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Die Methode könnte auch bei der Bekämpfung von Krebszellen im Gehirn zum Einsatz kommen.

© dpa/Bernd Wüstneck

„Bahn frei“ für Wirkstoffe: Ultraschall könnte bei Therapien im Gehirn helfen

Eine Ultraschallbehandlung kann die Blut-Hirn-Schranke öffnen, sodass Wirkstoffe in Hirnregionen gelangen können. Fachleute bewerten das Potenzial bei Erkrankungen wie Parkinson noch kritisch.

Die Blut-Hirn-Schranke hält Krankheitserreger und schädliche Substanzen auf, die sonst über das Blut ins Gehirn gelangen könnten. Die natürliche zelluläre Schutzbarriere kann aber auch die Behandlung von Nervenzellen im Gehirn erschweren, wenn sie für die verwendeten Wirkstoffe undurchlässig ist.

Ein Forschungsteam stellt nun im Fachjournal „Science Advances“ eine Methode vor, mit der die Blut-Hirn-Schranke zeitweise geöffnet werden kann, sodass im Tierversuch ins Blut gegebene Wirkstoffe bis zur gewünschten Hirnregion gelangten. Die Wirkstoffe über das Blut zu verabreichen, sei eine weniger invasive, häufiger wiederholbare Möglichkeit zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen.

„Ich betrachte diese Arbeit als einen sehr wichtigen präklinischen Meilenstein, der den Grundstein für die künftige Nutzung dieser Technologie zur gezielten Öffnung der Blut-Hirn-Schranke und zur Gentherapie legt“, sagte Gaetano Gargiulo vom Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) dem Science Media Center Deutschland. Aber so weit seien diese noch nicht.

Es handelt sich um eine interessante Technik, deren Weiterentwicklung und Überlegenheit gegenüber etablierten Gentherapie-Verfahren abzuwarten bleibt.

Regine Heilbronn, Leiterin der Arbeitsgruppe Gentherapie an der Klinik für Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Für ihre Machbarkeitsstudie haben die Forschenden um Javier Blesa und José Obeso vom biomedizinischen Forschungszentrum der HM Hospitales in Spanien Javaneraffen behandelt. Die Tiere sind dem Menschen in ihrer Hirnstruktur und der Physiologie der Blut-Hirn-Schranke ähnlich. Sie öffneten die Blut-Hirn-Schranke mit schwachem, aber fokussiertem Ultraschall in Hirnregionen, die bei der Parkinson-Krankheit betroffen sind. Der Ultraschall lässt dort Mikrobläschen in den Gefäßen schwingen und lockert dadurch Zell-Verbindungen. Dann spritzten sie den Affen veränderte Viren ins Blut, die ein nachweisbares Versuchsprotein in die Gehirnzellen brachten.

Das Team wendete die Methode dann auch erfolgreich bei einer Patientengruppe mit der Parkinson-Krankheit an. Dabei wurde das Hirngewebe kaum geschädigt und die Überträger-Viren wurden gut vertragen.

Die Verabreichung solcher Vektoren an das Gehirn sei einer der wichtigsten Forschungsbereiche, um therapeutische Strategien für Krankheiten des zentralen Nervensystems zu entwickeln, die derzeit nicht behandelbar sind, sagt Gargiulo. Dazu gehören neben Parkinson und Alzheimer auch tödliche Hirntumore bei Erwachsenen und diffuse Mittelliniengliome und embryonale Hirntumore bei Kindern.

Den therapeutischen Nutzen bei der Parkinson-Krankheit hält Heinz Wiendl von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster jedoch für gering, da sie größere Hirnbereiche betrifft. „Viele neurologische Erkrankungen treten nicht nur in begrenzten Bereichen des Gehirns auf“, sagt Wiendl, was die Bedeutung der Studie für neue Therapien relativiere. Die Arbeit sei eher aufgrund ihrer technischen Herangehensweise bedeutsam.

„Es handelt sich bei der vorgestellten Methode um eine interessante Technik“, sagt auch Regine Heilbronn von der Berliner Charité. Ihre Weiterentwicklung und Überlegenheit gegenüber bereits etablierten Gentherapie-Verfahren blieben abzuwarten.

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