsächlich ist der Prototyp noch kleiner. Größere Module mit einem sowie zehn Quadratmetern sollen im nächsten Jahr gebaut werden.

Die wären sowohl für Solar- und Windparks, aber auch für kleine, dezentrale Anlagen, etwa für abgelegene Siedlungen sinnvoll. Zu welchen Kosten damit Wasserstoff produziert werden kann, lassen die Forscher jedoch offen. 

Klobig und teuer, aber kreativ

„Das Konzept, mit einem hygroskopischen Material die Luftfeuchtigkeit zu nutzen und so auch in trockenen Gebieten Wasserstoff zu erzeugen, ist elegant“, sagt Roel van de Krol, Experte für Solar Fuels am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, der an der Studie nicht beteiligt war. Er hat sich mit weiteren Kollegen das Verfahren näher angeschaut. Gemeinsam kommen sie zu dem Schluss: Das wird kaum zur Umsetzung kommen.

„Das Gerät ist kompliziert aufgebaut und es braucht eine dicke Schicht an Material, um Wasser aus der Luft zu holen“, erläutert er. Doch das gehe zu Lasten der Elektrolyse. Auch die Materialwahl erscheint ihm ungünstig. So haben Li und Kollegen für die Elektroden Platin verwendet. „Das würde man aus Kostengründen eher vermeiden.“

„Ich mag kreative Ideen wie diese“, sagt van de Krol, „weil sie zu neuen Ansätzen anregen.“ Im konkreten Fall glaubt er aber, es sei besser die einzelnen Verfahrensschritte zu trennen: Eine separate Anlage bauen, um Wasser aus der Luft zu gewinnen, und dieses dann in einen eigenständigen Elektrolyseur leiten. „Das könnte klappen.“

Das Potenzial einer Wasserstoffproduktion in trockenen Gegenden ist nicht zu unterschätzen. Rund ein Fünftel der Menschheit leben in trocken Gebieten, in denen es schnell zu „Wasserstress“ kommt beziehungsweise dieser die Gesellschaft bereits prägt. Würde „grüner Wasserstoff“ ohne die kostbare Ressource aus dem Untergrund auskommen – und das zu akzeptablen Kosten – wäre das ein wichtiger Schritt.

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